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„Vor 60 Jahren: Alles schon vergessen?“ Ein Geburtstag mit offenen Fragen

Lesung und Paneldiskussion mit Werner Sonne

Aus Anlass der Vorstellung des neuen Romans des Fernsehjournalisten Werner Sonne „Wenn ich Dich vergesse, Jerusalem“ fand am Mittwoch, dem 17. Dezember 2008, im Auditorium des Konrad-Adenauer-Konferenzzentrums in Jerusalem gemeinsam mit dem Goethe-Institut eine Paneldiskussion zum Thema „Vor 60 Jahren: Alles schon vergessen? – Ein Geburtstag mit offenen Fragen“ statt.

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Der im Gründungsjahr des Staates Israel spielende Roman von Werner Sonne schildert die Geschichte einer deutschen Holocaust-Überlebenden und einer jungen Araberin in den Wirren des Kampfes um die Umsetzung des Teilungsbeschlusses der Vereinten Nationen und erhielt großen Zuspruch durch das zahlreich zum Vortrag erschienene Publikum.

Nach Grußworten von Dr. Lars Hänsel und dem deutschen Botschafter, Dr.Dr. h.c. Harald Kindermann und Lesung einiger Auszüge seines Romans diskutierte Werner Sonne mit renommierten Experten über die Geburtsstunde des Staates Israel und seine Auswirkungen auf den Nahen Osten. Unter ihnen waren der Arzt und Journalist Dr. Gil Yaron, Ari Rath, ehemaliger Chefredakteur der Jerusalem Post, Hanna Siniora, ehemaliger Chefredakteur der East Jerusalem Post und Kodirektor des KAS-Partners IPCRI, sowie Richard Chaim Schneider, Leiter des ARD-Studios Tel Aviv, der die Diskussion moderierte.

Unter den fast 250 Gästen, die der Einladung gefolgt waren, befanden sich nicht nur Politiker und Journalisten sondern auch zahlreiche Jugendliche, Studenten sowie deutschstämmige Juden, die als Zeitzeugen die Gründung des Staates Israel miterlebt hatten und ein besonderes Interesse an der Romanvorstellung und an der Gesprächsrunde zeigten.

Während der informativen und anregenden Diskussion über die Frage, was sich in den letzten 60 Jahren verändert habe, stellte Gil Yaron fest, dass die heutige junge Generation völlig anders aufwächst als ihre Eltern oder Großeltern. Viele Erfolge der letzten 60 Jahre seien selbstverständlich geworden. Allerdings haben sich die politischen Bedingungen auch geändert: War täglicher Kontakt zwischen Juden und Arabern vor einigen Jahren noch Normalfall, so sind beide Seiten heute viel stärker separiert. Palästinenser kennen Israelis nur noch als Soldaten und andersherum Israelis Palästinenser nur noch als Humus-Verkäufer oder Straßenfeger an der Ecke. Zudem käme es immer öfter zu Umdeutungen bis hin zu Verdrehungen der geschichtlichen Tatsachen, um gewisse politische Entscheidungen zu rechtfertigen. Auf beiden Seiten, so Yaron, sei vergessen worden, dass ein Zusammenleben einmal möglich war.

Jedoch sei auch die typisch europäische Haltung, dass es möglich sein müsse, den Konflikt nach 60 Jahren nun endlich beizulegen, nicht der Realität entsprechend. Wie Henry Kissinger es einst formulierte: „Der Konflikt lässt sich nicht lösen, sondern nur verwalten“. Daher sieht auch Yaron keinen baldigen Frieden im Nahen Osten. Die gegenseitigen Feindbilder seien gegenwärtig einfach zu stark.

Hanna Siniora dagegen sieht in der Friedensinitiative der Arabischen Liga den ersten Schritt in Richtung Frieden und den Willen der arabischen Länder auf Israel zuzugehen. Jedoch müsse auch die Zivilgesellschaft mehr in solche Prozesse eingebunden werden, so Siniora, besonders auf palästinensischer Seite. Jedoch mangele es dort an politischer Führungsstärke, um die Bevölkerung zu mehr Engagement zu bewegen. Außerdem sei

die palästinensische Gesellschaft in sich sehr gespalten, was allerdings auch für die israelische Geslleschaft gelte. Es käme darauf an, dass jede Gesellschaft es schaffen muss, ihre jeweils radikalen Randgruppen unter Kontrolle zu halten.

Ari Rath, der die Gründungsjahre Israels miterlebte betonte, dass es nicht nur an den arabischen Ländern sei, Willen zur Zusammenarbeit zu zeigen, sondern auch an Israel. Mit einer Politik der Kompromisse könne man eine friedliche Lösung des Konflikts finden. In einer Anspielung auf eine Romanfigur, einen Arzt am Hadassa-Krankenhaus, sagte Rath: „Vielleicht sind wir für das Kurieren der Probleme hier bisher zum falschen Arzt gegangen.“

Ob die USA unter dem neu gewählten Präsidenten Barack Obama zu einem Ende des Konflikts beitragen können, sei dahingestellt, so Sonne, da man noch nicht genau wisse, wie der zukünftige Stab des Präsidenten aussehen wird. Obama dürfe als Hoffnungsträger nicht überbewertet werden, ebenso die Fähigkeiten der USA auf die Region Druck auszuüben, fügte Gil Yaron hinzu.

Es sei zudem kein Frieden im Nahen Osten möglich ohne eine Lösung der Probleme mit Iran, Afghanistan und dem Irak.

Die Veranstaltung wurde nicht zuletzt wegen der Auswahl der renommierten Redner zum Erfolg. Fast 250 Zeitzeugen, Studenten, Politiker, Wissenschaftler und Journalisten kamen zusammen, um sich über die Vergangenheit und Zukunft Israels und des Nahen Ostens auszutauschen. Und „der Nahe Osten hat eine Zukunft“, so der Moderator, Richard Chaim Schneider schmunzelnd, „wir wissen nur nicht, welche“. Eines sei allerdings sicher, so Schneider: „Die Region braucht eine Friedenslösung und nicht nur einen Friedensprozess“.

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