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Länderberichte

Der Papst "vom Ende der Welt"

von Dr. Kristin Wesemann, Susanne Käss, Lukas Lingenthal, Céline Graf, Dr. Manuel Paulus, Henning Suhr, Winfried Weck, Annette Schwarzbauer, Dr. Hubert Gehring, Reinhard Willig, Dr. Georg Eickhoff, Martin Friedek

Reaktionen aus Lateinamerika

Seit knapp einer Woche ist Franziskus als Nachfolger von Benedikt XI. nun im Amt. Die KAS-Auslandsmitarbeiter der Lateinamerika-Büros schildern, welche Hoffnungen und Wünsche aus ihren Ländern an den neuen Papst herangetragen werden.

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Der Papst begeistert die Menschen in Argentinien

Am Abend der Verkündung und noch Tage später feierten Menschen vor der Kathedrale – fast unmittelbar neben der Casa Rosada, dem argentinischen Präsidentenpalast. Sie feiern, dass es ein Argentinier ist, der sie nun führen soll. Und die Regierung? Sie zögerte, wog ab, handelte pflichtbewusst. Man hatte nicht vergessen, dass man den Erzbischof nicht mochte. Zu viele Reibungspunkte hatten die Kirchners und Bergoglio auseinander getrieben: der Wunsch nach mehr Dialog, die Aufarbeitung der Militärdiktatur, die Frage der gleichgeschlechtlichen Ehe und die Lösung der Armutsfrage.

Ein Keil in der kirchnerischen Fantasie

Und nun ist der einstige Widersacher auf einmal das mächtige Oberhaupt der katholischen Kirche. Cristina Fernández de Kirchner fürchtet die Einmischung in ihre Politik. Sie fürchtet um ihren Kirchnerismus. Sie fürchtet, nicht mehr die mächtigste argentinische Person zu sein. Was kann sie also tun? Der Papst ist bereits zu beliebt und das Amt zu mächtig, um direkte Angriffe zu starten. Es bleibt nur die Versöhnung. Also fliegt sie nach Rom, um mit dem einstigen Widersacher zu sprechen. Früher trennten sie lediglich 100 Meter. Mehr als ein Dutzend Mal versuchte der Erzbischof, eine Audienz bei der Präsidentin zu erhalten. Er wurde nicht vorgelassen. Doch früher war Bergoglio auch noch nicht Papst. Heute sind es mehr als 11.000 Kilometer und die Präsidentin kommt zu ihm. Der wohl treffendste und in Blogs am meisten zitierte Kommentar stammt von einem Journalisten der Zeitung La Nación, der sagt, Franziskus sei wie der ungeliebte Cousin einer Großfamilie, der plötzlich im Lotto gewinne.

Die meist eher regierungskritisch berichtende Traditionszeitung La Nación stellt sich in den jüngsten Artikeln auf die Seite des Papstes. Der Stolz auf die Wahl eines Argentiniers zum Oberhaupt der katholischen Kirche ist deutlich spürbar. Überschwängliche und starke Ausdrücke dominieren die Texte. Bereits in den Äußerungen zur Konklave („große Überraschung“) wird dies deutlich.

Gleichwohl überwiegen die Freude und der Stolz der Stadtbevölkerung von Buenos Aires. Generell freut man sich über die Beliebtheit des Papstes und das Interesse der internationalen Presse („mehr als 6000, aus 81 Ländern“). Im Vordergrund der Berichterstattung stehen zwei Aspekte. Zum einen werden die guten Seiten von Bergoglios Charakter betont und hervorgehoben. Er glänze durch Einfachheit („informelles Klima“), Bescheidenheit (er trug während der Messe „alte schwarze Schuhe“) und Humor („brachte selbst Journalisten zum Lächeln“). Ebenso findet sein Einsatz für die Armen in La Nación große Erwähnung. Zum anderen spielt das Verhältnis zur Politik des Landes eine starke Rolle. Die Wahl eines argentinischen Papstes sei für die Regierung ein „Keil in ihrer Fantasie“ sowie ein „Eimer kaltes Wasser“. Die Sorge für den Kirchnerimus bestehe darin, dass es nun einen mächtigeren Argentinier gäbe als die Präsidentin, weshalb der Franziskus von manchen Redakteuren auch als „Feind“ des Kirchnerismus bezeichnet wird. Die Präsidentin bemühe sich daher um eine Entspannung der Beziehung und besucht den Papst am 18. März 2013 vor seiner Amtseinführung, würde aber sensible Fragen bspw. nach mehr Dialog nicht zulassen.

Auch einer der Erzrivalen der Regierung Kirchner, der Medienkonzern Clarín, greift das Konfliktthema auf. Die Berichterstattung spottet offensichtlich über das Verhältnis der Staatspräsidentin zum ehemaligen Kardinal. Jetzt, da Bergoglio Papst sei, wirke der Versuch einer Entspannung wie die späte Einsicht. Angeführt wird ein Zitat eines Ministers unter Nestor Kirchner, der 2005 von Glück sprach, dass damals Bergoglio nicht gewählt wurde. Der neue Papst, „modern“ und „bescheiden“, sei nun die größte Gefahr für den bestehenden Kirchnerismus. Gleichwohl ist Clarín das einzige Medium, was offen nach dem Einfluss des Papstes auf die argentinische Politik fragt und sogar eine Umfrage veröffentlicht (52,4 % glauben, dass der Papst die Politik haben wird).

Kleinhalten des Papstes

Dieser Meinung versucht die Regierung bisher entgegen zu wirken. So war die Pagina 12, die regierungstreue Zeitung Argentiniens, sofort auf der Suche nach Einzelheiten aus der Vergangenheit Bergoglio. Andere Zeitungen sprachen zu diesem Zeitpunkt noch von Stolz und Glückwünschen. Pagina 12 war also auffällig schnell.

Nach dem rasch klar wurde, dass der Papst die Herzen auf seine Seite zieht, korrigierte die Regierung ihren Kurs. Ein Beispiel war das Glückwunschschreiben nach seiner Wahl. Spät, kalkuliert und kühl. Nun war Cristina Kirchner aber das erste Staatsoberhaupt, dem eine Privataudienz beim Papst gewährt wurde. Die Präsidentin ist also um Annäherung bemüht. Mit Geschenken und dem Ausdruck der Freude über den Begrüßungskuss wolle man die einstigen Reibungspunkte vergessen. Stimmen aus der Presse witzeln über den Kurswechsel der Regierung. Wenn man den Papst nicht klein halten könne, dann müsse man eben päpstlicher sein als der Papst.

Die kleineren nicht-spanischsprachigen Zeitungen aus Argentinien, der Buenos Aires Herald und das Argentinische Tageblatt, äußern sich mit einer deutlicheren Distanz. Dennoch weiß man um die Eigenheiten der Präsidentin. Der Buenos Aires Herald spricht in seiner Berichterstattung deutlich von dem Schwarz-Weiß-Denken Cristina Kirchners. Dementsprechend blühe der Konflikt zwischen den beiden Seiten auch durch die Papstwahl wieder auf. Das Argentinische Tageblatt berichtet ebenfalls neutral-informativ. Nur ein Kommentar lässt eine Positionierung vermuten. Dabei ist eine Positionierung auf Seiten des Papstes spürbar, da sich sein Verhalten gegenüber den Regierungen nie geändert habe und nur die Präsidentin diejenige sei, die keine Kritik dulde und die etwas in „den falschen Hals“ bekommen habe.

Große Euphorie cum grano salis in Bolivien

Das Medienecho auf die Papstwahl in Bolivien war sehr groß. Im ersten Moment überwogen vor allem die euphorischen Meldungen im Sinne "Wir sind Papst". Am Tag nach der Wahl brachten die großen Tageszeitungen (La Razon, Página 7) Extrabeilagen zur Papstwahl, in denen dann differenzierter und ausführlicher berichtet wurde. Insbesondere das bescheidene Wesen des neuen Papstes und sein Engagement gegen die Armut und Ungleichheit wurden hervorgehoben. Am Montag, den 18. März, wurde sehr positiv über sein erstes Angelusgebet berichtet, in dem der Papst sich für eine gerechtere Welt ausgesprochen habe. Staatspräsident Evo Morales, dessen Verhältnis zur katholischen Kirche sehr angespannt ist, hofft auf eine neue Ära im Verhältnis zum Vatikan und hebt das Engagement von Franziskus für die Armen hervor. Seiner Ansicht nach setzen er und der Papst sich für die gleiche Sache ein.

Allerdings wird auch über mögliche schwarze Flecken in der Biographie des neuen Papstes während der argentinischen Militärdiktatur berichtet. Zahlreiche Kolumnisten haben Aussagen von Bergoglio zur gleichgeschlechtlichen Ehe, Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare und vor allem zur Rolle der Frau aufgegriffen. Da die bolivianische Kultur jedoch noch sehr "machista" ist und z.B. in indigenen Gemeinden gleichgeschlechtliche Beziehungen völlig indiskutabel sind und auch die Frau keine Ämter wahrnehmen darf, ist nicht anzunehmen, dass diese Haltung in der breiten Bevölkerung auf Kritik stößt.

Weiterhin wird über die großen Herausforderungen berichtet, vor denen die katholische Kirche steht: Aufklärung der Missbrauchsskandale und die Notwendigkeit, näher am Menschen zu sein. Vor allem setzen die Bolivianer Hoffnungen in Franziskus, nahbarer als sein Vorgänger zu sein und somit die Menschen direkter ansprechen zu können. In Fragen der Sexualmoral werden aufgrund der konservativen Haltung des Papstes keine Reformen erwartet.

Hoffnung auf die Zuwendung zu den Armen in Brasilien

In Brasilien wurde die Wahl des argentinischen Kardinals Jorge Bergoglio zum Papst vornehmlich positiv aufgenommen. Die brasilianischen Kardinäle äußerten sich in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Rom erfreut darüber, dass zum ersten Mal ein Lateinamerikaner die katholische Kirche leiten wird. Auch lässt sich aus den Eindrücken, die die Medien einfangen, entnehmen, dass viele Brasilianer nun hoffen, dass sich die katholische Kirche unter Franziskus stärker den Problemen der Armen zuwende. Hier ist gerade in Brasilien ein Vakuum entstanden, das vermehrt von teils radikalen Pfingstkirchen ausgefüllt wird. Staatspräsidentin Dilma Rousseff hat angekündigt, zur offiziellen Amtseinführung des Papstes in den Vatikan zu reisen.

Enttäuschte „Fans“ in São Paolo

Aus São Paulo zeigte das Fernsehen allerdings auch enttäuschte „Fans“ des brasilianischen Kardinals Odilo Scherer, der von den brasilianischen Medien zuvor als der Topfavorit für die Papstwahl gehandelt wurde. Selbiger wandte sich in einem Fernsehinterview an seine Anhänger, dankte ihnen dafür, dass sie die Kirche mit Leben füllten, erinnerte zugleich aber daran, dass es bei einer Papstwahl nicht darauf ankomme, wer die lauteste Anhängerschaft habe, sondern dass Gott die Geschicke im Konklave lenke. Dennoch lässt es sich in Brasilien wohl kaum vermeiden, dass nun auch viele (Fußball-)Witze kursieren, die auf die Staatsangehörigkeit des neuen Pontifex anspielen. Ein Spruch, der derzeit in vielen sozialen Netzwerken kursiert, bringt das Verhältnis Brasiliens zu seinem südlichen Nachbarn (aus brasilianischer Sicht) sowie das brasilianische Selbstbewusstsein auf den Punkt und entspricht ganz dem landestypischen Humor: „O Papa é Argentino, mas Deus é Brasileiro“ (Der Papst ist Argentinier, aber Gott ist Brasilianer).

Chile: Ein guter Schüler und herzlicher Mensch

Der erste argentinische Papst! Der erste lateinamerikanische Papst! Anlässlich dieser Premiere veröffentlichten die beiden bedeutendsten Tageszeitungen Chiles, El Mercurio und La Tercera, sowie die Nachmittagszeitung La Segunda am Tag nach der Papstwahl Sonderausgaben.

In den Editorials des Mercurio und der Tercera wurde Überraschung, aber auch Freude über die Wahl von Jorge Mario Bergoglio ausgedrückt. Der Mercurio betonte dabei die „intuitive Nähe“, die das chilenische Volk gegenüber Papst Franziskus empfinde. Zum einen aufgrund der gemeinsamen Geschichte Chiles mit dem Nachbarland Argentinien. Ein argentinischer Papst, der die gleiche Sprache spricht und die Realitäten des Landes kenne, habe bei vielen Tausend Chilenen sogleich Empathie hervorgerufen. Zum anderen aber auch, weil Papst Franziskus einen Teil seiner Priesterausbildung in Chile erfahren hat. Entsprechend wurde das Jesuitenkolleg in Santiago, wo Jorge Mario Bergoglio Ende der 50er Jahre drei Jahre als Novize verbrachte, zum beliebten Motiv für Reportagen.

Fernando Montes, Rektor der Jesuitenuniversität Alberto Hurtado, teilte Wohnheim und Schulbank mit Bergoglio. Er beschreibt Franziskus als schlicht und nicht im Mittelpunkt stehend; intelligent, aber nicht so intellektuell wie sein Vorgänger. In Argentinien, wo sich die beiden als führende Jesuiten später wieder trafen, habe Bergoglio ihm einmal einen typischen argentinischen Asado zubereitet. Er, Montes, habe immer gesagt, Bergoglio sei ein Mann, der die Kirche wieder näher zu den Menschen bringen könne. Weitere damalige Mitschüler und Professoren sind voll des Lobes. Der Tenor: Ein guter Schüler und herzlicher Mensch mit einer besonderen Zuneigung zu Chile sei Bergoglio gewesen, unauffällig, aber dennoch herausstechend.

Der Kirche mehr Gehör in einer säkularisierten Gesellschaft verschaffen

Segunda wie Tercera sowie einige Geistliche Chiles stellten fest, dass es eine der größten Herausforderungen von Papst Franziskus sei, der Kirche in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft wieder mehr Gehör zu verschaffen. In Argentinien habe der neue Papst sich diesem Ziel bereits angenähert, indem er sich in der Öffentlichkeit zu Themen wie Armut oder gleichgeschlechtliche Ehe geäußert habe. Als weitere Herausforderungen wurden die Dogmen, die Reform der Kurie, die Vatikanbank und die Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle aufgeführt. Eugenio Valenzuela, das Oberhaupt des Jesuitenordens in Chile, erwartet, dass Papst Franziskus den interreligiösen Dialog fördern und sich für die Armen einsetzen werde.

Insgesamt wird ein sehr positives Bild des Papstes gezeichnet, jedoch beleuchteten auch Chiles Medien Bergoglios Rolle während der Diktatur teilweise kritisch.

Eine halbe Seite widmete der Mercurio der offiziellen Gratulation des chilenischen Präsidenten Sebastián Piñera. Dieser sagte: „Im Namen der Regierung und des Volkes von Chile möchte ich tiefste Freude und Stolz über die Berufung von Franziskus als Papst Nummer 266 der katholischen Kirche ausdrücken“. Die Berufung sei bedeutungsvoll in Zeiten, in denen die Kirche vor großen Herausforderungen stehe. Er freue sich sehr, dass der Papst jeden Winkel des Landes kenne, in dem er mehrere Jahre gelebt habe. Daran anknüpfend lud Piñera Papst Franziskus zum einem erneuten Besuch nach Chile ein. Der Mercurio meldete zudem, dass auch der Erzbischof von Santiago de Chile Ricardo Ezzati den chilenischen Kardinal Francisco Javier Errázuriz gebeten habe, den Papst einzuladen. Dies könnte im Zusammenhang mit dem Weltjugendtreffen im Juli 2013 in Brasilien geschehen.

Costa Rica hofft auf bessere Beziehungen zum Vatikan...

In Costa Rica rief die Ernennung des argentinischen Kardinals Jorge Mario Bergoglio zum neuen Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche Reaktionen von positiver Überraschung, Beifall und großer Freude hervor. Fernsehsender und Zeitungen berichteten ausführlich über den Ausgang der Papstwahl und den bisherigen Werdegang des neuen Pontifex.

Laura Chinchilla Miranda, Präsidentin der Republik Costa Rica, drückte Gefallen an der Wahl des ersten lateinamerikanischen Papstes aus und deutete an, dass sie an der Zeremonie zur Amtseinführung am 19. März teilnehmen werde. Die Wahl der Kardinalsversammlung in Rom symbolisiere eine große Anerkennung für den Katholizismus auf dem lateinamerikanischen Kontinent, vermerkte die Präsidentin. Etwa 42 Prozent der Bevölkerung Lateinamerikas gehören der katholischen Religion an. Chinchilla hofft, die Entwicklung in Zukunft nutzen zu können, um ein neues Konkordat zwischen der katholischen Kirche und dem Staat Costa Rica zu schließen.

In Costa Rica ist die römisch-katholische Konfession Staatsreligion. Seit längerem gibt es eine Debatte darüber, ob man stattdessen den Laizismus in der Verfassung verankern soll. Für die katholische Kirche selbst hätte es nicht unbedingt Nachteile, da sie somit in Costa Rica auch in politischen Fragen Position beziehen könnte. Durch den Status als Staatsreligion ist die katholische Kirche zur politisch en Neutralität angehalten. In der Vergangenheit hat dies zu Irritationen geführt, etwa bei den hitzigen Diskussionen um das Freihandelsabkommen zwischen Costa Rica und den Vereinigten Staaten, als einige Bischöfe öffentlich Position bezogen. Die Trennung von Staat und Kirche ist daher nicht notwendigerweise nachteilig, allerdings bestehen Bedenken, dass in Costa Rica der Laizismus zu einer Säkularisierung führen könnte.

In welche Richtung ein erneuertes Konkordat die Rolle der katholischen Kirche verändern könnte, ließ Chinchilla offen. Stattdessen lobte die gläubige Katholikin den neuen Papst und zeigte sich zuversichtlich. Man habe die Hoffnung, dass er ein außergewöhnlicher geistlicher Führer sei, der Frieden und Verständnis zwischen den Nationen fördere. In einer ersten Meldung per Twitter wünschte sie dem neuen Oberhaupt der Katholiken „Kraft und Weisheit für die Aufgaben seines Pontifikats“. Auch eine Vielzahl von Abgeordneten des costa-ricanischen Parlaments begrüßten in einem gemeinsamen Schreiben die Ernennung des argentinischen Kardinals zum neuen Papst und wünschten dem neuen Kirchenoberhaupt Erfolg für die vielfältigen zukünftigen Aufgaben.

... und auf eine „Wende für die Kirche“ in Lateinamerika

Der Erzbischof von San José Hugo Barrantes Ureña betonte, die Ernennung sei ein wichtiger Impuls für die Arbeit der Kirche in Lateinamerika. Seine Wahl sei eine große Überraschung. Papst Franziskus, der erste Jesuit in diesem Kirchenamt, zeichne sich durch eine starke soziale Berufung aus, durch eine Lehre von großer Demut und durch das Bestreben, die Missionierung des Kontinents durch die Kirche voranzutreiben.

Die Tatsache, dass der neue Papst aus Lateinamerika komme, stelle eine „Wende für die Kirche“ dar, fügte der Sprecher der Erzdiözese hinzu. Es handele sich um jemanden, der „sehr nah an unserer Wirklichkeit“ sei. „Dies spricht für die Universalität der Kirche, die keine Nationalität besitzt“, so der Kleriker.

Ecuador: ohne Leidenschaft und Kritik, mit Blick auf Worte und Taten

In Ecuador traf die Meldung von der Papstwahl des Erzbischofs von Buenos Aires die Medien so überraschend, dass die meisten Printmedien am Morgen nach der Wahl auf der Basis von Agenturmeldungen titelten, aber keine Hintergrundinformationen zu bieten hatten (bis auf die Tageszeitungen El Comerico und El Universo, die bereits unmittelbar nach der Wahl die ersten 3 bis 4 Seiten mit dem Ereignis füllten). Die Hintergrundberichterstattung auf der Basis anscheinend fieberhafter Recherche fand erst ab dem Tag 2 nach der Papstwahl statt. Die Boulevardpresse informierte abhängig von ihrer politischen Ausrichtung mehr oder weniger umfangreich, aber insgesamt relativ leidenschaftslos (ein vergleichbares Zitat zu „Wir sind Papst“ war nirgendwo zu lesen). Insgesamt war bis auf einen großen Artikel im El Comercio am Tag nach der Wahl eher selten vom lateinamerikanischen Kontext der Papstwahl die Rede. Vielmehr titelte die größte der seriösen Tageszeitungen Ecuadors, El Universo, am 14.3.: „FRANCISCO, EL PAPA ARGENTINO“ (ebenso der Telégrafo am 15.3.). Der lateinamerikanische Kontext folgte erst auf den Folgeseiten, stets verbunden mit anderen Eigenschaften wie „Jubel in Argentinien und Lateinamerika“ sowie „Der erste Papst aus Lateinamerika und von den Jesuiten“. Im Vordergrund des Interesses der vertieften Berichterstattung standen folgende Themen:

  • Frühere Besuche des neuen Papstes in fünf Städten Ecuadors;
  • Volksnähe des Erzbischofs von Buenos Aires (als großer Fan eines argentinischen Fußballclubs sowie als U-Bahn nutzender Erzbischof);
  • Rolle der Jesuiten bei der intellektuellen Entwicklung Südamerikas;
  • Hintergrundberichte zu den Machtverhältnissen im Vatikan, der Geschichte des Papsttums und der Jesuiten auf dem Papstthron.
Die unmittelbar einsetzende Kritik am neuen Papst hinsichtlich seiner Rolle während der argentinischen Diktatur wurde in Ecuador zu keinem Zeitpunkt thematisiert.

Die Berichterstattung über alle öffentlichen Auftritte von Papst Franziskus setzte sich über das Wochenende bis Montag, den 18. März, in den seriösen Printmedien ungehindert fort. Besondere Beachtung fanden in den regierungskritischen ecuadorianischen Medien die Aussagen des neuen Papstes zur weltweiten Bedeutung der Medienfreiheit.

Guatemala: Nachricht des Jahrhunderts

Am 14. März findet sich die Wahl von Papst Franziskus auf allen Titelseiten der Tageszeitungen in Guatemala. In den Artikeln wird natürlich auf die Herkunft des Papstes aus Lateinamerika hingewiesen. Die Herkunft des neuen Papstes, sein bescheidener Lebensstil und die Zugehörigkeit zum Jesuitenorden sind die Hauptaspekte der Berichterstattung.

Die Tageszeitung Prensa Libre erstellt eine Sonderbeilage. Im Editorial der Zeitung werden die Herkunft des Papstes aus Lateinamerika und sein Engagement für die Armen hervorgehoben. Herausforderungen für sein Amt seien die Bewältigung der Folgen der Vatileaks, die Neuordnung der Finanzen und die Aufarbeitung der Pädophilie-Vorwürfe gegen Priester der katholischen Kirche. Erzbischof Vian von Guatemala wird mit der Reaktion zitiert, dass die Papstwahl die „Nachricht des Jahrhunderts“ sei. Es finden sich ferner Informationen aus dem Privatleben des Papstes.

Honduras diskutiert über die Rolle seines Kardinals bei der Papstwahl

La Prensa schreibt am 14. März, dass der honduranische Kardinal Oscar Andrés Rodríguez Maradiaga, bei der letzten Papstwahl selbst möglicher Anwärter auf das Amt, laut Aussagen europäischer Medien ein “entscheidender Faktor” in der Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio gewesen sei. Der honduranische Kardinal habe sich gegen die Wahl des Brasilianers Kardinal Odilo Pedro Scherer ausgesprochen und maßgeblich zur Wahl des Argentiniers beigetragen.

Der Papst der Armen aus Lateinamerika

Die honduranische Zeitung La Tribuna veröffentlicht am 14. März eine 17-seitige Sonderausgabe zur Papstwahl, Titel: „Der Papst der Armen, 2000 Jahre später hat die Katholische Kirche einen Obersten Herrn aus Lateinamerika“. Die Zugehörigkeit des Papstes zum Jesuitenorden und sein einfacher Lebensstil spielen auch hier eine große Rolle. Eine Herausforderung für ihn sei die Reorganisation der Kurie. Auch die Zeitung La Prensa geht auf die großen Herausforderungen im Vatikan und in diesem Zusammenhang auf den Gesundheitszustand des Papstes ein, der nur noch über eine Lunge verfüge. Berichtet wird des Weiteren über die politischen und religiösen Gratulanten. Diese Nachrichten werden mit Fotos von Bundeskanzlerin Merkel und dem spanischen Königspaar begleitet.

In der Tageszeitung Heraldo erscheinen am 15. März mehrere Artikel über die Papstwahl, darunter auch kritische Fragen zur Rolle von Franziskus während der Militärdiktatur in Argentinien. Es wird ein Interview mit einem Jesuiten-Pater veröffentlicht, der während der Diktatur entführt wurde. Aspekte, die mehr in den Bereich Boulevardpresse fallen, werden ebenfalls dargestellt, so ein Interview mit einer Frau, die Papst Franziskus in seiner Jugend habe heiraten wollen, ferner die Information, dass der Papst Twitter nicht kenne.

Kolumbien zeigt sich überrascht

In der kolumbianischen Presse überwiegt die Überraschung, dass der neue Papst aus Lateinamerika stammt. Mit einer solchen Wahl im Konklave hat man offensichtlich nicht gerechnet. Man widmet sich vor allem dem Entscheidungsprozess, dem Leben des Papstes und der Bedeutung der getroffenen Wahl für Lateinamerika.

Da Lateinamerika einer der Kontinente ist, auf dem der katholische Glaube am stärksten ausgeprägt bzw. verbreitet ist, und bisher keinen bedeutenden Repräsentanten im Vatikan hatte, wurde die Nachricht umso euphorischer bewertet.

Die Reaktionen von Personen aus der Öffentlichkeit beschränkten sich hauptsächlich auf den kolumbianischen Präsidenten Santos und andere regionale Politiker wie Rafael Correa sowie geistliche Führer des Landes. Der Präsident wünschte dem neuen Papst alles Gute und kündigte an, dass eine kolumbianische Delegation entsandt werde, um den neuen Papst zu beglückwünschen. Nicht zuletzt wegen der bis dato schwierigen Beziehung zwischen den argentinischen Regierungen Kirchner und der katholischen Kirche in Argentinien wurde der Reaktion der argentinischen Präsidentin besondere Aufmerksamkeit von Seiten der Medien geschenkt.

Im eigenen Land blieben auch die kritischen Stimmen nicht aus. In fast allen Medien wurden Informationen über das bisherige Leben des Papstes veröffentlicht wie zum Beispiel Hinweise auf seine Vergangenheit zur Zeiten der Diktatur in Argentinien (1976-1983). Ihm wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, eine aktive Rolle bei der Festnahme von zwei jesuitischen Missionaren eingenommen zu haben.

Die „Message“ des neuen Papstes

Die Leitartikel der kolumbianischen Zeitungen El Tiempo am 14. März “Editorial: El Papa de la renovación” und El Espectador am 15. März: “Los mensajes de Francisco” bringen eine Erwartung zum Ausdruck, dass nun eine intensive Auseinandersetzung bezüglich der Themen Armut und Lateinamerika am Heiligen Stuhl einsetze. Außerdem werden Themen genannt, die bisher für starke Polemik in der Öffentlichkeit sorgten und denen sich der neue Papst nun stellen müsse. Das betrifft vor allen Dingen Korruptionsvorfälle innerhalb des Vatikans und Skandale im Zusammenhang mit Pädophilie in der katholischen Kirche.

Landesweites Glockenläuten in Mexiko

In Mexiko nahmen sowohl die Kirche, die Politik als auch die Medien und die Öffentlichkeit die Wahl Jorge Mario Bergoglios zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche durchweg positiv auf. Die Entscheidung des Konklaves wurde in der zweitbevölkerungsreichsten und wirtschaftlich zweitstärksten Volkswirtschaft Lateinamerikas nach Brasilien mit einem landesweiten Glockenläuten begrüßt. Rund 80% der Mexikaner sind katholischen Glaubens. An der Basílica de Guadalupe, der wichtigsten katholischen Pilgerstätte Lateinamerikas, fanden sich Gläubige ein und bejubelten die Bekanntgabe des neuen Papstes.

Auch wenn sein Vorgänger von der Kirchenführung stets sehr geschätzt und für seine wegweisenden Publikationen gelobt wurde, so konnte Papst Benedikt XVI. in der breiten Öffentlichkeit nie die Beliebtheit von Johannes Paul II. erlangen, dessen Abbilder sich noch heute, knapp acht Jahre nach seinem Tod, einer großen Nachfrage an Wallfahrtsstätten und Kirchen im ganzen Land erfreuen. Der neue Papst gilt unterdessen jetzt schon als Hoffnungsträger, um gerade den Identitätsstiftungsprozess des Kirchenvolkes, und hier besonders in Lateinamerika, wieder stärker in den Blick zu nehmen und Orientierung in einer sich rasch wandelnden Welt zu geben. Die mexikanische Bischofskonferenz übersandte direkt nach dessen Wahl ein Gratulationsschreiben an den Vati-kan, in dem es dem neuen Kirchenoberhaupt für die Amtsübernahme dankte und ihm "die Liebe, den Respekt, die Folgsamkeit und die Treue der mexikanischen Katholiken" aussprach. Die Bischöfe unterstreichen ihr Vertrauen, dass Papst Franziskus „die Reichtümer, Freuden, Möglichkeiten, Leiden, Mängel und Probleme, mit denen die Völker Lateinamerikas sich konfrontiert sehen“ kenne und mithelfen werde, gemeinsam Lösungen zu finden.

Hinwendung zur Bescheidenheit, Reformen und Aufklärung erwünscht

In den einschlägigen Medien spielte die argentinische Herkunft von Papst Franziskus zweifellos eine wichtige Rolle. Einerseits wird in allen Artikeln deutlich, wie historisch die seit dem 8. Jahrhundert erste Wahl eines Nichteuropäers auf den Stuhl Petri ist. Andererseits kommt dort stets der Wunsch zum Ausdruck, dass die notwendigen internen Reformen des Verwaltungsapparats des Vatikans sowie die Neuordnung des Verhältnisses zu den einzelnen Landeskirchen nun schnell angepackt werden müssen. Die Hinwendung zur Bescheidenheit und zur Hilfe für die Armen, die im Auftreten und in den Worten des neuen Papstes in den vergangenen Tagen im Mittelpunkt standen, hat bisher viel positive Resonanz erfahren. Der mexikanische Kardinal Juan Sandoval Iñiguez fasst dabei die Situation vor Ort in die Worte: „Wir führen die mexikanische Kirche aufgrund fehlender Ressourcen bereits bescheiden, und das neue Vorbild Franziskus wird uns helfen, diese Linie fortzuführen“.

Hinsichtlich der Rolle Bergoglios in der argentinischen Militärdiktatur wird in den führenden Presseorganen des Landes gegenwärtig ausgewogen berichtet. In allen führenden Zeitungen kommen sowohl kritische Stimmen als auch Verteidiger zu Wort. Ein abschließender Tenor ist in der öffentlichen Meinung noch nicht zu vernehmen.

Der mexikanische Staatspräsident Enrique Peña Nieto der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) gratulierte dem neuen Papst persönlich nach der Amtseinführung im Vatikan und lud ihn umgehend zu einem Besuch nach Mexiko ein. Die ehemalige Staatspartei PRI, die von 1929 bis 2000 un-unterbrochen regierte, verficht an und für sich einen strengen Säkularismus. Nichtsdestotrotz ist Peña Nieto bekennender Katholik und hat seit seiner Regierungszeit als Gouverneur im Bundesland Mexiko auf persönlicher Ebene wichtige und intensive Kontakte zur katholischen Kirche geknüpft. Die Erzdiözese Mexiko verlautbarte nach dem Zusammentreffen Peña Nietos mit dem Papst, dass ein baldiger Besuch Mexikos in Aussicht gestellt worden sei und dass man auf eine rasche offizielle Verlautbarung hoffe.

Auch Politker der Partido Acción Nacional (PAN) gratulierten dem neuen Papst, darunter der ehemalige Staatspräsident Felipe Calderón, seine Gattin Margarita Zavala und der ehemalige mexikanische Botschafter im Vatikan und PAN-Politiker Luis Felipe Bravo Mena. Alle drei sehen gute Chancen, dass notwendige Reformen im Vatikan umgesetzt werden können.

Die linksgerichtete Partido de la Revolución Democrática (PRD) entsandte mit dem Regierungschef des Hauptstadtdistrikts, Miguel Ángel Mancera, ebenfalls einen Vertreter zur Investitur nach Rom, der dem Papst eine Einladung nach Mexiko-Stadt überbrachte. Die PRD-Teilorganisation „Forum der neuen Sonne“ fordert, dass der neue Papst schnell, weitreichend und umfassender als bisher allen Anzeigen der Missbrauchsfälle unter den Vertretern katholischer Kirche nachgehen müsse.

Panama: Die First Lady lädt den neuen Papst zur Jubiläumsfeier ein

Unter den Reaktionen großer Freude über die Wahl des ersten lateinamerikanischen Papstes, ließ Marta Linares de Martinelli, die Ehefrau des Staatspräsidenten, verlauten, sie werde den Papst Franziskus nach Panama einladen, damit dieser an den Feierlichkeiten zur 500-jährigen Entdeckung des pazifischen Ozeans durch die spanischen Eroberer und der Gründung der ersten Diözese auf dem kontinentalamerikanischen Festland teilnehmen k önne.

Präsident Ricardo Martinelli, sonst nicht bekannt für eine ausgiebige Nähe zur katholischen Kirche, sandte dem neuen Papst Glückwünsche und wiederholte, dass die Ernennung eines Lateinamerikaners ein klares Zeichen für die Relevanz des Katholizismus in der Region sei.

Die Aussagen Martinellis dürften jedoch protokollarischen Gepflogenheiten geschuldet sein. Erst vergangene Woche boykottierte der Präsident eine Veranstaltung der katholischen Kirche, bei der sich alle Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr zu einem fairen Wahlkampf verpflichteten.

Katholische Kirche in Panama erwartet einen Schub für weitere Missionierung

Der Vorsitzende der panamaischen Bischofskonferenz, Bischof José Luis Lacunza, zeigte sich überrascht, dass die Wahl auf den argentinischen Kardinal Bergoglio fiel, äußerte jedoch große Freude: Franziskus werde „die Kirche wachrütteln und somit aus den Sesseln und Hängematten reißen“ und zu einer weiteren Missionierung Lateinamerikas beitragen. Von der Wahl eines Lateinamerikaners, die den „Bruch eines Mythos“ bedeute, verspricht man sich ein „brüderlicheres, freundlicheres und liebenswürdigeres Antlitz der Kirche“, so der Bischof.

Überraschung über den „nicht wählbaren Königsmacher“ in Peru

Die Wahl des argentinischen Kardinals zum 266. Oberhaupt der katholischen Kirche ist in allen wichtigen Medien Perus die zentrale Nachricht. Ausführlich und detailliert widmet man sich in Funk, Fernsehen und Presse den Umständen der Wahl und der Biographie des neuen Papstes. Die größte Tageszeitung des Landes brachte eine 16-seitige Sonderbeilage, die sich nicht nur mit der Papstwahl sondern auch mit der allgemeinen Situation der katholischen Kirche und ihrer Rolle in der Entwicklung Perus befasst.

Hervorgehoben wurde, dass Kardinal Bergoglio in einer überraschenden Wahl zum Papst gekürt wurde. Zwar gehörte er zu den sogenannten „Königsmachern“ unter den Kardinälen, jedoch nicht zu den „Wählbaren“, nachdem er 2005 seine Kandidatur trotz kräftiger Unterstützung gegen Kardinal Ratzinger zurückgezogen hatte. Offensichtlich hatte ihn seine Rede vor dem Kardinals-Plenum wieder in den Kreis der „Wählbaren“ gebracht, obwohl seit 2005 mehr als die Hälfte des Wahlkollegiums ausgetauscht worden war.

Das Land blickt hoffnungsvoll in die Zukunft und kritisch in die Vergangenheit

Einigkeit besteht in den Meldungen und Kommentaren der peruanischen Medien, dass mit Kardinal Bergoglio ein Papst gewählt wurde, der in besonderem Maße geeignet ist, eine neue Entwicklungsetappe der katholischen Kirche einzuleiten. Zwar wird er aufgrund seines hohen Alters (76 Jahre) eher als ein „Übergangspapst“ gesehen. Aufgrund seiner moderaten Persönlichkeit (von den Fortschrittlichen konservativ und von den Konservativen fortschrittlich genannt), seines bescheidenen Auftretens, seiner Kenntnisse der sozialen Realitäten in Lateinamerika, seines Bekenntnisses zur sozialen Gerechtigkeit und seines festen Auftretens gegenüber der Politik (in den Präsidentschaften des Ehepaares Kirchner) sei er jedoch der richtige Kirchenführer, um die Modernisierung der katholischen Kirche konstruktiv anzugehen, ohne sie dabei „ins Leere stürzen zu lassen“. Dabei sehen die Medien seine Verankerung im Jesuitenorden, der in sozialer und theologischer Hinsicht fortschrittlich eingeschätzt wird, als positiv an. Als Herausforderungen, die der neue Papst anzugehen hat, werden angeführt:

  • eine aktive Kirche, die nicht nur Glaubensfragen reguliert, sondern aktiv auf die Gläubigen zugeht und deren Glauben fördert;
  • Positionen zu sozialen (soziale Gerechtigkeit) und ideologischen Fragestellungen (gleichgeschlechtliche Ehe, Abtreibung) sowie
  • Entscheidungen zur internen Problematik (Finanzen, einfachere Strukturen und partizipative Entscheidungsmechanismen, Päderastie).
Schatten fallen auf den neuen Papst in den Medienberichten und -kommentaren (allerdings hauptsächlich in der Presse) lediglich bezüglich seiner Rolle in der argentinischen Miltärdiktatur 1976 – 1983. Dabei werden Passagen aus einer Publikation des Autors Horacio Verbitsky herangezogen, wonach er für die Verhaftung und Folterung von zwei Jesuiten verantwortlich sein soll.

Eine Brücke zwischen Europa und Lateinamerika

Betont wurde in den peruanischen Medien, dass mit einem Papst aus Argentinien erstmalig seit 16 Jahrhunderten ein Nicht-Europäer an der Spitze der Kirche steht. Zudem ein Vertreter aus dem Kontinent, in dem mehr als 40 % der Katholiken leben. Angesichts der italienischen Wurzeln von Kardinal Bergoglio ist damit auch eine Brücke zwischen Europa und Lateinamerika geschlagen worden.

Venezuela: „Wir haben unseren Kommandanten jetzt im Himmel. Vielleicht hat er bei dieser Papstwahl etwas nachgeholfen."

In Venezuela wurde ausführlich auf die Biographie des neuen Papstes eingegangen und darauf, dass er als Repräsentant des lateinamerikanischen Kontinents wirken wird. Die Schatten, die der Schrecken der argentinischen Militärdiktatur auf sein Leben wirft, wurden in den Medien beschrieben. In oppositionellen Zeitungen und Fernsehsendern wurde herausgearbeitet, dass der ehemalige Kardinal von Buenos Aires die Regierung von Néstor Kirchner und seiner Frau Cristina Fernández aus verschiedenen Anlässen kritisiert hatte. Aus venezoalnischer Sicht ist damit ein Kritiker eines wichtigen Verbündeten der sozialistischen Revolution Venezuelas zum Papst gewählt worden.

Die Papstwahl fiel mit der zehn Tage andauernden Totenwache für den nach offiziellen Angaben am 5. März verstorbenen Staatspräsidenten Hugo Chávez zusammen. Der verfassungswidrig zum Staatspräsidenten aufgerückte ehemalige Außenminister und Vizepräsident, der für die Nachfolge des Revolutionsführers bei den Wahlen am 14. April 2013 kandidiert, äußerte bei der Eröffnung einer Buchmesse in Caracas folgende Vermutung: "Wir haben unseren Kommandanten jetzt im Himmel. Vielleicht hat er bei dieser Papstwahl etwas nachgeholfen." Da ihm sein eigener Einfall offenbar gefiel, fügte er hinzu: "Im Himmel ist jetzt eine neue Hand im Spiel. Jeden Augenblick kann sie eine verfassungsgebende Versammlung im Himmel einberufen, damit das Volk selbst die Welt regiert." Die Reaktionen der Opposition auf diese Äußerung des Kandidaten gingen soweit, dass Nicolás Maduro versuche, den Humor seines Vorbildes Chávez zu imitieren und dass für gewöhnlich das Original besser sei als die Kopie.

Ein lateinamerikanischer Papst - Zeiten des Wandels

Der Gouverneur von Miranda und abermalige Präsidentschaftskandidat des Oppositionsbündnisses Mesa de la Unidad Democrática, Henrique Capriles Radonski, ist praktizierender Katholik und hat seinen Wahlkampf im Heiligtum des Heiligen Christus von La Grita im Andenstaat Táchira begonnen. Er richtete ein wohlgesetztes Glückwunschschreiben an den Heiligen Vater, das von der wöchentlich im Auslandsbüro der KAS tagenden außenpolitischen Expertenrunde Grupo Ávila zeitig vorbereitet worden war. Auch er versuchte, das Wasser der Weltgeschichte auf seine Mühlen zu lenken. Die Medien fassten jedenfalls seinen Glück- und Gebetswunsch sehr opportun in einer Schlagzeile zusammen: „Ein lateinamerikanischer Papst - Zeiten des Wandels“.

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