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"Ausbildungsreife muss in der Schule erfolgen"

Hauptstadtforum

Der demografische Wandel in Deutschland macht sich am Arbeitsmarkt bemerkbar und zahlreiche Branchen klagen über zunehmenden Fachkräftemangel. Gleichzeitig gelingt es schwächeren Schülern immer seltener, den direkten Weg in die duale Berufsausbildung zu schaffen. Über mögliche Lösungsansätze diskutierten Experten aus Politik, Wirtschaft und Schule beim Hauptstadtforum in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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Trotz aller Defizite sei das deutsche Bildungssystem nach wie vor erfolgreich, wie der europaweit niedrigste Wert von 5,5 Prozent bei der Jugendarbeitslosigkeit zeige, sagte Dr. Michael Borchard. „Doch diese gute Lage am Arbeitsmarkt sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade bei schwächeren Schülern der Weg in die Ausbildung und das Berufsleben oftmals holprig ist“, so der Leiter der Hauptabteilung Politik und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung in seiner Begrüßungsrede.

„Der früher normale Weg von der Schule direkt in die Ausbildung ist heute die Ausnahme“, sagte Marie-Luise Dött MdB. Ein großes Problem sei, dass vielen Arbeitgebern Real- und Hauptschulabschluss heute nicht mehr reichten, um jemanden auszubilden, so die Bundesvorsitzende des BKU (Bund Katholischer Unternehmer). Daher lande fast jeder zweite Hauptschüler mit Abschluss in Übergangssystemen wie Vorbereitungs- oder Orientierungsmaßnahmen, die jährliche Kosten in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro verursachten. Bei Hauptschülern ohne Abschluss seien es sogar bis zu 80 Prozent. „Während wir mühsam das Abitur um ein Jahr verkürzt haben, um international nicht ins Hintertreffen zu kommen, vergeuden wir in der Ausbildung wertvolle Zeit.“

“Unternehmen müssen sich auf die jungen Leute einlassen“

Nicht alle Übergangsmaßnahmen seien schlecht, denn auch weiterführende Schulen fielen darunter, gab Jürgen Spatz von der Bundesagentur für Arbeit zu Bedenken. Jedoch gebe es eine Gruppe unter Jugendlichen, die immer durch das Raster falle und derzeit befänden sich fast 300.000 Menschen in den sogenannten Übergangssystemen.

„Wir müssen auch jenen eine Chance geben, die nicht auf Anhieb den besten Eindruck machen“, sagte Jens Bachmann. Auch er würde für sein Unternehmen nur die Besten nehmen wollen. „Aber woran kann ich erkennen, wer der Beste ist? Ein Zeugnis reicht nicht aus, um einen jungen Menschen kennenzulernen“, so der Pädagogischer Leiter a.D. der Weißfrauenschule in Frankfurt a. M. Es sei daher unbedingt notwendig, Jugendlichen Einblicke in die Arbeitswelt zu ermöglichen. „Wir haben Unternehmen gefunden, die sich auf die jungen Leute eingelassen haben und dann die Erfahrungen der Schüler in den Unterricht einfließen lassen.“ Das habe die Motivation der Schüler gesteigert, weil sie merkten, dass in der Schule tatsächlich etwas gelehrt wird, was man danach im Beruf anwenden kann.

Mit ihrem Konzept der „Bildungsrepublik Deutschland“ verfolge die Bundesregierung das Heranführen junger Menschen an die Arbeitswelt, erklärte Tankred Schipanski MdB, Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. „In sogenannten ‚Bildungsketten’ machen die Schüler in der 7. oder 8. Klasse eine Leistungsanalyse und werden bei der Berufsorientierung begleitet.“ Diese vom Bund angestoßenen Programme seien jedoch nur flankierende Maßnahmen, da Bildungspolitik nach wie vor Ländersache ist.

“Sie bekommen einen Jugendlichen mit Stärken und Schwächen“

Sándor Mohácsi berichtete von seinen Erfahrungen beim Umgang mit Schulen. „Wir wenden uns an Menschen, die ganz unten sind und nicht einmal den Hauptschulabschluss haben und mobilisieren und motivieren die Kinder vor Ort“, so der Bundesvorsitzende der Wirtschaftsjunioren Deutschland. Allerdings zeige die Erfahrung, dass oftmals Lehrer Hilfe von außerhalb ablehnten. „Praktika für Schüler sind gut, aber Praktika für Lehrer wären noch besser, damit sie einmal Einblicke in Unternehmen gewinnen können, um zu sehen, was dort tatsächlich gebraucht wird.“

Abschließend richtete Bachmann noch einen Appell an die Unternehmer. „Sie bekommen nicht den einen perfekten Azubi sondern einen Jugendlichen mit Stärken und Schwächen.“ Berufsorientierung sei ein Prozess und eine direkte Beziehung zum Unternehmen für den Übergang von der Schule in die Ausbildung unabdingbar.

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3. November 2011
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