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Europa muss in größeren Maßstäben denken

von Daniel Schranz, Anne Odendahl

Dr. Wolfgang Schüssel zu Gast beim Neusser Stadtgespräch

Österreichs Bundeskanzler a. D. Dr. Wolfgang Schüssel sprach als überzeugter Europäer bei seinem engagierten Vortrag über die Frage „Quo vadis Europa?“. Er forderte weitere Reformschritte in der EU und ein Zugehen auf die großen Herausforderungen jenseits der Schuldenkrise.

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Fast 400 Gäste konnte KAS-Landesbeauftragter Daniel Schranz im Neusser Zeughaus begrüßen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe, der die Schirmherrschaft übernommen hatte, wies einleitend auf die Bedeutung der Entwicklungen in Europa für Deutschland hin. Eine gute Zukunft habe Deutschland nur, wenn es Europa insgesamt gut ginge. Dabei sei es ein mitunter beschwerlicher, aber richtiger Weg, die Europäische Union weiterzuentwickeln.

Mehr Mut zu Reformen forderte auch Wolfgang Schüssel. Der ehemalige österreichische Bundeskanzler und Ratspräsident der EU rief dabei dazu auf, die Bevölkerung der europäischen Mitgliedsstaaten ernst zu nehmen und zitierte zahlreiche aktuelle Umfragen. Die Befürworter der EU und des Euro seien auch in den südeuropäischen Ländern weiter in der Mehrheit.

„Die Erfolge der EU-Reformen werden sichtbar: Die Iren, Balten und auch die Spanier sind die heimlichen Aufsteiger. Es gibt keinen Grund stehen zu bleiben und am Modell der EU zu zweifeln“, forderte der Altbundeskanzler. Falsch sei jedoch auch, auf halbem Wege der Erholung das Ruder herumzureißen. „Die Budgetkonsolidierung ist wichtig. Es wäre schlimm, jetzt damit aufzuhören“, so Schüssel.

Deutschland sieht der österreichische Politiker in einer Vorreiterrolle. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei eine wichtige Führungspersönlichkeit, die mit kluger und ruhiger Vorgehensweise die richtigen Weichenstellungen in der EU vornehme.

Über die Staatsschuldenkrise hinaus ging Schüssel auf die weiteren Aufgaben ein, die die Europäische Union bewältigen müsse. Europa verwende dabei zu viel Zeit mit Nabelschau, während sich die internationale Machtbalance verschiebe. „Rankings zwischen europäischen Ländern sind schön. Aber wichtiger ist, sich mit den Besten weltweit zu vergleichen“, sagte Schüssel.

Daher dürfe sich die EU auch nicht mit Kleinigkeiten wie Glühbirnen und Ölkännchen aufhalten. Europa müsse in größeren Maßstäben denken und die großen Themen auf die europäische Ebene heben und vorantreiben: die Komplettierung des Binnenmarkts, eine vergleichbare Förderung regenerativer Energien, eine Vereinheitlichung der Eisenbahnsysteme oder die Förderung von Bildung, Forschung und Entwicklung.

Im Gespräch mit Sven Gösmann, dem Chefredakteur der Rheinischen Post und Moderator der Diskussion, betonte Schüssel dabei immer wieder die bedeutsame Rolle des Mittelstandes. Historisch sei es das erste Mal, dass Europa nicht durch kriegerische Auseinandersetzungen, sondern durch den freien Willen der Bürger bestimmt werde. Das Prinzip „Bottom-Up“ (von unten nach oben) gelte sowohl für die Wirtschaftskraft als auch für die politischen Ideen des modernen Europa.

Die Frage Gösmanns, ob er dem Satz von Angela Merkel „Scheitert der Euro, scheitert Europa“ zustimme, beantwortete Schüssel mit Zahlen aus aktuellen Fallstudien. Die Krise dürfe auf keinen Fall unterschätzt werden. Auf die Forderung nach einer „neuen europäischen Erzählung“ reagierte er dagegen skeptisch. Die europäische Erzählung müsse weiterentwickelt und weitergeschrieben werden. Es sei aber falsch, alles nur ökonomisch zu begründen. Die wichtigste Begründung der europäischen Integration sei nach wie vor politisch: Nie wieder Krieg!

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