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Veranstaltungsberichte

Mehr Verantwortung für Gemeinschaftsgüter übernehmen

von Sebastian Barnet Fuchs, Maria Döll
„Neue Partnerschaften mit Schwellenländern: Von klassischer Entwicklungszusammenarbeit zum gemeinsamen Schutz globaler Güter“ – Fachtagung von KAS und dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Cadenabbia von 8. bis 11. November.

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Der Aufstieg neuer Mächte wie China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika verändert die Natur der internationalen Beziehungen. Von traditionellen Empfängern von Entwicklungszusammenarbeit haben sich diese Akteure zu wirtschaftlich und politisch gewichtigen Staaten entwickelt, die entscheidend für den Schutz globaler Gemeinschaftsgüter geworden sind. Wie sollte eine neue Partnerschaft mit diesen Ländern also aussehen? Bei der dreitägigen Fachtagung in Cadenabbia kamen Politiker und Experten aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA sowie aus Mexiko, Indien, China und Südafrika zusammen, um Antworten darauf zu finden.

Grenzen zwischen Staaten werden bei zentralen globalen Gemeinschaftsgütern zunehmend irrelevant: Klimaschutz, Frieden und Sicherheit, Gesundheit, finanzielle Stabilität, Wissen und Informationen. Egal wer diese Güter bereitstellt: Ihr Nutzen kommt vielen Staaten zugute. Umgekehrt ist ein Mangel an diesen Gütern über Landesgrenzen hinweg leicht für viele Länder spürbar. Sie lassen sich nicht getrennt voneinander betrachten, sind in hohem Maße interdependent.

Globalisierung steigert darüber hinaus die Abhängigkeit der Menschen von Gütern, die von außerhalb des eigenen Staates kommen. Politische und wirtschaftliche Schwankungen verbreiten sich durch diese dichtere Verflechtung schnell über Landesgrenzen hinweg und führen zunehmend zu Spill-Over Effekten in verschiedenste Regionen, positiv wie negativ.

Dadurch erweitern sich auch die Aufgaben der internationalen Politik: Außen-, Wirtschafts-, Umwelt-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik spielen alle bei dem Schutz der globalen Gemeinschaftsgüter eine zentrale Rolle. Durch ihren gewachsenen politischen und wirtschaftlichen Einfluss in der Welt haben auch die Schwellenländer nun eine größere Verantwortung für diese Güter. Die klassische Entwicklungszusammenarbeit mit ihnen muss weiter konsequent in eine neue Partnerschaft überführt werden. Denn viele der neuen Mächte haben zunehmend eigene Ressourcen für klassische Armutsbekämpfung und treten selbst als Akteure von Entwicklungszusammenarbeit auf. Gleichzeitig kann nur mit ihnen zusammen der Schutz und die Bereitstellung der Gemeinschaftsgüter garantiert werden.

Den Teilnehmern der Tagung waren für eine neue Partnerschaft mit den Schwellenländern unter anderem die folgenden Aspekte wichtig:

Entwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern sollte sich verstärkt dem gezielten Austausch von Wissen und Technik widmen, gerade im Bereich berufliche Bildung, sowie Klima- und Umweltschutz. Gleichzeitig sollte der politische Dialog mit Schwellenländern über gemeinsame Werte und Interessen eine zentrale Rolle spielen. Um die Gemeinschaftsgüter zugänglich für alle zu machen, sollten dabei gute Regierungsführung, Menschenrechte und marktwirtschaftliche Prinzipien im Vordergrund stehen.

Schwellenländer sollten noch stärker in globale Verhandlungsfora eingebunden werden und dort mehr Verantwortung übernehmen. Fragen der Gemeinschaftsgüter stellen sich in unzähligen multilateralen Gremien und verschiedensten Politikfeldern: Die Vereinten Nationen und G20, IWF und Weltbank, OECD und die Global Partnership for Effective Development Cooperation, die WTO und die globalen Klimaverhandlungen, sowie die Diskussionen zu einer Post-2015-Agenda. Diese verschiedenen Prozesse der Global Governance stets aufeinander zu beziehen und sie verstärkt auf den Schutz von Gemeinschaftsgütern auszurichten, ist enorm komplex. Vor allem aber ist die Finanzierung der Güter immer wieder Grund scharfer Auseinandersetzungen zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern. Da die meisten armen Menschen noch in Schwellenländern leben, argumentieren diese Staaten oft für eine Weiterführung der Entwicklungszusammenarbeit durch den Westen und sind bei eigenen finanziellen Zusagen, beispielsweise für globalen Klimaschutz, eher zurückhaltend.

Die Positionierung der Schwellenländer in den globalen Foren ist oft widersprüchlich, es fehlt eine einheitliche Linie, bisweilen auch die Bereitschaft für konstruktive Kompromisse. Das 1992 bei der Klimakonferenz in Rio eingeführte Prinzip der „Common but Differentiated Responsibility“ bleibt der zentrale Streitpunkt. Denn die Frage, wie viel finanzielle Verantwortung jeder einzelne Staat letztlich übernehmen muss, wird bei globalen Gemeinschaftsgütern zum Free-Rider Problem. Anreize für ein stärkeres Engagement und verbindliche finanzielle Zusagen könnten zwar durch Druck von der Bevölkerung in den Ländern selbst geschaffen werden. Doch die Zivilgesellschaft kann sich mit ihren Forderungen oft nicht durchsetzen und internationale Gipfelzusagen zu brechen, ist für Regierungen innenpolitisch meist folgenlos.

In der Zusammenarbeit mit Schwellenländern müssen, bilateral wie multilateral, noch stärker die Vorteile der Kooperation zu beiderseitigem Gewinn herausgestellt werden. Statt der Fortführung von Verhandlungen unter der Prämisse eines globalen Nullsummenspiels und der steten Zurückhaltung verbindlicher Zusagen zum Schutz globaler Güter aufgrund des Free-Rider Problems sind langfristige Perspektiven gefragt. Wenn Gemeinschaftsgüter wie Klima- und Umweltschutz, finanzielle Stabilität und Gesundheit nicht auch in anderen Regionen geschützt werden, wird deren Mangel früher oder später für alle spürbar werden. Global Public Goods werden so zu Global Public Bads.

Deutschland sollte sich bei der Politikformulierung gegenüber den Schwellenländern im bi- und multilateralen Kontext zwischen den Ressorts eng verzahnen und verstärkt den Austausch mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft fördern. Da sowohl globale Gemeinschaftsgüter als auch die Kooperation mit neuen Mächten den Kern vieler Politikfelder berühren, ist eine intensive Abstimmung für eine strategisch und langfristig angelegte Politik zwingend notwendig.

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