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Veranstaltungsberichte

Auf der Suche nach dem europäischen Wähler

von Dr. Florian Hartleb, Dr. Michael Borchard

Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung und des European Ideas Network

Wer ist der europäische Wähler, welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die Europawahl ziehen? Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer Konferenz, die die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit dem European Ideas Network am 10. Februar 2014 im Europäischen Parlament durchgeführt hat.

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Der Europaabgeordnete Jaime Mayor Oreja, stellvertretender Vorsitzender der EVP-Fraktion, betonte, wie bedeutsam es ist, sich akademisch wie politisch-strategisch mit der Frage des europäischen Elektorats auseinander zu setzen. Sein Fraktionskollege Dr. Hans-Gert Pöttering, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments, hob in seiner kurzen Einführungsrede zu der gemeinsamen Veranstaltung die veränderten Umstände dieser Europawahl hervor. Gerade in Zeiten eines grassierenden Euroskeptizismus müssten die Erfolge des europäischen Integrationsprozesses noch deutlicher herausgestellt werden. Die Europäische Volkspartei als Verbund der Mitte-Rechts-Parteien sei dabei der Motor der Einigung. Für die Wahl sei eine klare Richtungsentscheidung über den zukünftigen Kurs Europas zu erwarten.

Europawahl als politische Richtungsentscheidung

Anschließend debattierten renommierte Wahlforscher aus Europa über die Frage, wer eigentlich der „wahre europäische Wähler“ sei. Die Forscher, darunter Prof. Dr. Bernhard Weßels vom Wissenschaftszentrum Berlin und Prof. Dr. Wouter van der Brug von der Universität Amsterdam, betonten, wie wichtig eine höhere Wahlbeteiligung sei, um Populisten und Euroskeptikern Vorschub zu leisten. Hier gäbe es in den einzelnen Mitgliedsstaaten ganz unterschiedliche Befunde. Besonders zwischen Osteuropa und Westeuropa gäbe es bei der Ausrichtung der einzelnen Mitgliedsparteien der EVP hier sichtbare Unterschiede. Die Frage stelle sich, wie sich die (gewollte) größere Politisierung im Zuge der aktuellen Debatte und durch die Beschlüsse zur Wahl des Kommissionspräsidenten im Lissabonner Vertrag sich dann tatsächlich auswirke. Oft bestehe die Fehlannahme, dass die Nichtwähler Protestwähler seien. Stärker aber wirke sich hier die bekannte Tatsache aus, dass die Europawahlen als „Second Order Elections“, las nachrangige Wahlen begriffen werden, denen man zum einen weniger Interesse entgegenbringe, die aber auch zum anderen zur größeren Experimentierfreude anregten, was die Wahl neuer oder kleinerer Parteien anbetrifft. Interessant war auch der Hinweis der Experten, dass sich das Wahlverhalten, die Präferenzen und Motive bei nationalen Wahlen und Europawahlen immer mehr annähern würden, mit einer gewaltigen Ausnahme: Der dramatisch unterschiedlichen Wählermobilisierung.

David McAlllister, Spitzenkandidat der CDU für die Europawahl, leitete aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen politische Schlussfolgerungen ab. Auch er betonte, dass die Europawahl als politische Richtungsentscheidung zu verstehen sei. Es gehe darum, die EU auch als Wertegemeinschaft darzustellen. In der aktuellen Auseinandersetzung läge die Chance, das Europathema stärker in den Vordergrund zu rücken und dabei auch Kritik der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen. Dazu gehöre eine klare, verständliche Sprache. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident stellte auch die kritische Frage, wo die Europabefürworter unter den Intellektuellen, in den Kirchen etc. seien? Hier mache sich auch in der Europapolitik berechtigte Enttäuschung breit. MdEP Antonio López-Istúriz White, Generalsekretär der Europäischen Volkspartei, hob hervor, wie einfach es sei, populistisch zu agieren. Die EVP setze dagegen auf positive Signale, auch unter Einbeziehung der Jugendverbände. In der folgenden Debatte ist noch einmal sehr intensiv die Frage der spezifischen Charakteristika der Europawahl mit den Experten diskutiert worden.

Fähigkeit zur Problemlösung herausstellen

Dr. Michael Borchard, Leiter der Hauptabteilung Politik und Beratung in der Konrad-Adenauer-Stiftung, fasste die Ergebnisse zusammen. Schon Konrad Adenauer selbst hätte den Rat an die Politik geprägt, man müsse die Menschen nehmen, wie sie sind, andere gäbe es nicht. Das gelte gerade jetzt, wo viele Menschen in Europa Sorgen und Zukunftsängste hätten. Insbesondere die etablierten Parteien müssten vor dem Hintergrund veränderter Erwartungen an die Parteien heute als Problemlösungsagenturen, also als Kümmerparteien agieren. Wichtig sei aber hier die positive Botschaft, die gerade im Wahlkampf zu vermitteln wäre. Dr. Borchard gab die Empfehlung aus, auf eine Negativkampagne weitgehend zu verzichten. Es gehe für die EVP vor allem darum, die Fähigkeit zur Problemlösung herauszustellen. Zahlreiche Mitte-Rechts-Regierungen hätten sich im europäischen Kontext erfolgreich als Problemlöser positioniert. Das dürfe aber auf keinen Fall bedeuten, beliebig zu werden. So fern die Menschen den Parteien und der Politik stehen mögen, die Images, die den Parteien aufgrund ihrer Werte zugeschrieben würden, seien noch immer wirkmächtig. Von einer etwaigen Strategie, die populistischen Parteien durch eigenen Populismus zu bekämpfen, sei im Übrigen dringend abzuraten, weil dies langfristig Vertrauen koste.

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