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Veranstaltungsberichte

Die Verantwortung der jungen Generation für die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen

KAS-Stipendiaten im Dialog mit Israelis

Vom 16. bis zum 22. März 2014 besuchten 15 Stipendiatinnen und Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung das Heilige Land und setzten sich im Rahmen des Studien- und Informationsprogramms der KAS mit der Verantwortung der jungen Generation für die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen auseinander. Vor dem Hintergrund des bevorstehenden 50-jährigen Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel traten die Teilnehmer in einen intensiven Dialog mit israelischen Akademikern sowie Entscheidungsträgern aus Politik und Zivilgesellschaft.

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Die Studienreise wurde mit einem Briefing über die Arbeit der KAS in Jerusalem und Ramallah durch Michael Mertes, Leiter der KAS Israel, und Dr. Hans Maria Heyn, Leiter des KAS Büros in den Palästinensischen Gebieten, eröffnet. Besonders interessiert zeigten sich die Stipendiaten an den aktuellen Friedensverhandlungen und dem möglichen Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung. Im Anschluss hielt Ofer Waldmann von der Hebräischen Universität einen interessanten Vortrag zum Thema „Das Israelbild in Deutschland und das Deutschlandbild in Israel“. Die Stipendiaten diskutierten über gegenseitige Vorurteile und gemeinsame Werte – auch vor dem Hintergrund der Antisemitismus-Vorwürfe gegenüber Europa, die von der rechten Seite des israelischen politischen Spektrums erhoben werden – und kamen u.a. zu dem Schluss, dass die Wahrnehmung des Gegenübers nicht zuletzt eine Generationsfrage ist.

Tag zwei startete mit dem Besuch des Israel Democracy Instituts – einer der renommiertesten Think Tanks in Israel und langjähriger Partner der KAS Jerusalem. Dort referierte Amir Fuchs über Genese und Charakter der israelischen Unabhängigkeitserklärung und legte den Stipendiaten dar, warum in Israel bisher keine Verfassung beschlossen wurde. Nach dem Vortrag diskutierten die Teilnehmer über Israels Selbstverständnis als jüdischer und demokratischer Staat und die Vereinbarkeit beider Charakteristika. Am Nachmittag trafen sich die Stipendiaten mit David Witzthum und sprachen über das deutsche und israelische Parteinsystem im Vergleich. Besonders interessant war der Ausgangspunkt von Witzthums Vortrag, dass die Mehrheit der israelischen Parteien nicht unbedingt in das rechte bzw. linke Spektrum oder gar die politische Mitte einzuordnen ist, sondern sich über verschiedenen Ethnien definiert. Danach besuchten die Studierenden die Gedenkstätte Yad Vashem und setzten sich mit der deutsch-jüdischen Vergangenheit und jüdischer Gedächtnis- und Erinnerungskultur auseinander. Die Führung durch das Holocaust-Museum wurde von allen als sehr intensiv und bewegend wahrgenommen. Den Abschluss des Tages bildete der Austausch mit den „Jungen Liberalen“ der Partei Likud, die durch das von ihnen gegründete Forum „Manof“ Einfluss auf die politische Willensbildung in Israel nehmen. Themen des Abends waren u.a. das Verständnis des Begriffs „liberal“ und die Vor- und Nachteile einer Verfassungserklärung. Besonders kontrovers wurden die Konfliktlinien zwischen Israelis und Palästinensern diskutiert sowie die Bedingungen, unter denen eine Zwei-Staaten-Lösung denkbar wäre. Der Austausch mit den Mitgliedern von Manof vermittelte den Stipendiaten einen sehr guten Einblick in den Standpunkt des liberalen Flügels der Likud in Bezug auf die aktuellen Friedensverhandlungen.

Am dritten Tag besuchten die Teilnehmer die Sha'ar Hanegev Schule in der Nähe von Sderot und wurden mit einem anderen Charakteristikum Israels konfrontiert – dem Leben im Ausnahmezustand: in Sderot fallen im Durchschnitt vier Raketen pro Tag, die vom Gazastreifen aus abgefeuert werden. In sehr persönlichen Gesprächen erzählten die Schülerinnen und Schüler von ihren Einstellungen zu den Palästinensern und gewaltfreien Lösungsansätzen, aber auch von beruflichen Zielen und ihren Wünschen für die Zukunft. Auf dem Weg zurück nach Jerusalem hielten die Stipendiaten auch in Beer Sheva und sprachen dort mit Studierenden des Zentrums für Europäische Studien der Ben Gurion Universität über die Frage, wie die junge Generation in Deutschland und Israel zur Europäischen Union steht. Im Dialog mit den Studierenden wurde deutlich, dass die EU trotz ihrer heftigen Kritik an Israels Siedlungspolitik als sehr positiv wahrgenommen wird. Nach einem informativen Vortrag über Klima- und Energiepolitik im Negev und den Möglichkeiten nachhaltiger Wirtschaft in Beer Sheva setzten sich die Stipendiaten mit dem Einfluss staatlicher und nicht-staatlicher Akteure im Nahen Osten und den Gründen für Israels großes Sicherheitsbedürfnis auseinander. Am Beispiel des Bürgerkriegs in Syrien vermittelte Dr. Benedetta Berti vom Institute for National Security Studies den Teilnehmern einen Eindruck vom Einfluss des Arabischen Frühlings auf die Stabilität der Region.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Friedensverhandlungen sprachen die Stipendiaten am folgenden Tag mit Dr. Ben Mollov von der Bar-Ilan Universität über Schwerpunkte der Konfliktforschung in Deutschland und Israel. Dr. Mollov sprach sich für die Möglichkeit eines auf interreligiösen Elementen basierenden Dialogs zwischen Israelis und Palästinensern aus, der durch das Identifizieren von (religiösen) Gemeinsamkeiten das gegenseitige Verständnis und den Respekt füreinander fördern soll. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmer mit Prof. Dr. Dr. Dr. hc. Dieter Vieweger, dem Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaften des Heiligen Landes in Jerusalem und Amman, über die Bedeutung von Traditionen und die Rolle religiöser Stätten im Nahostkonflikt.

(Nach dieser Diskussionsrunde wurde das Programm von der KAS Ramallah in den Palästinensischen Gebieten fortgesetzt.)

Insgesamt war das Programm ein großer Erfolg. Durch den intensiven Dialog mit Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft gewannen die Teilnehmer tiefe Einblicke in den Charakter der deutsch-israelischen Beziehungen, in die verschiedenen Perspektiven zum Israel-Palästina-Konflikt und die aktuellen Friedensverhandlungen und nicht zuletzt in die Konfliktlinien innerhalb der Region. In den kommenden Monaten werden die Stipendiaten Aufsätze zu den im Rahmen der Studienreise diskutierten Themenfeldern verfassen. Diese Beiträge stellen die Basis für die von der KAS Israel geplante Publikation zum bevorstehenden 50-jährigen Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel dar.

Stefanie Friese

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