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Veranstaltungsberichte

Sport darf nicht als Druckmittel der Politik missbraucht werden

Niersbach: WM 2022 wird in Katar stattfinden

Sepp Herberger hätte es der gleichermaßen illustren wie prominenten Runde sicher nicht übelgenommen. Aber seiner legendären Erkenntnis, wonach ein Fußballspiel 90 Minuten dauert, widersprachen sowohl Bundestagspräsident Professor Norbert Lammert, wie auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Eberhard Gienger und Christoph Metzelder mehr oder weniger deutlich. Längst hat ihrer Meinung nach der Fußball den Platz verlassen und geht in der Politik in die Verlängerung. Aktuelles Beispiel: die Diskussionen um einen möglichen Boykott der Weltmeisterschaft in Russland und Katar.

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Niersbach: Doppelvergabe war ein Fehler

Vor dem Hintergrund des aggressiven Vorgehens Russlands gegen die territoriale Integrität der Ukraine mutmaßte Niersbach, dass die Entscheidung am 19. Dezember 2008 durch das FIFA-Exekutivkomitee mit dem Kenntnisstand von heute sicherlich eine andere gewesen wäre. „Wir beobachten die Entwicklung in Russland mit großer Sorge“, so Niersbach. Noch deutlicher wurde er hinsichtlich des geplanten Turniers 2022 in Katar. „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte“, sagte er. Nicht nur die zu erwartende Hitze sei bekanntlich ein Problem, sondern auch die geringe Größe des Landes. Katar ist mit nur 11.ooo Quadratkilometern deutlich kleiner als zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. „Wir machen ja auch kein Pokalfinale auf Rügen“, so Niersbach. Insgesamt sei die Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 im Nachhinein ein Fehler gewesen, auch weil sie Allianzen unter den Bewerbern ungewollt gefördert und Gerüchte um Mauscheleien begünstigt habe. Befragt danach, ob denn tatsächlich in acht Jahren in dem Wüstenstaat gespielt werden wird, antwortete Niersbach – anders im Übrigen als Lammert - dennoch mit einem klaren „Ja“.

Sport darf sich von der Politik nicht instrumentalisieren lassen

Niersbach erteilte einer Instrumentalisierung des Fußballs für politische Zwecke eine Absage. Fußball dürfe niemals als Druckmittel in der Politik missbraucht werden. „Der Sport kann keine Lösung herbeiführen, wenn die Politiker versagen“, sagte Niersbach. Auch für Lammert taugen Sportereignisse wie Olympische Spiele und die Fußball-WM nicht zu politisch-pädagogischen Zwecken. Nur ungern erinnert er sich heute noch an die Spiele in Peking. Trotz anderslautender Versprechen der chinesisches Führung auf Drängen westlicher Staaten das Land zu öffnen und Menschenrechte zu stärken, sei nach Erlöschen der olympischen Flamme ganz schnell wieder „business as usual“ eingekehrt.

Trotzdem sieht Lammert durchaus Themen und Situationen rund um den Sport, aus denen sich die Politik nicht heraushalten darf: zum Beispiel die Sicherheit in und um die Stadien, Doping oder Wettbetrug. Und vielleicht kann der Sport im Optimalfall sogar dabei helfen, politische Konflikte abzuschwächen und die Kommunikation zwischen zwei Parteien nicht abreißen zu lassen, gab Gienger, früher selber als Turner aktiv, zu bedenken. Er erinnerte an die Entscheidung der Bundesregierung keine deutsche Mannschaft zu den Spielen 1980 in Moskau zu entsenden. Die einzigen Verlierer seien die Athleten gewesen. Statt die Chance zu nutzen, miteinander ins Gespräch zu kommen und Positionen auszutauschen, sei die Lust auf Olympische Spiele bei Sportlern aber auch bei den Zuschauern leichtfertig zerstört worden, sagte Gienger.

Auch wenn der Sport nicht der verlängerte Arm der Politik sein sollte, so gibt es gerade beim DFB viele gute Projekte, den Horizont der Aktiven über die Grasnarbe hinaus zu weiten und so einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten. Niersbach nannte beispielhaft den Besuch der Nationalmannschaft eines SOS-Kinderheims in Receife oder eine jährliche Exkursion der U18 nach Yad Vashem in Israel. „Wir sehen es als unsere Aufgabe an, dem Nachwuchs auch etwas über die aus dem Zweiten Weltkrieg erwachsene besondere Verantwortung Deutschlands in der Welt mitzugeben“, so der DFB-Präsident. Allerdings, so Metzelder, dürfe man gerade die jungen Spieler auch nicht mit Erwartungen überfrachten.

Die Veranstaltung fand in der Reihe „Vom Glanz und Elend der Öffentlichen Rede“, einer Kooperation der Konrad-Adenauer-Stiftung mit der Norbert Lammert Stiftung statt. Bei vorherigen Ausgaben standen bereits Medien, Recht und Kirche im Mittelpunkt.

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Berlin Deutschland

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