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Veranstaltungsberichte

Mythos Fachkräftemangel. Was auf Deutschlands Arbeitsmarkt gewaltig schief läuft

Vortrag und Podiumsdiskussion

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Zu einer arbeitsmarktpolitischen Veranstaltung hatte des PBF Thüringen der KAS am 1. Oktober nach Jena eingeladen. Der Unternehmer und Autor Martin Gaedt stellte die Thesen seines Buches „Mythos Fachkräftemangel. Was auf Deutschlands Arbeitsmarkt gewaltig schief läuft“ vor. Dabei kritisierte er die seiner Meinung nach schlechte Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit, welche über ein ungenügendes Matching undifferenzierte Empfehlung und Vermittlung vorantreiben würde. Darüber hinaus zeigte er an Beispielen die schlechte Behandlung von Bewerbern bzw. deren Pflege auf, so dass häufig das Signal der Unerwünschtheit erhielten und somit nicht nur eine Region, sondern sogar Deutschland insgesamt verlassen. Zudem seien deutsche Arbeitgeber häufig unflexibel hinsichtlich Arbeitszeitwünschen oder auch Bereitschaft Neuausbildungen bei älteren Bewerbern vorzunehmen. Unter diesem Gesichtspunkten schlussfolgerte Martin Gaedt, dass es keinen Fachkräftemangel gibt, sondern viel mehr selbst herbeigeführte Situationen. Großes Anliegen als Lösungsstrategie war seinerseits die regionale und branchenübergreifende Vernetzung von Unternehmen, damit gut qualifizierte, aber von anderen Unternehmen abgelehnte Bewerber sofort ein positives Signal der Weiterempfehlung in der Region erhielten. Dies geschähe häufig immer nicht, da man Angst vor Stärkung der Konkurrenz hätte, wo doch abgelehnte Bewerber ohnehin zur Konkurrenz gehen müssten. Darüber hinaus müssten Unternehmen innovativer sein hinsichtlich ihrer Bewerbergewinnung, die klassische Anzeige führte immer seltener zur Akquirierung von Personal.

In der anschließend vom Jenaer Bundestagsabgeordneten Albert Weiler moderierten Diskussion, wollten die Podiumsteilnehmer die Vorfälle und Beispiele, welche von Martin Gaedt beschrieben wurden, nicht in Frage, mahnten aber eine differenzierte Betrachtung an, zumal wirtschaftliche Gegebenheiten vor Ort als auch Branchen unterschiedlich sind. Jens Bergner von der VACOM GmbH, ein mittelständisches Unternehmen mit 200 Beschäftigten aus Jena, konstatierte echten Mangel in bestimmten Einzelbereichen, jedoch nicht flächendeckend. Viel größer sei das Problem mit Sozialkompetenz und Unpünktlichkeit, welches der häufigste Abmahnungsgrund in seinem Unternehmen sei. Darüber hinaus könne man nicht in allen Jobbörsen und Netzwerken präsent sein, was allein schon an den horrenden Kosten entsprechender Anzeigen läge. In ähnlicher Weise argumentierte Bernd Mächler aus dem Handwerk, welcher neben den schlechter werdenden Sozial- und Grundkompetenzen auch die Neigung eine Vielzahl der Schüler auf Gymnasium und Studium zu orientieren als Grund für Fachkräftemangel gerade im Bereich duale Ausbildung sah. Daneben können natürlich kleine Betriebe, den Verwaltungsaufwand für Werbung etc. schon organisatorisch nicht leisten, weshalb ihm die Imagekampagne des Deutschen Handwerks gefallen habe, da sie Chancen aufgezeigt hat. Mirko Kolakovic von der Personalberatung K&K HR-Services aus Jena sah ebenso einen Teil der Probleme in der verfehlten Bildungspolitik, die nicht nur Stück für Stück Leistungsanforderungen abschwäche und viel zu viel auf Hochschule orientiere, sondern außerdem kaum die Chancen von Selbständigkeit, Innovation und Unternehmensgründung vermittle. Den Lehrern wollte er dabei weniger den Vorwurf als Politik als auch Elternhäusern machen, wo nun einmal die grundlegende Wertevermittlung zu Sozialkompetenzen erfolgen müsse.

In der facettenreichen Diskussion wurden ebenso die Aspekte Teilzeit, Ausbildung und Familienfreundlichkeit erläutert. Eberhard Hertzsch, Werkleiter von Jenarbeit wollte aus Sicht der Arbeitsverwaltung, die gerade mit geringer Qualifizierten und Langzeitarbeitslosen arbeitet festhalten, dass Handwerk und Duale Ausbildung für diese Arbeitssuchenden die besten Chancen bieten, welche auch gegeben werden müssten. Unter diesem Gesichtspunkt verwies er auch auf das Potenzial von Zuwanderern und Flüchtlingen. Nach über 2 Stunden endete eine vielfältige Diskussion, die sich sachlich und reich an Fachwissen und Argumenten entlang der Zuspitzungen von Martin Gaedt entwickelte.

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