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Länderberichte

Zentralamerikanisches Freihandelsabkommen mit den USA (CAFTA)

von Reinhard Willig

Noch steht die Unterschrift Costa Ricas aus

Am 18. Dezember 2003 erklärten in Washington vier zentralamerikanische Regierungen (El Salvador, Guatemala, Nicaragua und Honduras) die Verhandlungen um ein gemeinsames Freihandelsabkommen mit den USA für abgeschlossen. Costa Rica – das Land mit den besten wirtschaftlichen Bedingungen in Zentralamerika - sah sich außerstande, den erzielten Ergebnissen zuzustimmen.

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Der definitive Vertragstext soll im Februar vorliegen und beinhaltet u.a. bei Inkrafttreten die Beseitigung sämtlicher Handelsbarrieren für ca. 85% der industriellen und landwirtschaftlichen Produkte innerhalb der nächsten 15 bis 20 Jahre, sieht einen Markenschutz vor und enthält ein Quoten- bzw. Tarifsystem zum Schutz sensibler Produkte. Betroffen ist ein Markt von 33 Millionen Menschen und einem Handelsvolumen von rd. 22 Milliarden US-Dollar jährlich.

Im April ist die Unterzeichnung des Dokuments durch die jeweiligen Präsidenten geplant. Anschließend erfolgt die notwendige Ratifizierung durch die nationalen Parlamente. Eine Verabschiedung durch den amerikanischen Kongress soll noch vor Juli erreicht werden, um eine Politisierung im Rahmen des Wahlkampfes der USA (Wahlen im November 2004) zu verhindern.

Die sehr professionell ausgerichtete Verhandlungsdelegation Costa Ricas will Nachbesserungen bei den Verhandlungsergebnissen bis Ende Januar 2004 zum Abschluss bringen, wobei die amerikanische Seite bereits erklärte, dass die mit den übrigen zentralamerikanischen Regierungen bereits erzielten Ergebnisse nicht wesentlich verändert werden dürfen. Ein Freihandelsvertrag sei auch ohne Costa Rica denkbar.

Für die Verschiebung der Unterschrift Costa Ricas erscheinen u.a. folgende Aspekte von Bedeutung:

  • Costa Rica beteiligte als einziges Land Vertreter gesellschaftlicher Interessengruppen (darunter der Staatsmonopole) an den Verhandlungen, die Druck auf die Delegation ausübten, das vorliegende Verhandlungsergebnis nicht zu akzeptieren,
  • die besondere Monopol-Situation auf dem Telekommunikations- und Versicherungsmarkt gegenüber den anderen zentralamerikanischen Staaten erfordert besondere Vertragsbestimmungen (z.B. Übergangszeiten). Costa Rica ist das einzige Land der Region, das keinen Wettbewerb auf dem Telekommunikations- und Versicherungssektor erlaubt,
  • der immer noch starke Widerstand im Lande gegen jegliche Beseitigung der staatlichen Monopole (Umfragen ergeben , dass rd. 40% der Bevölkerung gegen eine wirtschaftliche Öffnung ist) erfordert aus taktischen Gründen medienwirksame Anstrengungen der Verhandlungsdelegation zur Verbesserung der Ergebnisse,
  • das Vertrauen in eine starke Verhandlungsposition aufgrund der Einschätzung, dass die Einbeziehung Costa Ricas in das Vertragswerk eine besondere Rolle für die Verabschiedung im amerikanischen Kongress spielt.

Themen für Nachbesserungen seitens der Verhandlungsdelegation Costa Ricas sind: Öffnung des Dienstleistungssektors sowie des Textil- und Agrarsektors. Speziell im Telekommunikations- und Versicherungssektor gibt es Differenzen zwischen den USA und Costa Rica bezüglich des Zeitpunktes der Marktöffnung. Während Costa Rica eine graduelle, selektive und regulierte Öffnung über fünf Jahre anbietet - im Falle der Telekommunikation die Bereiche Internet, Mobiltelefone und private Datennetze und im Falle der Versicherung Fortführung der Monopole für Sozialversicherungen und die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde für die restlichen Versicherungen -, fordern die USA eine selektive Öffnung mit Inkrafttreten des Freihandelsvertrages. Im Agrarsektor handelt es sich im wesentlichen um acht Produkte (darunter Rind-, Schweine- und Hühnerfleisch, Kartoffeln, Öle, Zucker, Zwiebeln, Reis). Im Textilbereich geht es vorrangig um verbesserte Exportbedingungen für Wolle und Baumwollprodukte.

Es besteht in den politischen Entscheidungsgremien Costa Ricas eine weitgehende Einigung, dass das voraussichtlich Anfang Februar nachverhandelte Verhandlungsergebnis auch vom Parlament verabschiedet wird. Zu wichtig ist eine Beteiligung des Landes am internationalen Handel, Verbesserung seiner Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit sowie Attraktivität für Auslandsinvestitionen. Bislang exportieren rd. 1.600 Unternehmen aus Costa Rica (davon ca. 2/3 Klein- und Mittelunternehmen) Produkte für rd. 2,8 Mrd. US-Dollar in die USA. Der Zugang zum US-amerikanischen Markt erfolgt unter dem Schutz eines Handelsabkommens mit der Karibik, an dem Costa Rica teilnimmt und dass im nächsten Jahr ausläuft.

Es wurden bereits konkrete Maßnahmen auf den parlamentarischen Weg gebracht, um die Öffnung des Telekommunikations- und Versicherungsmarktes in Costa Rica zu erleichtern. Der Widerstand des Agrarsektors weicht durch die baldige Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens mit der karibischen Wirtschaftsgemeinschaft CARICOM (15 Staaten, 13 Millionen Einwohner, Exportvolumen von 100 Millionen US-Dollar jährlich für Costa Rica) zunehmend auf. Speziell für landwirtschaftliche Produkte wird hier aufgund des strukturellen Defizits im CARICOM an Nahrungsmitteln ein großes Potential gesehen. Tatsächlich stiegen die Exporte Costa Ricas in diese Region im letzten Jahr um rd. 13%.

Costa Rica betont immer wieder, dass es aus dem CAFTA nicht ausgeschert ist, doch nutzen die Gegner des Abkommens dies, um den Vertrag doch noch im Kongress der USA zu Fall zu bringen. Von den Gegnern des CAFTA wird der politische Charakter der Bemühungen der USA (politische Stabilität an ihrer Südflanke) herausgehoben: zum einen die angebliche außenpolitische Unterstützung der USA im Tausch für wirtschaftliche Zugeständnisse, zum anderen das Aufbrechen einer gemeinsamen lateinamerikanischen Verhandlungsfront unter Führung der Brasilianer durch den Abschluss eines regionalen Teil-Freihandelsvertrag mit Zentralamerika.

Bereits Anfang Oktober 2003 hatte der zuständige Außenhandelsvertreter der USA, Robert Zoellick anlässlich eines Besuchs in Costa Rica darauf hingewiesen, dass der Freihandelsvertrag kaum dem amerikanischen Kongress zur Verabschiedung vorgelegt werden könne, wenn Themen - wie die Öffnung des Telekommunikationsmarktes - nicht im Text vorkommen würden. Dabei gehe es angesichts der Vernetzung mit der Sozialpolitik nicht um die Privatisierung, sondern um die Öffnung und Nutzung ihrer handelspolitischen Vorteile. Trotz der politischen Polemik um die Bemerkungen Zoellicks, wurde die zugrundeliegende Problematik der Öffnung der bisherigen Staatsmonopole auf dem Telekommunikations- und Versicherungsmarkt bereits in breiter Front in der Gesellschaft diskutiert.

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Dr. Werner Böhler

Dr

Leiter des Auslandsbüros in Costa Rica und Panama

werner.boehler@kas.de +506 2296 6676

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