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„Das wird die Situation für Tsipras ungemein erschweren“

Susanna Vogt, Leiterin des KAS-Büros in Athen, zu den Folgen des Referendums

Susanna Vogt, Leiterin des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Athen, geht davon aus, dass das Ergebnis des Referendums die griechische Regierung zunehmend unter Druck setzen wird. Die Menschen hätten jetzt sehr hohe Erwartungen an den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras, sagte sie im Gespräch mit Claudia Kling von der Schwäbischen Zeitung.

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Frau Vogt, das Referendum ist so ausgegangen, wie es sich die griechische Regierung gewünscht hat, dennoch ist Finanzminister Varoufakis überraschend zurückgetreten. Eine gute Nachricht?

Diese Nachricht wurde auch hier in Athen überrascht aufgenommen. Vonseiten der Regierung hieß es dann aber gleich, das sei eine Forderung der Eurogruppe gewesen. Nichtdestotrotz ist es eine gute Nachricht. Denn nach der atmosphärisch sehr schwierigen Woche vor dem Referendum wäre es kaum denkbar gewesen, dass die Finanzminister der Eurozone mit Varoufakis wieder zu einem normalen Verhandlungsmodus finden würden.

Wie bewerten Sie den Sieg von Ministerpräsident Alexis Tsipras beim Referendum? Ist es auch längerfristig ein Sieg?

Auf kurze Sicht ist Tsipras innenpolitisch vermeintlich gestärkt. Aber längerfristig wird er unter größeren Druck geraten. Die Menschen in Griechenland haben sehr hohe Erwartungen an das, was die Regierung mit dem starken Mandat des Volkes erreichen soll bei ihren Verhandlungen in Brüssel. Das wird die Situation für Tsipras ungemein erschweren. Auf europäischer Ebene hat er durch das Referendum ohnehin weiter an Glaubwürdigkeit verloren.

Trotz des eindeutigen Ergebnisses beim Referendum darf man ja nicht vergessen, dass 40 Prozent für die Sparvorgaben waren. Wie hält die griechische Gesellschaft diese Spaltung aus?

Die Griechen gehen seit fünf Jahren durch schwierige Phasen des Reformprozesses. Und die vergangenen fünf Monate waren noch einmal schwieriger als die Zeit davor. Es ist eine unglaubliche emotionale Achterbahnfahrt für die Menschen, die das in ihrem Alltag unmittelbar betrifft. Die Leute sind einfach müde und erschöpft. Nach dem ersten Jubel schauen sie jetzt gebannt auf die Reaktionen, die das Ergebnis des Referendums hervorruft. Auch dieses erneute Warten lähmt die Bevölkerung.

Hat sich der griechische Alltag am Tag nach dem Referendum bereits verändert? Gibt es beispielsweise wieder mehr Geld an den Bankautomaten?

Nein, die Situation ist letztlich wieder so, wie sie am vergangenen Samstag war. Die Menschen haben sich sofort wieder an den Geldautomaten angestellt, um an Bargeld zu kommen. Ihre Sorgen sind sogar eher noch gewachsen, weil unklar ist, wie lange die Europäische Zentralbank noch für die Liquidität der Banken sorgt. Bis Mittwochmorgen reicht das Geld vermutlich noch.

Welchen Weg wird die griechische Regierung nun einschlagen, um wieder an Geld zu kommen? Wird der Ton versöhnlicher oder noch aggressiver werden?

Die Regierung hat sicherlich ein Interesse daran, einen versöhnlicheren Kurs zu fahren, weil sie dem Volk eine Einigung mit den Geldgebern versprochen hat – und das innerhalb von 48 Stunden nach dem Referendum. Das scheint sehr optimistisch, weil nicht erkennbar ist, wie ein Ergebnis zustande kommen soll, das für die Griechen besser ist als dasjenige von vor zwei Wochen. Die Verhandlungen fangen unter anderen Rahmenbedingungen wieder ganz bei null an.

Wie erklären Sie Ihren griechischen Freunden und Kollegen in Athen die Haltung der Institutionen?

Das ist natürlich ein Streitthema, nicht nur zwischen Griechen und ausländischen Gästen, das ist auch ein Streitthema innerhalb griechischer Familien. Unser Ziel als KAS ist es, den Menschen hier zu erklären, aus welchen Gründen bestimmte Positionen in Deutschland und auf Ebene der EU vertreten werden. Griechenland hat mit dem Referendum einen starken innenpolitischen Punkt gemacht, aber dennoch sollte es möglich sein, dass es auf die europäische Kompromissebene zurückfindet.

Ist Griechenland seit Sonntag dem Grexit wieder einen Schritt näher?

Die Gefahr eines Austritts per Unfall hat sich weiter erhöht. Wir sind in einer Phase, in der das Land ganz akut keine Liquidität mehr hat. Und die EZB hat nur noch einen sehr beschränkten Handlungsspielraum, innerhalb dessen sie Griechenland weiter unterstützen kann. Aus dieser Situation heraus kann sich rasch eine weitere negative Entwicklung ergeben.

Mit freundlicher Unterstützung der Schwäbischen Zeitung

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Referent für Südliches Afrika / Medien / Parteien in Subsahara-Afrika

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