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Veranstaltungsberichte

Kommunale Sicherheitspolitik "nach Köln"

Experten tagten in Essen

Experten aus Politik, Polizei, den Ordnungsbehörden und der Wissenschaft tauschten sich über die Ereignisse der Kölner Silvesternacht und deren Folgen in Essen aus.

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Professor Winter von der FH für Öffentliche Verwaltung des Landes NRW führte mit grundlegenden Gedanken in die Tagung ein. Er schilderte neue Herausforderungen für die urbane Sicherheit, die auch durch die Flüchtlingskrise des vergangenen Jahres und den islamischen Terror ausgelöst seien. Anschließend plädierte er für einen erweiterten Sicherheitsbegriff, der außer den Polizei- und Ordnungsbehörden auch andere Akteure mit einschließt.

Professor Haverkamp von der Universität Tübingen schilderte die Entwicklung der Zuwanderung nach Deutschland und erläuterte darauf den entscheidenden Stellenwert der Bildung für die Integration, wobei der Bildungsgrad durchaus bei den Einwanderungsgruppen sehr heterogen ausfällt. So seien Iraker meistens schlecht gebildet, Syrer hingegen gut; doch sei die Bildung der Frauen bei allen Zuwanderergruppen aus dem arabischen Raum eher unterdurchschnittlich. Sie griff die aktuellen Umfragen zum Thema Zuwanderung auf, die zeigen, dass die Bevölkerung durchaus unzufrieden mit der Flüchtlingspolitik ist (65%) und Sorge über einen zu starken Einfluss des Islams habe (56%, ARD-Deutschlandtrend 2016). Als Schlüsselfaktoren für eine gelungene Integration und damit in der Regel auch Kriminalprävention nannte sie Bildung, Ausbildung und Arbeit. Anschließend zitierte Professor Haverkamp die "Kölner Erklärung" von sechs Großstädten aus NRW und erläuterte Beispiele zur Kriminalprävention im Umgang mit Flüchtlingen.

Das anschließende Panel eröffnete Christian Kromberg, Leiter des Ordnungsdezernats der Stadt Essen, mit einem Überblick über die Sicherheitslage der Großstadt. Er konstatierte ein beeinträchtigtes Sicherheitsempfinden der Bevölkerung, aber Essen sei eine sichere Stadt. Es gebe keine No-Go-Areas. Zur Verbesserung der Kooperation habe das Ordnungsamt mit der Polizei einen Kooperationsvertrag geschlossen, der auch eine Koordinierungsstelle beinhalte. Zur besseren Präsenz im öffentlichen Raum werde die kommunale Doppelstreife von zwölf auf 36 Mitarbeiter erhöht; zudem setze die Stadt auch auf private Sicherheitsdienste. Abschließend mahnte Kromberg an, dass die Justiz den wehrhafte Rechtssaat auch verkörpern müsse, um Abschreckung zu erzielen.

Gregor Golland MdL sprach von einem "Schweigegebot", das vor der Silvesternacht geherrscht habe: Die tatsächlichen Probleme hätten nicht benannt werden dürfen ("Angriff auf die Willkommenskultur"), vor allem nicht, dass Flüchtlinge in großer Zahl zu Straftätern werden könnten. Er forderte eine konsequente Abschiebung von Tätern, die aber in der Regel unterbleibe. Die Silvesternacht habe darüber hinaus international verheerend gewirkt; zum Teil sei der Widerstand osteuropäischer EU-Länder zur Aufnahme von Flüchtlingen auch auf diese Ereignisse zurückzuführen.

Wolfgang Wurm, Präsident der Bundespolizeidirektion in Sankt Augustin, schilderte den zeitlichen Ablauf der Silvesternacht und analysierte die Kernprobleme des Polizeieinsatzes. Als Konsequenz aus den Fehlern müsse zukünftig ein Gesamtsicherheitskonzept erstellt werden, es müsse deutlich vor Großereignissen Problemgruppen identifiziert und neutralisiert werden und die Abstimmungsprozesse Bund/Landespolizei müssten verbessert werden. Köln sei ein "Ruck" gewesen.

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, stellte zu Beginn die hypothetische Frage, welcher mediale Aufschrei durch das Land gegangen wäre, wenn die Polizei am Silvestertag die Maßnahmen ergriffen hätte, die zur Verhinderung der späteren Straftaten notwendig gewesen wären. Jeder einzelne Polizeibeamte habe in dieser Nacht sein bestes gegeben, und insofern fühle sich mancher Polizist durch die Kritik aus den Reihen der Politik verraten. Ähnlich wie Golland vermutet Wendt eine Art unausgesprochene "Schweigeverpflichtung" für die Polizei durch Teile der Politik frei nach dem Motto "wer nichts sagt kann auch nichts falsch machen". Doch man müsse sich ehrlich machen und die Dinge so benennen wie sie sind. Die Straftaten an Silvester hätten auch nichts mit mangelnder Integration zu tun, denn auch in den arabischen Herkunftsländern der Täter gelten ähnliche Verhaltensregeln und Verbote. Jenseits der Kölner Ereignisse thematisierte Wendt die verfestigten Strukturen der OK bei arabischen Großfamilien in Berlin. Das staatliche Gewaltmonopol erodiere. Vor allem die Justiz sah er in der Pflicht, denn es sei nichts frustrierender für die Polizei als wenn sie Täter, die am Vortag verhaftet worden seien, am übernächsten wieder frei seien. In Bayern sei die Justiz in ihren Urteilen deutlich härter. Es seien deutliche Signale an diesen Täterkreis notwendig. Über das Gelingen der Integration äußerst Wendt sich äußerst skeptisch. Es habe sich im übrigen eine "Industrie" entwickelt, die Abschiebungen verhindere (Anwälte, Ärzte, Flüchtlingsorganisationen). Zudem habe das Land Berlin nicht einen Abschiebehaftplatz, da die entsprechende Anstalt geschlossen sei.

In der Diskussion wurde moniert, dass die illegale Einreise oder die Einreise ohne Papiere justiziell in der Regel ohne Folgen bliebe. Sogar das BAMF reagiere nicht bei offensichtlichen Passfälschungen. Häufig würde nur registriert, aber nicht identifiziert. Es ei ein Fehler, dass Personen ohne oder mit falschen Papieren nicht verhaftet worden seien. Sie hätten bis zur Identitätsfeststellung festgehalten werden müssen. Asylsuchende, die straffällig würden, müssten bis zur Beendigung des Asylverfahrens in Haft (Wendt).

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