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Chinas Einfluss wird eher wachsen

Wirtschaftliche Neuorientierung Pekings - Auswirkungen für Lateinamerika

Mit keiner anderen Weltregion haben sich die Wirtschaftsbeziehungen Chinas in den letzten Jahren so rasant entwickelt wie mit Lateinamerika. Diese fortschreitende ökonomische, aber auch politische Verflechtung macht sich in Lateinamerika auf direkte als auch in indirekter Weise bemerkbar. Nicht nur aus geopolitischen Erwägungen, sondern auch im Hinblick auf die eigenen wirtschaftlichen Interessen muss das Verhältnis lateinamerikanischer Länder zur Volksrepublik China analysiert und neu definiert werden.

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Anlass genug, sich vertieft mit dem Verhältnis zwischen Lateinamerika und der Volksrepublik China im Rahmen eine Konferenzreihe auseinanderzusetzen. Im Anschluss an die erste Konferenz im November 2015 („China und Lateinamerika: Multidisziplinäre Ansätze einer komplexen Beziehung“) fanden sich deshalb am 13. Oktober 2016 zahlreiche Konferenzteilnehmer und internationale Experten in der chilenischen Hauptstadt Santiago ein, um in der „Casa Central“ der Universität Chile bereits Erörtertes zu vertiefen sowie das Thema „Chinas wirtschaftliche Neuorientierung: Auswirkungen für Lateinamerika“ eingehend zu beleuchten.

Ziel dieser Tagungsreihe ist es, kritische Diskussionen über die Beziehungen zwischen den beiden Weltregionen, in erster Linie auf politischer und ökonomischer, aber auch auf zivilgesellschaftlicher Ebene, anzuregen. Mittelfristig soll durch die vertiefte Auseinandersetzung eine Kooperation „auf Augenhöhe“ zwischen Lateinamerika und der Volksrepublik China gefördert werden, um wirtschaftliche sowie geopolitische Stabilität zu gewährleisten. Die vom Regionalprojekt SOPLA der Konrad-Adenauer Stiftung in Kooperation mit dem Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) veranstaltete Konferenz sprach insbesondere wirtschaftliche sowie politische Entscheidungsträger, Studenten sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen an. Thematischer Schwerpunkt der Konferenz war unter anderem das nachlassende Wirtschaftswachstum der Volksrepublik Chinas und die sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die lateinamerikanischen Volkswirtschaften.

 

Eröffnet wurde die Konferenz durch David Gregosz, dem Leiter des Regionalprojekts SOPLA, das sich insbesondere mit wirtschaftspolitischen Fragestellungen in Lateinamerika beschäftigt. Gregosz zeigte in seinem einführenden Vortrag den rund 200 Konferenzteilnehmern die aktuellen Veränderungen und die damit verbundenen Herausforderungen in den chinesisch-lateinamerikanischen Beziehungen auf, die sich insbesondere durch den deutlichen Rückgang des Wirtschaftswachstums der Volksrepublik China ergeben. Zwar sprach David Gregosz auch die Neupositionierung Pekings auf der Weltbühne und die sich hieraus entstehenden geopolitischen Veränderungen an, plädierte allerdings dafür, diese nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als politische Gestaltungschance zu begreifen.

Das mit der Konjunkturschwäche der Volksrepublik Chinas einhergehende nachlassende Wirtschaftswachstum, welches im vergangenen Jahr auf ein 25-Jahres Tief fiel, wurde anschließend eingehend analysiert, wobei betont wurde, dass hierin nicht zwangsläufig eine dauerhafte konjunkturelle Krise, sondern vielmehr eine „Korrektur hoher Erwartungen“ zu verstehen sei.

Referent Sergio Cesarin (Universität Nacional de Tres de Febrero, Argentinien) führte die nachlassenden Wachstumsraten darauf zurück, dass sich China mitten in einer Transformation von einem auf Investitionen in die Schwerindustrie basierenden Wirtschaftsmodell zu einem auf Dienstleistungen und Binnenkonsum basierenden System befinde. Zweck des chinesischen Reformprozesses ist es, das Land als eine Wirtschaftsnation mit technologisch-industriellem „Know-How“ zu etablieren. Wu Guaping (Universidad de Ciencias y Tecnologia del Suroeste, China) betonte im Anschluss, dass der durch den Reformkurs eingeleitete Übergang wegen dem demographischen Wandel und der „Ein-Kind-Politik“ notwendig sei. Beide Faktoren verhinderten, dass China weiterhin die „Werkbank der Welt“ sein könne. Dies, so Wu Guaping, sei ein Grund, weshalb sich das Wirtschaftswachstum auf moderatere Zuwächse reduziere. Wu Guaping mahnte jedoch an, dass China trotz dessen ein stabiles Wirtschaftswachstum von rund sieben Prozent benötige, um Menschen in den Arbeitsmarkt zu intergieren (Universitätsabsolventen, Stadtzuzügler).

Der anschließende, von Pamela Aróstica, Direktorin des Netzwerks „China y America Latina: Enfoques Multidisciplinarios“ (REDCAEM), moderierte Themenblock zum Thema „China y los actores tradicionales en Latinoamerica“ wurde von Prof. Walter Sanchez (Universidad de Chile) eröffnet. Prof. Sanchez diskutierte insbesondere geopolitische Fragestellungen hinsichtlich der Konkurrenzbeziehung zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, auf deren Wirtschaft die lateinamerikanischen Länder traditionell ausgerichtet waren, und der Volksrepublik China, die für Lateinamerika zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Gerade in Lateinamerika zeichnen sich daher schon jetzt die Konturen einer zukünftigen multipolaren Weltordnung ab, so Sanchez. Diese Überlegungen griff Francisco Urdinez (Universidad São Paulo /King’s College) auf, der seine Doktorarbeit zum Thema „El liderazgo económico chino y la hegemonía de Estados Unidos en America Latina, vorstellte. Nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern selbstverständlich auch die Europäische Union sieht sich geopolitischen Veränderungen ausgesetzt und kann daher keine exklusive Beziehung zu Lateinamerika geltend machen, sondern konkurriert vermehrt mit China um Marktanteile sowie politischen Einfluss, so Detlef Nolte, Vizedirektor des Instituts für Lateinamerika-Studien (GIGA) in Hamburg. Dennoch betonte Nolte, dass die EU zwar relativ an wirtschaftlicher Bedeutung verloren habe, allerdings weiterhin zweitwichtigster Handelspartner Lateinamerikas hinter den USA bleibe.

In dem anschließenden Panel folgten vertiefende Vorträge zu den chinesisch-lateinamerikanischen Beziehungen, wobei auch einzelne Länder, wie Chile (Alberto Cañas), Brasilien (Prof. Francisco Luiz Corsi) und Argentinien (Prof. Leonardo Stanley) und deren bilaterale Beziehung zu China vorgestellt wurden. Diskussionsrunden mit dem stets gut gefüllten Plenum ergänzten die Expertenvorträge.

Autor: Christoph Blüm

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