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von Constanze Brinckmann

Erster Deutsch-Französischer Kommunalkongress der Konrad-Adenauer-Stiftung in Moulins

Vom 9. bis 10. Februar war Moulins-sur-Allier Gastgeberin des ersten Deutsch-Französischen Kommunalkongresses von Konrad-Adenauer-Stiftung und der Fédération des Élus Bourbonnais. Im Fokus der Fachkonferenz stand neben dem Thema „Währungsunion und kommunale Haushalte“ der Austausch zwischen deutschen und französischen Kommunalpolitikern über aktuelle Herausforderungen. François Villeroy de Galhau, Gouverneur der französischen Notenbank, unterstrich in seiner Rede die Bedeutung eines stabilen Euros für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft in den Gebietskörperschaften sowie im gesamten Euroraum.

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Bis ins 16. Jahrhundert residierten die Herzöge von Bourbon in Moulins, damals Hauptstadt der Provinz Bourbonnais und politisches Zentrum der Region. Heute wandelt nicht der französische Adel, sondern spazieren rund 150 Teilnehmer des Deutsch-Französischen Kommunalkongresses durch die kleine Stadt am rechten Ufer des Flusses Allier, darunter amtierende und ehemalige Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Experten aus Deutschland, Frankreich und Österreich. Durch den historischen Stadtkern geht es vorbei an der Kathedrale Notre-Dame und dem musée Anne de Beaujeau zur frisch renovierten salle des fêtes. „Moulins ist heute nicht nur die Hauptstadt Frankreichs, sondern auch die Hauptstadt Europas“, sagt Bruno Roujouan, als Präsident der Association des Maires de l’Allier" verantwortlich für 317 Gemeinden und ihre Bürgermeister im Département, gleich zu Beginn der Konferenz. Damit spielt er auf die zeitgleich zum Kommunalkongress gastierende Abschiedstour von Staatspräsident François Hollande in Moulins, heute Sitz der Präfektur des Départements Allier, an. Am 23. April findet in Frankreich der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl statt. Wird der rechtsextreme Front National diese Wahl gewinnen und Spitzenkandidatin Marine Le Pen den Sozialisten Hollande an der Spitze Frankreichs ablösen? Man möchte sich dieses Szenario für Frankreich nur ungern ausmalen, dennoch wird auch dieses Thema am Rande des Kongresses diskutiert. Wie wichtig der Austausch zwischen deutschen und französischen Kommunalverantwortlichen gerade in diesen politisch turbulenten Zeiten ist, wird schnell deutlich. Die Gebietskörperschaften in beiden Ländern stehen vor großen Herausforderungen. „Die Lage der kommunalen Finanzen ist besorgniserregend“, stellt Nicole Tabutin, stellvertretende Bürgermeisterin von Moulins, fest. Der gemeinsame Austausch in Moulins sei umso notwendiger, um zusammen neue Strategien zu entwickeln, wie deutsche und französische Gebietskörperschaften in Zeiten schrumpfender Investitionsspielräume auch in Zukunft handlungsfähig bleiben können.

 

 

 

Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede

Die Struktur der Kommunalfinanzen in Deutschland und Frankreich: Der erste Konferenztag startet gleich mit einem äußerst komplexen Thema und beschert uns noch vor der ersten Kaffeepause termini technici wie Selbstverwaltungsspielraum, Konnexitätsprinzip und Kostendeckungsgrad sowie Problemstellungen, die sich mühelos als Thema für eine ganze Promotionsarbeit eignen würden. Die Gegenüberstellung der Gemeindefinanzsysteme in den beiden Ländern ist zu diesem Zeitpunkt jedoch von großer Wichtigkeit, da sie die Grundlage für die anschließenden Diskussionen bildet. Dies machen Prof. Dr. Ludger Sander und Yves Simon in ihren Vorträgen überdeutlich. Es zeigt sich, dass trotz länderspezifischer Unterschiede die Grundstrukturen und Herausforderungen auf kommunaler Ebene sich sowohl im föderalen Deutschland als auch im zentralistisch geprägten Frankreich sehr ähneln. Zu den grundlegenden Ähnlichkeiten gehört die administrative Unterteilung des Staates in mehrere Ebenen (Bund/Länder/Kommunen bzw. régions/départements/communes) sowie ein komplexes Gemeindefinanzsystem mit einer Vielzahl von Steuern, Abgaben und Gebühren. Die Gebietskörperschaften in den jeweiligen Ländern unterscheiden sich hinsichtlich Größe und Wirtschaftskraft z.T. erheblich voneinander. Um das Vermögensgefälle auszugleichen und eine gewisse Gleichstellung der Gebietskörperschaften zu ermöglichen, ist ein Finanzausgleich zwischen nationaler und kommunaler Ebene bzw. zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen essentiell und daher in beiden Ländern in der Verfassung verankert. Weiterhin kämpfen deutsche wie französische Kommunen mit der Abwanderung junger und gut ausgebildeter Menschen in die Großstädte sowie trotz einer verfassungsrechtlichen Garantie auf kommunale Selbstverwaltung gegen zunehmende Einflussnahme des Staates. Schließlich macht der schrumpfende Investitionsspielraum u.a. durch die Kürzung öffentlicher Mittel und sinkende Privatinvestitionen den Kommunen in beiden Ländern zu schaffen.

 

 

„Wir brauchen mutige und erfinderische Kommunalpolitiker“

„Die Kommunen sind nur dann handlungsfähig, wenn sie angemessen finanziell ausgestattet sind“, sagt Peter Götz, Ehrenvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands und Mitglied im Günter-Rinsche-Kreis. Er gibt zu bedenken, dass die Kommunen in Deutschland vom Bund sowie von europäischer Ebene mehr und mehr Aufgaben zugewiesen bekommen, hierfür jedoch oftmals keinen finanziellen Ausgleich erhalten. Hierzu zählen insbesondere die gestiegenen Aufwendungen für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen, der Ausbau von Infrastruktur sowie Sozialausgaben. Götz fordert, dass Bund und Länder ihrer Verantwortung gegenüber den Städten und Gemeinden gerecht werden müssen, so dass auch in den kommenden Jahren eine solide Finanzierung der Kommunen gewährleistet sei. Jean-Pierre Momcilovic, stellvertretender Bürgermeister von Montluçon (mit knapp 38.000 Einwohnern die größte Stadt im Département Allier), sieht die große Heterogenität der Gebietskörperschaften untereinander als eine der zentralen kommunalpolitischen Herausforderungen. Um diese Ungleichheiten bestmöglich auszugleichen, sei es unerlässlich, dass finanzstarke Kommunen den finanzschwächeren unter die Arme greifen. Er gibt jedoch zu bedenken, dass das Finanzausgleichgesetz in Frankreich viel zu kompliziert und die Kriterien, anhand derer eine Kommune als finanzstark oder finanzschwach eingestuft wird, kaum zu durschauen seien. Der Gesetzgeber müsse hier dringend einfachere und transparente Richtlinien schaffen. „Anstelle von komplexen mathematischen Formeln brauchen wir praktische Lösungsansätze und ein gutes Finanzmanagement in den Gebietskörperschaften“, fordert Momcilovic. Petra Roth, von 1995 bis 2012 Bürgermeisterin der Finanzmetropole Frankfurt am Main und Präsidentin des Deutschen Städtetags, unterstreicht in Moulins die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung. Roth, grande dame der deutschen Kommunalpolitik und Autorin des Buches „Aufstand der Städte“, fordert: „Wir brauchen mutige und erfinderische Kommunalpolitiker“. Bürgermeister müssten heute kreativer sein und auch unternehmerisch denken, wenn sie nachhaltig rentabel wirtschaften wollen.

 

 

“Europa steckt in unseren Genen“

Gerade im ländlichen Raum scheint Europa oft weit weg. Annie France Mondelin, Bürgermeisterin der 1200-Seelen-Gemeinde Moulinet, kennt dieses Gefühl. Eine Förderung von Projekten in ihrer Gemeinde scheiterte bisher, da die „Projekte nicht groß genug“ oder „Themen nicht europäisch genug“ gewesen seien. Wie kann der europäische ländliche Raum besser unterstützt werden? Lucien Gonnot, Bürgermeister von Neuilly-le-Réal, nimmt die Kommunen selber in der Pflicht. Ein Großteil der EU-Verordnungen wird heute direkt in den Kommunen umgesetzt, daher müssen die Kommunen sich mit dem Thema Europa verstärkt auseinandersetzen und sich z.B. über Fördermöglichkeiten informieren oder den Austausch mit den Vertretern in Brüssel suchen. „Europa steckt in unseren Genen und wir werden Europa treu bleiben“, so Gonnot weiter. Francois Villeroy de Galhau, Governeur der französischen Notenbank, setzt auch in Zeiten von Euroskepsis und Brexit große Hoffnungen auf unsere gemeinsame Währung. 25 Jahre nach Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht sei Europa ein Erfolgsmodell und der Euro das feste Fundament unserer Wirtschaft. Dieses Fundament, das wir gemeinsam geschaffen haben, dürfe man nicht zerstören. „Wir können stolz auf das sein, was wir mit dem Euro in den letzten Jahren erreicht haben“, so Villeroy de Galhau. Im Kampf gegen die zunehmende Verschuldung sieht er Protektionismus oder den Ausstieg aus dem Euro als den falschen Weg. Er fordert mehr Investitionen in Infrastruktur, Energiewende, Digitalisierung. „Wir brauchen eine kollektive Wirtschaftsstrategie in Europa“, so der Gouverneur der französischen Notenbank weiter.

 

 

Au revoir - Auf Wiedersehen!

„Dieser Kongress ist hoffentlich nur die erste von vielen weiteren Begegnungen“, sagt Gérard Dériot, Senator des Départements Allier und Vorsitzender der Fédération d’Élus Bourbonnais, zum Abschluss der zweitägigen Fachkonferenz in Moulins. Alle Teilnehmer des ersten Deutsch-Französischen Kommunalkongresses sind sich einig, dass man dieses Format auch in Zukunft fortführen und den Dialog aufrechterhalten solle. „Wir müssen diese Freundschaft hegen und pflegen“, so Philipp Lerch, Leiter der KommunalAkademie der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er betont die Bedeutung der Kommunalpolitik als Keimzelle der Demokratie. Die Kommunalpolitik trage eine große Verantwortung und arbeite täglich daran, die Lebensqualität der Menschen in den Städten und Gemeinden verbessern. Die Stärkung der kommunalen Demokratie und die Unterstützung von Kommunalpolitikern z.B. durch Seminare, Themenkurse und Veranstaltungen haben in der Konrad-Adenauer-Stiftung einen hohen Stellenwert. „Politik findet eben nicht nur in Paris statt, sondern auch in der Fläche“, fasst Dr. Nino Galetti, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Frankreich, mit einem großen Dank an alle Mitwirkenden zusammen.

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Philipp Lerch

Philipp Lerch bild

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Rheinland-Pfalz

philipp.lerch@kas.de +49 6131 2016 93 -1
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