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Veranstaltungsberichte

Stadt und Land – unterschiedliche Räume, unterschiedliche Interessen?

Reihe "Individuelle Vielfalt und Zusammenhalt - Lebenswelten in unserer Gesellschaft"

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Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Individuelle Vielfalt und Zusammenhalt – Lebenswelten in unserer Ge-sellschaft“ lud das Politische Bildungsforum Thüringen der KAS am 19.10.17 in Mühlhausen zu einem Podiumsgespräch. Daniel Braun, Wiss. Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung skizzierte den Hintergrund der Reihe mit den verschiedenen Lebenswelten in der Gesellschaft, der Akzeptanz für die verschiedenen Lebensentwürfe und Situationen erfordert, aber auch die Bereitschaft, andere Lebensrealitäten anzuerkennen und deren Interessen und Bedürfnisse. Dies gelte insbesondere auch bei den Lebensorten in Stadt und Land.

 

 

 

Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Anrode Jonas Urbach stellte heraus, dass das Landleben geprägt mit persönlicher Bekanntheit im Ort und Solidarität und entsprechenden sozialem Zusammenhalt für viele ein Grundbedürfnis sei in seiner Gemeinde und gerne gelebt wird. Kritisch sah er die zunehmend schwierigere Finanzlage und geringere Entscheidungskompetenzen, die er als Bürgermeister den Bürgern vermitteln müsste. So sei für ein florierendes Vereinsleben viel Eigenengagement und Ehrenamt nötig. Die Mühlhäuser Rechtsanwältin Ricarda John-Volkmann, die in einem Ortsteil der Gemeinde Anrode wohnt, sekundierte Urbach und sprach von einer bewussten Entscheidung, aufs Land in die Herkunftsregion zurückgekehrt zu sein, die sie nie bereut habe. Sie vermisse jedoch auch als Bürgerin Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit etwa bei der Schulwahl und ÖNV, wozu sie sich auch mehr finanzielle Zuschüsse wünschte.

 

 

 

Frank Baumgarten von der Stiftung Landleben führte in seinen Statements den Willen zur Gestaltung, Selbstbewusstsein für das Landleben als auch energische Kritik an mangelnder Unterstützung und Vernach-lässigung des ländlichen Raumes aus. Er warb für Will zur Selbstgestaltung und Beharrlichkeit, wie seine Stiftung etwa die Güter der Gemeinde zusammenfasste und es sogar gelang, wieder eine Schule zu etablie-ren. Dennoch müsse hierfür mehr Unterstützung von Kreis und Land kommen und die erwirtschafteten Mittel müssten vor Ort bleiben, was mit einer ausgebauten Infrastruktur, die auch Altenbetreuung umfasst, einher gehen müsse. Allerdings konstatierte Baumgarten wie andere Podiumsteilnehmer, dass die Gründung von Stiftungen in dieser Form nicht mehr möglich sei, was Baumgarten vehement kritisierte. Die Mühlhäuser Landtagabgeordnete Elke Holzapfel wollte sich der Fundamentalkritik der Gemeinden gerade aus ihren Landkreis so nicht anschließen, denn auch die Städte im ländlichen Raum seien nicht auf Rosen gebettet und müssten auch bei Freizeitangeboten verzichten. Selbstredend hätte es Abwanderung gegeben seit der Wiedervereinigung, doch seien die Geburtenraten wieder steigend und sie lebe gerne in Mühlhausen und Veränderungen gilt es zu gestalten. Der Unternehmer für Orthopädietechnik Frank Jüttner aus Mühlhausen pflichtete Holzapfel bei, dass er als Mühlhäuser gerne in der Region sei und sich als Unternehmer auch ver-antwortlich für die Heimat fühle, wofür lokales Sponsoring und Unterstützung kulturellen Lebens selbstver-ständlich sei. Natürlich gibt es auch prosperierende Regionen was den potenziellen Kundenstamm betrifft, aber Unternehmer hätten auch eine soziale und regionale Verantwortung, zumal das Gros der Mitarbeiter aus der Region komme.

 

 

 

Die Diskussion mit den Gästen war von vielen regionalen Detailfragen als auch Wünschen und Forderungen geprägt, die jedoch alle zum Ziel hatten aufzuzeigen, dass ländliche Regionen finanziell, in der Daseinsvor-sorge als auch Gestaltungsmöglichkeit politisch besser berücksichtigt werden müssen. Gewachsene Regio-nen sind keine beliebig strukturierbaren Verwaltungseinheiten, sondern Heimat, die gestaltet und gelebt werden will von ihren Bewohnern.

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