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Veranstaltungsberichte

Digitalisierung, künstliche Intelligenz und neue Technologien

von Sarah-Katharina Merk

Wie wollen wir in der Gesellschaft 4.0 leben?

Auftakt zur Veranstaltungsreihe "Digitales Thüringen"

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In das Haus Dacheröden in Erfurt lud am 23.Mai das Politische Bildungsforum Thüringen der Konrad Adenauer Stiftung zum Vortrag und anschließenden Gespräch zum Thema „Digitalisierung, künstliche Intelligenz und neue Technologien – Wie wollen wir in der Gesellschaft 4.0 Leben?“.

Die Landesbeauftragte des Bildungsforums, Maja Eib, begrüßte die Gäste mit einer kurzen Rede, in der sie einleitend ins Thema zunächst aufzeigte in welchen Bereichen die Digitalisierung das menschliche Zusammenleben beeinflusst und verändert. Anschließend appellierte Maja Eib für einen umfassenden gesellschaftlichen Diskurs, der sich mit den Fragen der Regulierung künstlicher Intelligenz und allgemein technischer Errungenschaften befassen müsse, um negative Begleiter-scheinungen einzuhegen.

Stehen wir vor einem epochalen Übergang? Bis 2050 soll die Unsterblichkeit erreicht werden

Was wird unter den Bedingungen, dass menschlicher Körper, Geist und Technologie, zunehmend verschmelzen, aus dem Menschen werden? Nach Prof. Dott. Dr. Dr. Dr. Roland Benedikter darf man geradezu von einem epochalen Übergang sprechen. Dieser Übergang gründe in der Befreiungstechnologie. Also den technischen Neuerungen, die es dem Menschen ermöglichen seine kognitiven und physischen Möglichkeiten zu erweitern, und die so zur Befreiung des Einzelnen von kognitiven Zwängen hinwirken. Die Technologie werde zur wichtigsten Gesellschaftskraft. Diese, so der Forscher, habe unser Leben bereits in der Vergangenheit weit tiefgreifender umgestaltet als die großen Revolutionen und die meisten politischen Entscheidungen. Deshalb sieht Benedikter in der Technologie auch eine echte Chance den Problemen unserer Zeit, wie etwa Umweltfragen, Kriegen, Armut u.a. zu begegnen.

Um darzulegen wie weit die Wissenschaft auf dem Gebiet bereits gekommen ist und welche Bestrebungen für die Zukunft bestehen verweist der Forscher auf einen offenen Brief der Mitglieder des „Globaler Zukunftskongress 2045“ an den damaligen UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon aus dem Jahr 2013. In diesem wurde an eine umfassende Digitalisierung plädiert. Konkret stellten die Unterzeichner acht Punkte auf:

1. Künstliche anthropomorphe Avatare 2.Telepräsenz-Robotersysteme zur Fernsteuerung von Avataren 3. Gehirn-Computer-Schnittstellen zur direkten mentalen Kontrolle eines Avatars4. Life-Extension-Technologien mit Lebenserhaltungssystemen für das menschliche Gehirn, integriert in einen künstlichen Avatar-Körper 5.Verständnis für das Funktionieren des menschliches Gehirns, sowie ein Nachbau 6. Teilprothesen für das menschliche Gehirn 7.Nachbau eines vollständig künstlichen Äquivalent des menschlichen Gehirns 8. Eine Studie des menschlichen Bewusstseins und die Möglichkeiten für seine zukünftige Verkörperung in einem nicht-biologischen Substrat.

Zwei konkrete Ziele seien die Verschmelzung des menschlichen Geistes mit Maschinen bis 2045, sowie das Erreichen der menschlichen Unsterblichkeit bis 2050. Einige der oben beschriebenen Technologien wurden bereits entwickelt und verbessert.

Des Weiteren präsentierte der Referent den Zuhörern drei Videos. In diesen ging es um die Cyborg Olympiade, einem Wettkampf an dem ausschließlich Cyborgs teilnehmen dürfen. Cyborgs sind Menschen die, beispielsweise durch den Austausch von Gliedmaßen durch hochentwickelte Prothesen, technisch ergänzt oder verbessert wurden. Auch die Optimierung von Robotern durch Vermenschlichung von Maschinen wurde in den Videos inhaltlich dargestellt. In diesem Fall wurde Roboterin Sophia gezeigt, die Gefühle ausdrücken kann und eine künstliche Intelligenz besitzt. Im Zuge der Videos wurde auch auf den fraglichen rechtlichen Status von Robotern und künstlicher Intelligenz verwiesen. Ein Präzedenzfall auf diesem Gebiet schaffte Saudi-Arabien durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft an Roboterin Sophia.

Benedikter hält dazu an, dass sich auch Deutschland mehr mit dem Prozess der Digitalisierung auseinandersetzten müsse. Deutschland ist eines der Länder das sich bisher mit am stärksten zurück hält. Gemessen am globalen Spekulationskapital wird deutlich welche Bedeutung den Technologien auf internationaler Ebene bereits zukommt. In diesem Jahr wurde 1/3 des globalen Spekulationskapitals in Sterbe- und Alterungsprozesse investiert.

Wie verändern eine weitreichende Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz die Politik?

Eine gesellschafts-politische Vision der zuvor geschilderten Entwicklungen habe derzeit noch keine Partei, ließ Prof. Dr. Mario Voigt MdL in seinem Vortrag anklingen. Er betonte aber, dass die Gesellschaftsutopie deshalb nicht den Investoren aus dem Silicon Valley überlassen werden dürfe. Wir müssen uns die Frage stellen wie weit Forschung gehen darf! Wenn wir die Kontrolle dessen, was uns als Mensch ausmacht mehr und mehr auf Maschinen, Computer und Algorithmen abgeben, dann müsse nach Voigt die Politik Antworten auf drei zentrale Fragen geben: 1. Kann ein Rechtsystem schützen, wenn eine künstliche Intelligenz unfaire Resultate erzielt? 2. Wie und ob kann eine künstliche Intelligenz ins Rechtsystem eingegliedert werden? 3. Ob, wann und wie sollten Maschinen Entscheidungen treffen, die unmittelbar das menschliche Leben in seiner tatsächlichen Existenz bevorteilen, aber auch gefährden?

All diese Aushandlungsprozesse werden nicht einfach werden. Ein christliches Menschenverständnis, das den Menschen als Gottes Ebenbild sieht führe zu Herausforderungen in der heutigen Zeit. Voigt verweist an dieser Stelle auf die Abtreibungsdebatte oder den Diskurs über Reproduktionsmedizin. Solche und ähnliche Debatten werden uns in Zukunft wohl verstärkt erwarten, prognostiziert der Abgeordnete.

Im Gespräch

Im Anschließenden Gespräch äußerten sich die Referenten zur Zukunft der Arbeitswelt, dem internationalen Mächtegleichgewicht, aber auch generell zu zunehmenden autoritären Tendenzen. Zudem gaben beide Wissenschaftler eine kurze gesamtheitliche Prognose für die Zukunft.

Benedikter sieht mit Blick auf die zunehmende Automatisierung der Arbeitswelt zwei mögliche Szenarien: entweder führe sie zur Polarisierung innerhalb der Gesellschaften und einer damit einhergehenden nötigen Europäisierung zum Ausgleich gesellschaftlicher Spannungen, oder aber sie führe zu einer Humanisierung, da möglicherweise allein der Mensch dem Menschen als Arbeit bliebe.

Auch Mario Voigt sieht offene Gesellschaften bedroht. Diese werden bis 2050 nur noch 10-15% ausmachen, prognostiziert er. Aber auch zunehmende autoritäre Tendenzen sein ihm aufgefallen. Er fürchtet, dass gerade autoritäre Staaten Deutschland im Zuge der Digitalisierung weit überholen werden. Deshalb müsse sich Deutschland fragen: „Was möchten wir technologisch zulassen und was können wir national vereinbaren?“ In Bezug auf den weltweiten Fortschritt der Globalisierung und deutsche nationale Werte sieht er diese Frage in einem Spannungsfeld. Deshalb plädiert Voigt mit Blick auf die Menschenrechte und Menschenwürde dafür, dass wir uns dafür einsetzten globale Wertebezüge, Standards und Prozesse zu manifestieren. Sonst werden Länder je nach ihren Entwicklungsmöglichkeiten und der technologischen Ruflosigkeit gegeneinander spielen, warnt er.

Nachdem aus dem Publikum eine Frage nach der Sinnhaftigkeit eines in Glückseligkeit schwelgenden, ewigen Daseins gestellt wurde verwies Benedikter auf Elon Mask, durch dessen Arbeit der Mensch sich nicht verlieren solle, sondern verbessern. Gleichzeitig würden wir aber, nach Mask, den Dämon beschwören. Die ersten großen Menscheitskatastrophen aufgrund künstlicher Intelligenz sieht der Unternehmer in bereits 5-10 Jahren als wahrscheinlich an. Aber auch andere große Wissenschaftler würden einen enormen Wandel prophezeien. Vom tatsächlichen Untergang der Menschheit bis zum Untergang der Menschheit wie wir sie heute kennen, hin zu einem auf Algorithmen basierenden Menschen.

Voigts Prognose hörte sich im Vergleich etwas optimistischer an. Er als christlicher Demokrat stellte für sich fest: „Wir sind in die Welt gesetzt worden um das Leben besser zu machen“.

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