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Die Heilige Kümmernis, Osnabrück um 1520

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„Kümmernis, auch Liberata genannt, wurde von ihrem heidnischen Vater wegen ihrer Liebe zu Christus gekreuzigt“, gibt die Erläuterungstafel unter der lebensgroßen Eichenholzskulptur im Berliner Bode-Museum an. Von männlichen Heiligen – Andreas oder Petrus –, die wie Jesus einen Kreuzestod erlitten haben, mag mancher schon gehört haben. Aber eine gekreuzigte heilige Frau?


Am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit wuchs das Interesse an weiblichen Heiligen. Damals zog St. Liberata als Kreuzesheilige besondere Aufmerksamkeit auf sich und wurde „zu einer Volksheiligen großen Ausmaßes“.


„Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus“, sagt ein Bibelwort (Gal. 3,27 f.), das zumindest auf den ersten Blick das Erstaunen über diese gekreuzigte Frau schmälern könnte.


Aktuell werden Debatten um Geschlechteridentitäten mit äußerster Erbitterung geführt. Selbst wenn dabei zweifellos brisante Fragen angesprochen sind, könnte das Wort der Schrift, wie auch die Darstellung der Heiligen Kümmernis, zu mehr Gelassenheit mahnen. Im Gewand Christi sind sie jedenfalls nicht das Entscheidende.


© Staatliche Museen zu Berlin, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst / Antje Voigt. Die Skulptur ist im Bode-Museum ausgestellt.

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