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EVP-Präsident Wilfried Martens 2005. (Quelle: Wikicommons/Europarliament/flickr.com) EVP-Präsident Wilfried Martens 2005. (Quelle: Wikicommons/Europarliament/flickr.com) © Wikicommons CC-BY-2.0/Europarliament/flickr.com/photos/eppofficial

Wilfried Martens

Belgischer Jurist und Politiker, Premierminister Dr. jur. 19. April 1936 Sleidinge/Flandern 9. Oktober 2013 in Lokeren
Wilfried Martens war von 1979 bis 1992 – mit achtmonatiger Unterbrechung im Jahr 1981 – Premierminister Belgiens. Von 1990 bis kurz vor seinem Tod im Oktober 2013 war er Präsident der Europäischen Volkspartei (EVP).

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Am 14. April 1936 wurde Wilfried Martens als Sohn katholischer Kleinbauern in Sleidinge in Flandern geboren. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften, der Promotion zum „Dr. jur.” und einem weiteren abgeschlossenen Philosophiestudium an der Katholischen Universität Leuven nahm er im Jahr 1960 seine Arbeit als Anwalt am Appellationshof in Gent auf.

Zu Studienzeiten war Wilfried Martens in der flämischen Studentenbewegung aktiv, u.a. als Präsident des „Vereins flämischer Studenten”. Von 1960 bis 1964 gehörte er dem Leitungsgremium der „Flämischen Volksbewegung” an.

Die parteipolitische Karriere von Wilfried Martens begann im Jahr 1965 mit seinem Eintritt in die belgische Christliche Volkspartei (Christelijke Volkspartij – CVP) und seiner Berufung in den Beraterstab des Kabinetts unter Premierminister Pierre Harmel. Auch nach dem Ende der Regierung Harmel blieb Wilfried Martens als Berater verschiedener Koalitionsregierungen tätig. Seit den späten 1960er Jahren stieg er innerparteilich kontinuierlich auf. Nach seiner Wahl zum Präsidenten der CVP-Jugendorganisation (1967) und seiner Wiederwahl im Jahr 1969 wurde er 1972 mit der CVP-Präsidentschaft betraut. Dieses Amt übte er bis 1979 aus.

In seiner Eigenschaft als Präsident der CVP organisierte Wilfried Martens den Wahlkampf des Jahres 1974, der mit einem Erfolg der Partei seinen Abschluss fand. Daraufhin zog er erstmals in die belgische Abgeordnetenkammer ein, der er bis 1991 angehörte. Von 1991 bis 1994 war Wilfried Martens Senator.

Im Jahr 1979 wurde Wilfried Martens zum Premierminister Belgiens ernannt. Bis 1991 stand er an der Spitze zahlreicher Koalitionsregierungen. Zu den herausragenden Leistungen seiner Amtszeit zählt die Umstrukturierung Belgiens von einem Einheits- in einen Bundesstaat durch eine Verfassungsänderung im Jahr 1988. Den seit den 1970er Jahren wachsenden wirtschaftlichen Problemen Belgiens versuchte er mit einer Reihe von Reformen zu begegnen. Zudem machte er sich als Premierminister wiederholt für den europäischen Einigungsprozess stark. Im Jahr 1988 verteidigte er die europäische Kooperation mit aller Entschiedenheit gegen die Angriffe der englischen Premierministerin Margaret Thatcher.

Auf europäischer Ebene engagierte sich Wilfried Martens bereits vor seiner Ernennung zum belgischen Premierminister. Am Ausbau der Kooperation zwischen den europäischen Christdemokraten und an ihrer organisatorischen Zusammenführung war er maßgeblich beteiligt. Im Jahr 1976 gehörte Wilfried Martens zu den Mitbegründern der Europäischen Volkspartei (EVP), deren Präsident er von 1990 an war. Nach Ende seiner Amtszeit als Premierminister im Jahr 1992 und seinem Einzug in das Europäische Parlament (1994) übernahm er dort bis 1998 den Vorsitz der EVP-Fraktion. Von 1993 bis 1996 war Wilfried Martens zudem Vorsitzender der Europäischen Union Christlicher Demokraten (EUCD), die 1996 in der EVP aufging. Daneben amtierte er von Oktober 2000 bis November 2001 als Präsident des Weltverbands der christlich-demokratischen Parteien (CDI-IDC).

Letzte Aufmerksamkeit erlangte Martens durch seine Mitwirkung an der Konzeption des „Vertrags von Lissabon“, die seinem Posten als EVP-Vorsitzender geschuldet war. Aufgrund einer schweren Erkrankung übertrug er dieses Amt schließlich im Oktober 2013, kurz vor seinem Tod, an Joseph Daul. Wilfried Martens verstarb am 10. Oktober 2013 im Alter von 77 Jahren im belgischen Lokeren.

Wilfried Martens war Träger zahlreicher nationaler und internationaler Auszeichnungen. In Anerkennung seines Einsatzes für die Europäische Union (EU) wurde ihm 1998 der spanische Karl V.-Preis verliehen.

 

Tim Kallweit

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