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Elisabeth Pitz-Savelsberg, Portraitfoto Elisabeth Pitz-Savelsberg, Portraitfoto © Peter Bouserath/KAS-ACDP

Elisabeth Pitz-Savelsberg (geb. Savelsberg)

8. Juli 1906 Aachen 13. Oktober 1996 Wiesbaden
von Denise Lindsay M.A.
„Es bleibt nur das eine, sich ehrlich bemüht zu haben“ – so lautet das Fazit, das Elisabeth Pitz-Savelsberg nach Beendigung ihrer politischen Karriere zog. 1969 schied sie aus dem Deutschen Bundestag aus und beschloss damit eine 23 Jahre währende Parlamentstätigkeit, die 1946 im Landtag von Hessen begonnen hatte. Der Titel ihrer Erinnerungen „Die Schule der harten Jahre“ legt Zeugnis davon ab, wie beschwerlich und anstrengend ihr Weg im Leben und in der Politik von Zeit zu Zeit war.

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Herkunft und Ausbildung

Zur Welt kam Elisabeth Savelsberg am 8. Juli 1906 in Aachen als ältestes von fünf Kindern des Kaufmanns Ernst Savelsberg (1875–1944) und seiner Frau Elisabeth (geb. Brink, 1879–1960). 1908 erfolgte der Umzug nach Köln, wo der Vater in einem Bauunternehmen tätig war. Hier bezog die Familie ein eigenes Haus in einem Neubaugebiet. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs lebte die Familie in gutsituierten Verhältnissen. Da Ernst Savelsberg aber direkt in den ersten Kriegstagen eingezogen wurde, bedeutete dies den langsamen wirtschaftlichen Niedergang der auf vier Kinder angewachsenen Familie. Um ihre Familie ernähren zu können, übernahm Elisabeth Savelsberg Hausverwaltungen und vermietete Zimmer im Haus. Durch ihren Vater, der – so die Einschätzung der Tochter – zur „Generation des kämpferischen Katholizismus“ gehörte und Mitglied des Zentrums war, kam Elisabeth Pitz-Savelsberg schon früh mit der Politik in Berührung. In der Familie wurde über politische Ereignisse gesprochen und sie saß auch oft dabei, wenn der Vater mit Freunden diskutierte und begleitete ihn zudem zu politischen Versammlungen. Auch die nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs neu entstandene Weimarer Republik wurde in der Familie begrüßt, da der Vater in ihr die Möglichkeit für einen Neuanfang sah: „Wir können wieder hoffen.“ Zudem verbesserte sich seine berufliche Situation, er wurde – nach kurzer Tätigkeit in einer Bank – Geschäftsführer des Gesamtverbandes der katholischen Kirchengemeinden Kölns. Noch als Schülerin trat Elisabeth Pitz-Savelsberg dem Windthorstbund, der Jugendorganisation des Zentrums, bei. Seit 1912 besuchte sie ein privates Lyzeum, 1925 legte sie ihre Reifeprüfung an einer Wirtschaftsoberschule ab und nahm ein praxisbezogenes Studium an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der 1919 wiedergegründeten Universität ihrer Heimatstadt Köln auf. Ihr angestrebtes Ziel war eine Tätigkeit in der Arbeitsverwaltung, die sie 1932 in der Berufsberatung des Arbeitsamtes der Stadt Köln begann. Hier kam sie auch, im Rahmen eines Forschungsprojekts, erstmals mit den in ihren Augen unzureichenden Gesetzen zum Jugendschutz in Berührung.

Daneben war sie aktiv in der Wohlfahrtspflege tätig, engagierte sich im Zentrum und schrieb Artikel für Zeitschriften und Tageszeitungen. Zudem warb sie in politischen Versammlungen vor Frauen für die junge Demokratie und nahm an einem Gesprächskreis teil, der sich in der Kölner Wohnung von Dr. Amalie Lauer traf, die dem aufkommenden Nationalsozialismus ablehnend gegenüberstand. Der Kreis um Amalie Lauer löste sich kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten auf, ein von Elisabeth Pitz-Savelsberg initiierter Literaturzirkel wurde verboten.

 

Eheschließung mit Dr. Norbert Pitz

In den 1930er Jahren fand Elisabeth Savelsberg ihr privates Glück. Sie traf den Rechtsreferendar Dr. Norbert Pitz (1904–1947), den sie schon in ihrer Kindheit kennengelernt hatte, wieder. Auch er stand dem nationalsozialistischen Regime ablehnend gegenüber. Da er sich weigerte, der NSDAP beizutreten, blieb ihm das nach dem Jurastudium angestrebte Richteramt versagt und er musste mit einer Tätigkeit im Strafvollzug vorliebnehmen. Im Januar 1935 heiratete das Paar, was das Ende der beruflichen Tätigkeit für Elisabeth Pitz-Savelsberg bedeutete, denn „die ‚Doppelverdienerin‘ wurde an den Kochtopf geschickt“. Der Versuch des jungen Paares, sich mit Übernahme einer Rechtsanwaltspraxis in Vaduz (Liechtenstein) eine berufliche Existenz außerhalb Deutschlands aufzubauen, scheiterte. 1939 wurde Norbert Pitz als einfacher Soldat eingezogen, eine Berufung als Kriegsrichter hatte er konsequent abgelehnt. Elisabeth Pitz-Savelsberg blieb zunächst mit ihren drei kleinen Söhnen, die 1936, 1938 und 1940 zur Welt gekommen waren, in Dortmund wohnen, zog aber dann, als die Schwere der nächtlichen Luftangriffe zunahm, in ein Dorf in der Rhön. Im Mai 1943 wurde ihre Wohnung in Dortmund ausgebombt und sie kehrte mit ihren inzwischen vier Söhnen erneut in das Dorf Setzelbach, einem Ortsteil der Gemeinde Rasdorf, in der hessischen Rhön, zurück. Sie wohnte mit ihrer Familie, zu der auch ihre in Köln ausgebombte Mutter und die Geschwister hinzukamen, im Schulhaus und übernahm den Schulunterricht für die Kinder des Dorfes. Hier erlebte sie auch das Kriegsende und die Befreiung durch die amerikanischen Truppen am 3. April 1945.

Da nach dem Krieg die Bezüge ihres Mannes ausblieben – Köln lag in der britischen Besatzungszone und Setzelbach in der amerikanischen –, war Elisabeth Pitz-Savelsberg darauf angewiesen, den Lebensunterhalt für sich und ihre vier Kinder selbst zu bestreiten. Die amerikanischen Truppen setzen sie – da politisch vollkommen unbelastet – als Lehrerin in Rasdorf ein. Zudem begann sie, als freie Mitarbeiterin für die neu lizenzierte „Fuldaer Volkszeitung“, Artikel zu schreiben. Da sie lange in Ungewissheit über das Schicksal ihres als vermisst geltendenden Mannes und für die Versorgung ihrer Familie alleine verantwortlich war, entschloss sie sich, das erste Staatsexamen abzulegen, um die Befähigung zum Lehramt zu erhalten, was ihr auch gelang. Im Januar 1948 erfuhr sie, dass ihr Ehemann Norbert Pitz im November 1947 in einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager umgekommen war. Damit war sie eine sogenannte Kriegerwitwe geworden, ein Schicksal, das sie mit ca. einer Million Frauen in Deutschland teilte.

 

Erste politische Tätigkeit – Mitglied des Landtags von Hessen

Am 19. September 1945 wurde das Land Groß-Hessen durch die Proklamation Nr. 2 der amerikanischen Militärregierung gegründet. Für Elisabeth Pitz-Savelsberg bedeutete der Neubeginn auch die Wiederaufnahme ihres politischen Engagements. Von Beginn an lehnte sie eine Wiedergründung des Zentrums ab, denn „eine katholische Partei hatte einmal ihren Sinn in der Kulturkampfzeit“. Ihr erschien eine Union, die beide christliche Konfessionen in sich vereinte, als Neuanfang nach zwölf Jahren Diktatur sinnvoller. Nach Gründung der Christlich-Demokratischen Union in Groß-Hessen am 18. November 1945 trat sie sofort der Partei bei. Da am 1. Dezember 1946 die Wahl zum ersten Hessischen Landtag stattfinden sollte, begann die CDU bald mit der Suche nach geeigneten Kandidaten. Elisabeth Pitz-Savelsberg wurde die Kandidatur für den Landkreis Hünfeld, in dem auch ihr Wohnort Rasdorf lag, angetragen. Eine Anfrage von ehemaligen Zentrumsmitgliedern aus ihrem Bekanntenkreis in Köln, sich dort politisch zu engagieren, erreichte sie erst, als sie sich schon für die Kandidatur zum Hessischen Landtag entschieden hatte. Damit begann für sie der steinige Weg durch die Parteigliederungen, um sich bekannt zu machen und einen sicheren Listenplatz zu erreichen. „Ich konnte wirklich nicht wissen, wie viele Stolpersteine noch auf dem Weg bis zum Mandat vor mir liegen würden.“ In den besuchten Versammlungen, die sehr häufig in Wirtshäusern stattfanden, waren ausschließlich Männern anwesend, die ablehnend auf die Kandidatin reagierten, denn „dass ihnen als Kreiskandidat für den Landtag eine Frau vorgesetzt wurde, quittierten die Männer mit saurer Miene“. Zudem galt es, die Skepsis der Menschen gegenüber Parteien und Politik zu überwinden und die Anwesenden nach zwölf Jahren Diktatur wieder für die Demokratie zu begeistern. Der dauerhafte Einsatz der Kandidatin, die sich selbst mit einer „Wanderpredigerin“ verglich, die von Dorf zu Dorf ging, zeigte Erfolg: Am 12. Dezember 1946 zog sie in Wiesbaden in den Hessischen Landtag ein. Bei der am 1. Dezember 1946 stattfindenden ersten Landtagswahl entfielen 42,7 Prozent der gültigen Stimmen auf die SPD, 31 Prozent auf die CDU, 15,7 Prozent auf die LDP und 10,7 Prozent auf die KPD. Die CDU-Landtagsfraktion hatte insgesamt 28 Mitglieder, Elisabeth Pitz-Savelsberg war zunächst die einzige Frau. Erst ab 3. Juli 1950 war mit Dr. Charlotte Schiffler, die für Peter Horn nachrückte, noch eine weitere Frau in der Fraktion vertreten.

Ihr war klar, wie sie in ihren „Erinnerungen“ resümierend feststellte, dass ihr Weg in der Politik hart werden würde: „Frauen in die Parlamente? Ja! Aber mit Maßen. Eine genügt. Aber die eine ist weniger gedacht als politische Kraft, vielmehr als Symbolfigur. Ihr Name mußte an sichtbarer Stelle auf der Liste erscheinen. Denn der Wähler, eher die Wählerin, mußte ja erkennen, daß auch Frauen dabei waren. Frauen waren immer die gewissenhafteren Wähler, aber unter den Gewählten waren sie Einzelerscheinungen.“ Ein wichtiges Anliegen war für sie, die Frauen zur Mitarbeit beim Aufbau eines neuen, demokratischen Staatswesens zu gewinnen. So schrieb sie 1947 in der „Kölnischen Rundschau“: „Heute hat der einzelne Staatsbürger und damit auch die Frau wieder das Recht der Mitbestimmung. Die Ausübung des Wahlrechtes ist dabei der unterste und für jede Frau wohl selbstverständliche Grad staatsbürgerlicher Verantwortung. Aus dem staatsbürgerlichen Recht erwächst auch die Pflicht einer weitergehenden Betätigung. Der Staat, den wir errichten soll nicht allein männliche Züge tragen. ... Gleichwertig stehen der Mann und die Frau im Staatswesen nebeneinander, aber völlig andersartig.“

Im Landtag galt ihr Hauptaugenmerk der Jugendpflege sowie der Schulpolitik. Sie äußerte sich in Debatten im Verlauf der ersten Legislaturperiode u. a. zu den Themen Schulgeldfreiheit, Privatschulen und Schulgesetzgebung. Ein Anliegen war für sie auch die Unterstützung der berufstätigen Frauen, von denen viele zur Berufstätigkeit gezwungen waren, da sie kriegsbedingt zur Alleinernährerin der Familien geworden waren und für die der Beruf eine „Existenzfrage“ bedeutete. Zudem setzte sie sich für einen Ausgleich des Gegensatzes zwischen berufstätigen Frauen und Hausfrauen ein und forderte: „Der Punkt, an dem wir ansetzen müssen, wenn wir schon einmal zur Reform des Familienrechts sprechen, ist die Lücke im BGB, die den Wert der Frau, ihre Arbeit und Leistung in Haushalt und Familie nicht sieht und bewertet.“ Aus diesem Grund trat sie für die Reform des Güterrechts ein, um „die Leistung der Frau als gleichberechtigt neben der Leistung des Mannes“ anzuerkennen und forderte, die Tätigkeit als Hausfrau als „vollgültigen Beruf“ zu bewerten.

1950 gelang ihr erneut – wieder über die Landesliste – der Einzug in den Landtag. In Wiesbaden baute sie für ihre Familie ein Haus, und erstmals lebten alle vier Söhne wieder mit der Mutter zusammen. In ihrem Privathaus initiierte sie auch bald einen Diskussionskreis, in dem sich regelmäßig Vertreter aus Politik und öffentlichem Leben zum Meinungsaustausch trafen.

 

Wechsel in den Deutschen Bundestag

Am 31. Oktober 1953 legte Elisabeth Pitz-Savelsberg ihr Landtagsmandat nieder und wechselte als Abgeordnete in den Bundestag. Der Landesvorstand der hessischen CDU hatte sie gegen ihren Willen nominiert – neben der Protestantin Elisabeth Schwarzhaupt sollte aus Paritätsgründen auch eine Katholikin aufgestellt werden. Zunächst wollte sie die Wahl nicht annehmen, ließ sich aber überzeugen. Nun musste sie, nach zwei Jahren geordnetem Familienleben, erneut pendeln. Mit Elisabeth Schwarzhaupt teilte sie sich zunächst auch die Arbeitsräume im beengten Bundeshaus in Bonn.

Im Bundestag galt ihr Hauptaugenmerk der Jugend- und Familienpolitik. Eines der Themen, für das sie sich einsetzte, war eine Verbesserung des Jugendschutzes; sie nahm den Kampf auf gegen jugendgefährdende Schriften und setzte sich für Änderungen im Familienrecht ein. Ein weiterer Belang, für den sie sich engagierte, war eine Reform des Nichtehelichenrechts. Am 19. August 1969 trat das „Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder“ in Kraft. Damit wurde das 1896 im BGB festgelegte Unehelichenrecht neu geordnet. Es sah eine Neuregelung der Rechtsbeziehungen zwischen dem nichtehelichen Kind, seiner Mutter und seinem Vater vor. Dies bedeutete eine familienrechtliche Anerkennung des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater mit Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht und die Erbberichtigung.

Intensiv beteiligte sie sich an der Debatte über die Neuregelung des Kindergeldes und den Familienlastenausgleich. Hierbei handelt es sich um die Leistungen, die Sorgeberechtigten gewährt werden, um die wirtschaftlichen Belastungen durch die Kindererziehung aufzufangen. 1955 wurde erstmals in der Bundesrepublik Kindergeld ab dem dritten Kind gezahlt, 1961 ab dem zweiten Kind. Bezahlt wurde das Kindergeld nicht aus Steuermitteln, sondern aus Arbeitgeberbeiträgen. 1964 wurde das neue Bundeskindergeldgesetz verabschiedet, das eine Finanzierung aus Steuermitteln vorsah. Seit 1975 wird auch Kindergeld für jedes erste Kind ausgezahlt.

Ebenfalls wichtig war ihr der Einsatz für die Regelung der Ausbildungsförderung, denn sie „stand auf dem Standpunkt, daß die Ausbildung der Kinder die Eltern vor die größeren Probleme stelle und daß eine mangelnde Förderung den Ausbildungsgang entscheidend beeinflussen könne“.Von 1958 an leitete Elisabeth Pitz-Savelsberg zudem den Diskussionskreis für Familienfragen der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, der 1962 in Arbeitsgruppe Familie umbenannt wurde.

Auch 1957 kandidierte sie wieder für den Deutschen Bundestag und zog erneut über die hessische Landesliste ins Parlament ein. Von 1965 bis 1969 war sie zudem Delegierte bei der Beratenden Versammlung des Europarates und der Westeuropäischen Union.

1969 beschloss sie, nicht mehr für den Deutschen Bundestag zu kandidieren und zog sich ins Privatleben zurück, engagierte sich aber weiter in der familienpolitischen Verbandsarbeit. Für ihre Verdienste wurde sie 1972 mit dem Großen Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Elisabeth Pitz-Savelsberg verstarb am 13. Oktober 1996 in einem Wiesbadener Seniorenheim.

Veröffentlichungen

  • Das erste Ausbildungsförderungsgesetz (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Heft 36). Frankfurt/Main 1970.
  • Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (Kleinere Schriften des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Heft 47). Frankfurt/Main 1973.
  • Die Schule der harten Jahre. In: Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Aufzeichnungen und Erinnerungen. Hg. vom Deutschen Bundestag. Bd. 3. Boppard 1985, S. 175–296.

 

Literatur

  • Ingrid Langer (Hg.): Alibi-Frauen? Hessische Politikerinnen II im 1. und 2. Hessischen Landtag 1946–1954. Frankfurt/Main 1995, S. 115–197.

 

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