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Was ist Rechtsextremismus?

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Zu dieser Frage gibt es in der Wissenschaft höchst vielfältige Antworten. Sie haben nicht nur mit unterschiedlichen Forschungsansätzen und politischen Perspektiven zu tun, sondern auch damit, dass Rechtsextremismus kein einheitliches Phänomen ist, sondern in ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen daher kommen kann.

Manche Forscher mögen den Begriff „Rechtsextremismus“ überhaupt nicht, weil er impliziert, dass es eben auch „Linksextremismus“ geben kann. Einer alten Tradition der Kommunisten (siehe auch Was ist Kommunismus?) folgend sprechen manche von ihnen daher lieber von „Faschismus“ (siehe auch Was ist Faschismus?). Wieder andere bevorzugen Begriffe wie „radikale Rechte“ oder „extreme Rechte“ oder sprechen einfach von „Neonazismus“. Tatsächlich ist „Rechtsextremismus“ zunächst ein Behördenbegriff, der die Distanz eines bestimmten politischen Spektrums zu den wichtigsten Werten des Grundgesetzes (Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit) kennzeichnen soll. Der in der Bundesrepublik seit 1949 auftretende Rechtsextremismus lehnt die Demokratie als „undeutsch“ oder „Besatzungsdiktat“ kompromisslos ab und will sie durch ein System ersetzen, das mehr oder weniger stark an die politische Ordnung des untergegangenen Nationalsozialismus erinnert (siehe auch Was ist Nationalsozialismus?). Nur wenn rechtsextreme Ideen mit denen des Nationalsozialismus annähernd wesensgleich sind, macht es allerdings Sinn, von „Neonazismus“ zu sprechen.

Dennoch wird der Rechtsextremismus in Deutschland die Schatten des Nationalsozialismus auch dort nicht los, wo er in „weicheren“, d.h. weniger aggressiven, Formen auftritt. Deshalb lässt sich von Rechtsextremismus sprechen, wenn im Wesentlichen die folgenden Eigenschaften vorliegen:

  • eine übermäßige Wertschätzung für die eigene Nation, die mit einer Abwertung anderer Staaten, Nationen oder Kulturen einhergeht (siehe auch Was ist Nationalismus?),
  • eine Ablehnung der Demokratie und ihrer tragenden Grundwerte, verbunden mit einer Bevorzugung autoritärer Regierungsformen (Notstandsdiktatur, Führerstaat),
  • die Vorstellung, dass Menschen in erster Linie einem Kollektiv zu dienen hätten und ihre Rechte zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung dessen Bedürfnissen generell untergeordnet werden dürften,
  • die Idee, dass nicht alle Menschen die gleichen Rechte haben bzw. dass sie durch Geburt mit mehr oder weniger Wert und Würde versehen seien,
  • damit verbunden eine Ablehnung und Ausgrenzung angeblich „geringwertiger“ oder „Anderer“, die sich in Feindseligkeit gegenüber Menschen anderer Hautfarbe, anderer Herkunft und Kultur, anderer sexueller Orientierung oder gegenüber Menschen mit Behinderungen oder sozialen Problemen äußert. Oft ist dieses Merkmal mehr oder weniger stark mit offenem Rassismus (siehe auch Was ist Rassismus?) und Antisemitismus (siehe auch Was ist Antisemitismus?) verbunden.

Schließlich spielt im Rechtsextremismus die Vorstellung eine wichtige Rolle, dass Gewalt in sozialen Beziehungen keine Abweichung vom Normalen, sondern vielmehr natürlich sei. Meist ist damit die Vorstellung verbunden, dass in einem natürlichen Überlebenskampf die Starken siegen und die Schwachen untergehen (siehe auch Welche Rolle nehmen Gewalt und Kampf im Weltbild des Rechtsextremismus ein?).

Hinzu kommt ein letztes Merkmal: Rechtsextremisten neigen dazu, die Verbrechen des Nationalsozialismus, wenn auch nicht offen, zu rechtfertigen. Da dies strafbar wäre, versuchen sie stattdessen mehr oder weniger geschickt die Verbrechen zu relativieren oder zu verharmlosen. Insofern bleibt der Nationalsozialismus ein – häufig nicht offen angesprochener – Bezugspunkt des aktuellen Rechtsextremismus.

Rudolf van Hüllen

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Felix Neumann

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