Asset-Herausgeber

Tagung des Krone/Ellwanger-Kreises 2016

Asset-Herausgeber

Am 22./23. Januar 2016 traf sich unter der Leitung von Bundesminister a.D. Dr. Rudolf Seiters der Krone/Ellwanger-Kreis erstmals auf dem Petersberg in Königswinter. Zu der Tagung waren rund 60 ehemalige Mandats- und Funktionsträger von CDU und CSU sowie Diplomaten, Staatssekretäre und Journalisten erschienen. Diskutiert wurden aktuelle Themen: die Herausforderung durch die Pegida-Bewegung in Sachsen, die Rahmenbedingungen für die Politik von CDU und CSU aus Sicht der Wahlforschung sowie die Flüchtlingskrise und ihre Folgen aus nationaler und europäischer Perspektive.

Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, analysierte die politische Stimmung in Sachsen. Die öffentliche Wahrnehmung des Freistaates werde seit dem Herbst 2014 durch die Berichterstattung über die Pegida-Bewegung bestimmt. Dadurch gerate die positive Entwicklung Sachsens in den vergangenen 25 Jahren außer Blick: beste wirtschaftliche Bilanz unter den fünf ostdeutschen Bundesländern, massive Reduzierung der Arbeitslosigkeit von über 18 Prozent im Jahr 2005 auf 7,7 Prozent zehn Jahre später, Ausbau zu einem bedeutenden Wissenschaftsstandort und Errichtung eines Schulsystems, das im Ländervergleich sehr gut abschneidet. Die Pegida-Bewegung stelle nur einen kleineren Teil der sächsischen Gesellschaft dar. Sie setze sich zu einem Drittel aus Handwerkern und kleineren Geschäftsleuten zusammen, die aus Sorge um ihren Wohlstand gegen Zuwanderung protestierten. Ein weiteres Drittel seien sogenannte Wendeverlierer, also Menschen, die mit dem Untergang der DDR ihren sozialen und wirtschaftlichen Status einbüßten. Bei dem letzten Drittel handele es sich um rechtsradikale Hooligans von Dynamo Dresden und Unterstützer der NPD. Ihren Erfolg verdanke Pegida auch und insbesondere den Medien, die durch ihre Berichterstattung diese Bewegung erst interessant gemacht habe. In diesem Zusammenhang kritisierte Jaeckel, dass die Medien nicht über Erfolge bei der Unterbringung von Flüchtlingen und der Strafverfolgung von Brandstiftern auf Asylbewerberheimen berichteten. Die Sozialen Medien trügen zur „Verrohung der Auseinandersetzung“ bei. Dringlich sei deshalb „eine Debatte über die Diskussionskultur im Netz“. Zugleich müsse die politische Bildungsarbeit in Sachsen ausgebaut werden. Zu lange habe es im sächsischen Schulsystem eine einseitige Förderung der MINT-Fächer gegeben. Es gelte, auch und gerade mit Hilfe der Politischen Bildung das Vertrauen in die Politik in Sachsen wiederherzustellen.

Matthias Jung, Mitglied des Vorstands der Forschungsgruppe Wahlen, skizzierte in seinem Vortrag zur aktuellen Lage Deutschlands im Spiegel der Demoskopie zunächst die Rahmenbedingungen für die Unionsparteien aus der Sicht der Wahlforschung. Seit der Bundestagswahl von 1990 seien 6,3 Millionen Unionswähler verstorben. Zudem habe sich aufgrund der fortschreitenden Säkularisierung der Anteil traditioneller Wählergruppen auf weniger als 10 Prozent des Elektorats der Unionsparteien reduziert. Deshalb müssten heute CDU und CSU 90 Prozent ihrer Wähler außerhalb der klassischen Wählerschaft gewinnen. Der Blick sei dabei auf die Wähler in der politischen Mitte zu richten, denn „nur derjenige gewinnt die Wahl“, unterstrich Jung, „der die Mitte besetzt“. Unter Hinweis auf die schlechten Umfrageergebnisse für CDU und CSU in der Mitte der vergangenen Wahlperiode mahnte Jung zu mehr Gelassenheit und warnte vor vermeintlich einfachen Lösungen in der Flüchtlingskrise wie der Forderung nach einer jährlichen Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen.

Der zweite Teil der Tagung wurde mit einem Vortrag der Bonner Bundestagsabgeordneten, Dr. Claudia Lücking-Michel, zur Flüchtlingskrise eröffnet. Diese Krise sei die bisher größte Herausforderung für Europa, für die es keine einfachen Lösungen gebe, so Lücking-Michel. Zu ihrer Bewältigung seien alle politischen Ebenen gefordert: Bund, Länder, Kommunen und Europa. Einen weiteren Zuzug von rund 1 Mio. Flüchtlingen pro Jahr könne Deutschland nicht verkraften. Grenzschließungen seien jedoch keine Lösung, da sie das Ende der Freizügigkeit in Europa bedeuten würden. Während der Bund mit dem Asylbeschleunigungsgesetz und dem Datenaustausch-verbesserungsgesetz auf die Krise reagiert habe, sei die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen in den Ländern vielfach mangelhaft. Um den Flüchtlingszustrom zu verringern, sei es wichtig, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Über die Entwicklungspolitik hinaus sei hier die gesamte internationale Politik gefordert, um den IS-Terror zu bekämpfen, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden und die Nachbarländer Syriens zu stabilisieren.

Des Weiteren ging Lücking-Michel in ihrem Vortrag auch auf die Integration der in Deutschland lebenden Flüchtlinge ein. Hierbei komme es vor allem auf das Erlernen der deutschen Sprache durch die Flüchtlinge und auf Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für diese an. Außerdem müssten den Flüchtlingen die Grundwerte der Bundesrepublik Deutschland vermittelt werden. Als Land mit einer großen religiösen Toleranz seien die Voraussetzungen für eine Integration der Flüchtlinge in der Bundesrepublik jedoch gegeben.

Auf die Lage der EU und die europäische Sicht auf die Flüchtlingskrise ging David McAllister, MdEP und Vizepräsident der EVP, in seinem Vortrag ein. Die Situation in der EU sei zur Zeit äußerst schwierig, da die mühsam ausgehandelten Kompromisse von einigen Mitgliedsstaaten nicht umgesetzt würden, z.B. bei der Verteilung der Flüchtlinge. Es fehle in der EU sowohl an „Europa“ als auch an „Union“. Dabei stehe die EU schwierigen Problemen gegenüber: Neben der Flüchtlingskrise sei die Euro-Krise noch nicht überwunden, hinzu komme der IS-Terror im Nahen Osten und die unberechenbare Politik Russlands. Er habe aber die Hoffnung, so McAllister, dass die EU gestärkt aus der Krise hervorhegen werde.

Bericht: Andreas Grau, Stefan Marx

Asset-Herausgeber

Kontakt

Dr. Michael Borchard

Dr

Leiter Wissenschaftliche Dienste / Archiv für Christlich-Demokratische Politik

Michael.Borchard@kas.de +49 30 26996-3581 +49 30 26996-53581