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Das Phänomen Wade

от Dr. jur. Stefan Gehrold, Carola Horn
Schauplatz Dakar am 3. April 2010: Auf einer der zwei vulkanischen Erhebungen (den einzigen der Stadt) versammeln sich 19 afrikanische Staatschefs. Darunter so illustre Figuren wie der simbabwische Präsident Robert Mugabe und der libysche Präsident Muammar-al Khadafi. Der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade hatte zur Einweihung eines Monuments „für die Ewigkeit“ geladen. 130 Meter ragt es in die Höhe.

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Drei Meter höher als die Freiheitsstatue. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Statue zeigt einen muslimischen Mann mit Kind auf dem Arm, die Frau an der Hand, gen Nordwesten blickend. Sein Name: „Monument de la Renaissance Africaine“. Ein Mahnmal der Auferstehung und Wiedergeburt des afrikanischen Volkes nach den Jahren der Unterdrückung (Sklaverei und Kolonialisierung). Wades Hoffnung: Das Monument wird bald in einem Atemzug mit dem Eiffelturm, der Freiheitsstatue und Christo Rei in Rio genannt.

Doch das Monument ist umstritten. Neben der fragwürdigen Finanzierung und nordkoreanischen Bauleitung wird auch die Darstellung kritisiert: Die zum Mann aufblickende Frau stünde für ein überholtes Frauenbild. Zudem sei die Statue nicht repräsentativ für ganz Afrika. Schließlich wären nicht alle Afrikaner Muslime. Einige islamische Würdenträger sprechen im Zusammenhang mit der Statue von Gotteslästerung.

Einige Monate nach der Einweihung sind nun die gehissten Flaggen, das einzig genuin Afrikanische an dem Monument, bereits ausgefranst und der Glanz der Statue in der alltäglichen Abgaswolke der Großstadt verblasst. 22,9 Millionen Euro, munkelt man, ließ sich der Präsident das Monument kosten. Der Betrachter kann sich des Gedankens nicht erwehren, dass der 84-jährige Staatschef um jeden Preis seine Spuren auf dem Kontinent hinterlassen will und so „unsterblich“ werden will. Dabei ist dieses Monument, an dem sich die Gemüter scheiden, Symbol für die Ambivalenz des Phänomens Wade: harsche Kritik und grenzenlose Bewunderung im Senegal, seine Vision für ein starkes Afrika und sein Streben nach weltweiter, auch persönlicher, Anerkennung und Bedeutung.

Wer ist Abdoulaye Wade?

Im April 2000 gewann Abdoulaye Wade, damals schon 75, die Präsidentschaftswahlen. Ein großer Moment für ihn und für den Senegal. Er markierte das Ende der 40 Jahre währenden Alleinherrschaft der Sozialistischen Partei. Erst seit den achtziger Jahren gab es freie und geheime Wahlen. Mindeststandard für die Existenz eines demokratischen Systems. Die Senegalesen gewannen erstmals Vertrauen in die Mitgestaltung ihrer eigenen Zukunft und die Demokratie. Ein System, das vorgeblich schon seit 40 Jahren ihr Land prägte.

Begünstigt wurde die „Alternance“, wie Wade den Wechsel bezeichnete, durch die immer schlechter werdenden Lebensbedingungen unter Vorgänger Abdou Diouf. Zahlreiche Strom- und Wasserausfälle, geringe Löhne und der gewaltsame Konflikt in der Casamance schürten unter anderem die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Dazu kam, dass die Entwertung des westafrikanischen Franken FCFA 1994 die Kaufkraft verringerte und das Leben für viele zusätzlich erschwerte. Nach der Wahl schwappte eine Welle der Freude durch den Senegal. Die Menschen versprachen sich Aufbruch und Wandel, den Wade und seine Partei verkörperten. Die „Alternance“ war Wirklichkeit geworden. Die Menschen feierten, als sei schon geschehen, was doch nur ein Versprechen der Regierung Wade war: ein Politikwechsel. Sie vergaßen dabei, dass zunächst nur der Regierungswechsel, nicht etwa der Wandel selbst, bewerkstelligt worden war. Unterstützung hatte Abdoulaye Wade vor allem in der jungen Bevölkerung. Das Wahlalter war von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt worden. Seine Regierung stellte in Aussicht, was die Senegalesen erhofften: Beschäftigung, Wirtschaftswachstum, Wohlstand. Diese Wünsche spiegelten die Bedürfnisse der Menschen nach jahrelanger Misswirtschaft, Korruption und Verarmung als Konsequenz einer völlig verfehlten Wirtschaftspolitik der Sozialistischen Partei. Bei erheblichem Bevölkerungswachstum war das Wirtschaftswachstum gegen Ende der 90er Jahre im Grunde auf Null geschrumpft. Der Senegal verarmte zunehmend.

Ein Meister der Darstellung

Wade macht alles anders, ist atypisch, lässt sich nicht in eine Rolle zwängen. Er vermittelt gern den Eindruck, er könne alles umwälzen, genießt es „anders“ zu sein als seine Vorgänger. Er gönnt sich keine Pause, aus Angst, danach den Einstieg nicht mehr zu finden. Auch wenn der Zauber des Wahlsiegs schnell verstrich, lässt sich die Frage, ob man die Entscheidung der Senegalesen zum Wandel bereuen sollte, nicht leichthin bejahen. Die Wirklichkeit, die Regierung Wade, er selbst sind zu komplex. Trotz der Kritik heute war das Phänomen wohl der einzig mögliche, friedliche Ausweg aus dem Sozialismus für das Land.

Der senegalesische Präsident legt Wert auf Symbole. Während der o. e. Eröffnungsveranstaltung kündigte er die Schließung der französischen Militärbasis in Dakar an. Beobachter werten das als Streben nach völliger Unabhängigkeit. Die Bevölkerung in Dakar ist nicht glücklich mit der Entwicklung. Direkt hängen 3.000 senegalesische Jobs am Verbleib der Franzosen in Dakar. In einem Land mit einer offiziellen Arbeitslosigkeit von 48%. Mit dem Abzug der französischen Einheiten verliert der Senegal einen wichtigen wirtschaftlichen Antrieb. Wades Entscheidung steht für Unabhängigkeit und Autonomie, doch die Unzufriedenheit im Land steigt.

Abdoulaye Wade kämpft an vielen Fronten. Inzwischen auch gegen die Medien. Als Oppositionsführer war er noch ihr Liebling. Bereits einige Monate nach seinem Amtsantritt jedoch begann die Kritik. Auf die Kritik hin strich Wade die Pressesubventionen, zensierte politische Schriften, die Kritik an seinem Regierungsstil beinhalteten, ließ Journalisten verhaften. Doch die kritischen Journalisten geben dem Druck nicht nach und veröffentlichen weiterhin. Sein Vorhaben, eine „Hofzeitung“ (Quelle: Jeune Afrique 2010) einzurichten, scheiterte. Zuletzt initiierte er eine Pressereform, in deren Konsequenz vermutlich zahlreiche Journalisten ihre Akkreditierung verlieren werden.

Auch zehn Jahre nach der Wahl bleibt der Regierungschef ein Rätsel, um dessen Person sich zahlreiche Anekdoten und Mythen ranken. Die Legenden zeugen von Willensstärke, Kraft und Entschlossenheit. Wade ist ein „political animal“, ein Terrier. Er kämpfte jahrzehntelang gegen die sozialistische Regierungspartei, zeterte, wetterte, wurde inhaftiert, entlassen, kritisierte wieder lautstark die Demokratiedefizite in seinem Land. Nachdem er 2000 endlich an der Spitze des Staates stand, etablierte er eine universelle Präsenz in allen Lebensbereichen der Gesellschaft. Kein Thema, zu dem er keine Meinung hat und sie nicht lautstark äußert. Bildung, Kunst, Architektur, Medizin, die Erosion der Halbinsel von Dakar, Musik oder Palästinakonflikt. Wade schürt das Feuer der Diskussionen. Er äußert sich spontan, wenn auch nicht zwangsläufig kohärent. Gefürchtet bei seinen Beratern: Die Phase, wenn die ihm vorbereiteten Reden zu langweilig werden, er die Manuskripte wegschiebt und mit der Improvisation beginnt. Dann kommt es schon vor, dass bei der Welt-AIDS-Konferenz er die Verantwortung für Verhinderung der Weiterverbreitung des HI-Virus’ „im Wesentlichen den Frauen“ zuschiebt. Er gibt gern den Samariter. möchte Volksnähe beweisen. Nach den Überschwemmungen 2002 am Senegalfluss schleppte er eigenhändig Sandsäcke und verteilte Reis. Wade: ein Meister der Darstellung, doch wie effektiv ist die Politik, die dahinter steht?

Zehn Jahre Regierung Wade – eine Erfolgsbilanz?

Während des Wahlkampfs 2000 versprach Wade das Ende der Machtkonzentration in der Person des Präsidenten. Ein Basisproblem der meisten afrikanischen Regierungssysteme. Im Senegal wurde die Amtszeit des Präsidenten 2001 durch institutionelle Reformen auf fünf Jahre mit maximal zwei Mandaten verkürzt. Die Machtkonstellation blieb jedoch unverändert. Heute beschäftigen sich Verfassungsjuristen mit der Frage, ob Abdoulaye Wade 2012 abermals kandidieren darf, denn das Gesetz trat erst nach seinem ersten Amtsantritt in Kraft. Diese Frage wurde wiederum erst aufgeworfen, nachdem offensichtlich wurde, dass eine einfache Übergabe des Präsidentenamtes an Sohn Karim Wade, den heutigen Minister für Infrastruktur, demokratisch nicht einfach zu bewerkstelligen sein würde. Dieser schnitt nämlich bei den Bürgermeisterwahlen 2009 in Dakar überdurchschnittlich schlecht ab.

Das Volk ist erzürnt darüber, dass für Karim Wade eine Superministerposition für Infrastruktur geschaffen wurde. Eine lex Karim sozusagen. Zudem begegnet Karim Vorbehalten in der Bevölkerung: Mutter Französin, Frau Französin, aufgewachsen und ausgebildet in Frankreich, lange in London berufstätig, spricht die Landessprache Wolof praktisch nicht. Lieber wäre dem Volk Wades ideologischer Ziehsohn Idrissa Seck, Bürgermeister in Thiès, der nach vielem politischen Hin und Her und Skandalen wieder den Weg zurück zur Partei fand. Ihn bat Wade, sich im Hintergrund zu halten, damit der Präsident in der Öffentlichkeit nicht wie der „Gorgui“ (der Alte) neben dem jungen Reformisten erscheint.

Während sich Karim Wade um den Ausbau der Corniche (prächtige Küstenstraße in Dakar) kümmerte, blieben notwendige Reformen in der Landwirtschaft und der Wirtschaftsgesetzgebung aus. Für den angestrebten Wandel in den Regionen wurden die Prioritäten nicht richtig gesetzt. Die Weiterentwicklung der Kommunalen Selbstverwaltung schreitet nicht richtig voran. Immer noch ist die Landwirtschaft abhängig vom Erdnussanbau und viele Bauern nutzen das Potential ihrer Felder ungenügend. Die Monopolstruktur (Erdnussanbau) lähmt die nötige Umstellung auf konkurrenzfähige Produkte (Gemüse und Früchte) und erhält die Abhängigkeit vom Weltmarktpreis für die Erdnuss.

Der Senegal hat eine negative Handelsbilanz. Gerade im wichtigen Nahrungsmittelsektor ist das Land in keinem Bereich auch nur in der Nähe der Selbstversorgung. Die Folge: Steigen die Preise auf dem Weltmarkt, insbesondere durch eine Erhöhung des Ölpreises, kommt es aufgrund fehlender Mittel zu Ernährungskrisen, die Wut der Bevölkerung entlädt sich auf der Straße.

Besorgnis erregend ist auch die Abhängigkeit der Stromversorgung des Landes vom Ölpreis. Die senegalesischen Elektrizitätswerke nutzen fast ausschließlich Dieselgeneratoren zur Stromerzeugung. Diese sind veraltet. Ferner steigt mit dem Ölpreis auch der Preis der Kilowattstunde. Die Folgen für die Haushalte und die Industrie sind offensichtlich.

Die Wirtschaft wächst langsamer als der Durchschnitt in der Afrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEMOA, dafür aber dauerhaft positiv und soll 2010sogar 3,5% erreichen. Auf dem Human Development Index rutsche Senegal in einem Jahr von Platz 157 auf 166 (Human Development Report 2009) und im Corruption Perception Index liegt es auf Platz 99 hinter anderen afrikanischen Ländern wie Ruanda, Liberia und Burkina Faso.

Dennoch: Die Medien sind im Wesentlichen frei, es gibt eine sich langsam entwickelnde Mittelklasse, die Immobilienpreise in Dakar explodieren, die Bauwirtschaft boomt, die Analphabetenrate sinkt und die AIDS-Rate bleibt seit Jahren auf niedrigem Niveau. Das Nullwachstum der Ära Diouf ist Geschichte. Zehn Jahre Regierung Wade: Die Bilanz ist durchwachsen.

Wade, der Staatsmann

Bewusst hat Wade für sein Denkmal den Namen „Afrikanische Wiedergeburt“ gewählt, repräsentativ für alle Staaten des Kontinents. Er hat eine Vision für Afrika. Sein Ziel ist die Demokratisierung des Kontinents durch die Tugend der Worte und vorbildliches demokratisches Verhalten. Warum ausgerechnet er und nicht einer seiner Kollegen? Wade sieht seine Amtsgenossen in anderen Ländern als Usurpatoren. Er selbst hingegen erlangte die Macht mit demokratischen Mitteln.

Doch die Mediatorenrolle fällt ihm nicht immer leicht. Im Oktober 2002 bemühte er sich um eine Lösung im Elfenbeinkonflikt, wurde jedoch bald von seinem burkinischen Pendant Blaise Compaoré ersetzt. Auch während der Madagaskarkrise versuchte er zu vermitteln. Ohne Erfolg. Dennoch schreibt er sich weiter eine führende Rolle in der Entstehung der afrikanischen Union zu.

Mit allen Mittel ringt Wade um Prestige. Er vermittelte im Fall Gilad Shalit und kümmerte sich um die Freilassung Francoise Clotilde Reiss’, die im Iran festgehaltene Französin. Nach dem Erdbeben in Haiti lud er großzügig alle Opfer ein, „zu ihren afrikanischen Wurzeln zurückzukehren“ und versprach ihnen Land. Dies steht im Widerspruch zum Schicksal zahlreicher politischer Flüchtlinge, die jährlich im Senegal Zuflucht finden. Sie erhalten weder Land, noch einen Flüchtlingsstatus. Die Frustration und Kriminalität in den Vorstädten steigt stetig. Kritiker werfen ihm vor, in Afrika und der Welt den Mediator spielen zu wollen, aber die Realitäten im eigenen Land aus den Augen zu verlieren.

Seinen OMEGA Plan 2001 musste der Staatschef am Ende mit dem Milleniumsaktionsplan Algeriens, Nigerias und Südafrikas innerhalb der NEPAD fusionieren. Der Plan ähnelte dem Marshall Plan für Europa und sah Investitionen in Großprojekte vor, um die wirtschaftliche Dynamik anzustoßen. Für Senegal bedeutete dies den Ausbau der Infrastruktur durch eine Autobahn, einen neuen Flughafen und einen neuen Hafen. Der Senegal erhielt eine besondere Rolle als Drehscheibe in der Region. Immerhin: Hatten die Projekte kurzfristig keine reelle Finanzierungsperspektive, sind sie jetzt in Angriff genommen. Man hofft, dass der Flughafen noch im Sommer 2011 in Betrieb genommen werden kann.

Abdoulaye Wade kämpft seit zehn Jahren auf internationaler Ebene um Anerkennung und Prestige. Er würde gerne im selben Atemzug wie Nelson Mandela genannt werden und freut sich, wenn er mit ihm verglichen wird. Beide sind Anwälte. Der eine kämpfte 26 Jahre in der Opposition, um dann Präsident zu werden. Der andere verbrachte 26 Jahre in den Verließen Südafrikas und wurde dann Staatoberhaupt. Vergleichbare Karrieren? Wird Abdoulaye Wade unsterblich? Der Nelson Mandela Westafrikas? Dann müssten auch sichtbarere innen- und wirtschaftspolitische Taten folgen. Solange dies nicht geschieht, bleibt Wade noch ein Phänomen.

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