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Kongress kippt Ausnahmezustand erneut

von Dr. Rudolf Teuwsen

Wöchentlich Neues aus Guatemala, Honduras und El Salvador

Liebe Interessierte an der Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Guatemala und Honduras: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie in Mittelamerika aus? Welche anderen Ereignisse des politischen und wirtschaftlichen Lebens in diesen Ländern geschehen sonst noch? Und wie arbeitet die KAS eigentlich unter den derzeitigen Bedingungen? Wenn Sie die Antworten auf diese oder ähnliche Fragen interessieren, bieten wir Ihnen in diesem Blog Woche für Woche die wichtigsten Neuigkeiten und einen kleinen Einblick. Danke für Ihr Interesse und viel Vergnügen bei der Lektüre.

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Zum zweiten Mal in nur drei Wochen musste Präsident Alejandro Giammattei im Parlament von Guatemala eine schwere Niederlage einstecken. Zum zweiten Mal lehnten die Abgeordneten einen von der Regierung verhängten Ausnahmezustand ab. Dabei hatte es vor der Regierungsentscheidung im Kongress Gespräche aller Fraktionen gegeben, die darin mündeten, der Exekutive einen gemeinsamen Brief mit der Forderung nach energischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zuzustellen. Dennoch kehrten am Ende nicht nur die Opposition, sondern auch mindestens zwei Fraktionen, die bislang den Präsidenten unterstützt hatten, der Regierung den Rücken.
Während der Sitzung hatte Parlamentspräsident Allan Rodríguez, der der Partei Vamos von Präsident Giammattei angehört, von seinem Platz aus mehr als eine halbe Stunde lang über das Mobiltelefon offenbar mit Bestechungsangeboten versucht, Abgeordnete dazu zu bewegen, dem Ausnahmezustand zuzustimmen. Zwar wurde die Übertragung der Sitzung auf Facebook Live plötzlich abgebrochen, aber ein Politiker einer Oppositionspartei ließ die Öffentlichkeit über sein Mobiltelefon an den Vorgängen teilhaben. Inzwischen wurde auch Anzeige wegen des Versuchs der Bestechung gegen den Parlamentspräsidenten erstattet; es ist aber unwahrscheinlich, dass die Staatsanwaltschaft jemals irgendwelche Untersuchungen dazu aufnehmen wird.
Zwar stößt die Ablehnung des Ausnahmezustandes in der Öffentlichkeit auf breite Zustimmung; kritisiert werden die Abgeordneten, die sie beschlossen haben, aber auch dafür, dass sie keine konkreten Vorschläge zur Eindämmung des Infektionsgeschehens gemacht haben. Immerhin herrscht inzwischen in 305 der 340 Kommunen des Landes die Corona-Alarmstufe Rot, in weiteren 21 Orange und nur in 14 die Stufe Gelb. Die Fraktionsspitzen haben sich daher darauf verständigt, so schnell wie möglich ein zeitlich befristetes Gesetz zu verabschieden, das den zuständigen Behörden erlauben soll, nicht nur Restriktionen zu verhängen, sondern auch Käufe zur besseren Ausstattung der überlasteten Krankenhäuser des Landes zu tätigen. Letzteres wäre zwar auch jetzt schon unter Berufung auf eine bestehende Regelung (Beschaffungsgesetz (Ley de Compras y Contrataciones), Art. 44, Buchstabe b)) möglich, jedoch nur in Kooperation mit internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsbehörde, was die Möglichkeiten für unlauteres Gebaren bei der Auftragsvergabe erheblich erschwert. Unterdessen haben Ärzte eines der größten öffentlichen Krankenhäuser in Guatemala-Stadt beim Verfassungsgericht eine Klage gegen den Präsidenten und die Gesundheitsministerin eingereicht, mit der sie effektive Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erzwingen wollen. Das medizinische Personal der öffentlichen Krankenhäuser klagt schon seit langem über fehlende finanzielle und ideelle Unterstützung durch die Politik. Deren Entscheidungen gehorchen eher den Interessen der Wirtschaft als dem Rat der Sachverständigen.
Die beiden Niederlagen der Regierung im Kongress werfen schon jetzt ihre Schatten auf zwei anstehende Entscheidungen von großer Bedeutung: der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2022, die in spätestens elf Wochen erfolgen muss, und der Neuwahl des Parlamentspräsidiums, bei der nicht nur der amtierende Präsident infrage steht, sondern auch, ob es der Präsidentenpartei überhaupt gelingt, das Amt für sich zu verteidigen.

Die oppositionelle Linkspartei Libre in Honduras hat im Wahlkampf angekündigt, in den ersten 100 Tagen nach einem Wahlsieg diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen zu China aufnehmen zu wollen. Sie verbindet damit das Versprechen einer starken Ausweitung der Exporte und der damit verbundenen Einnahmen. Mit dieser Entscheidung wäre eine vollständige Abkehr von der bisherigen Außenpolitik des Landes verbunden, dessen wichtigster wirtschaftlicher und politischer Partner die USA sind und das zudem einer der wenigen verbliebenen Partner Taiwans in der Region ist.
Taiwan ist sogenannter extra-regionaler Partner im Konsortium der Zentralamerikanischen Bank für wirtschaftliche Integration (Banco Centroamericano de Integración Económica, BCIE), die ihren Sitz in Tegucigalpa hat. In den letzten Jahren hatten sich jedoch aus der Region Panama und El Salvador von dem Inselstaat ab- und dem kontinentalchinesischen Riesen zugewandt. Verblieben sind als Partner in Mittelamerika nur Honduras, Guatemala und, was erstaunt, das von einem kommunistischen Diktator beherrschte Nicaragua. Eine wichtige Rolle könnten in dieser Richtungsentscheidung die Sonderwirtschaftszonen ZEDE spielen, die von der Libre abgelehnt und nur von der regierenden Nationalpartei vorangetrieben werden. Mit Investitionen in einer oder mehreren dieser Zonen könnte sich Taiwan der Loyalität von Honduras versichern. Andererseits ist aber auch nicht auszuschließen, dass selbst die Nationalpartei, sollte sie nach den Wahlen in Honduras an der Macht bleiben, den Kontinentalchinesen die Türen für Investitionen in den Sonderwirtschaftszonen öffnet und damit de facto die Beziehungen zu Taiwan abbricht.

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6. September 2021
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