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Länderberichte

Besuch im Zeichen des Miteinander

von Dr. Otmar Oehring

Papst Franziskus besucht Jordanien

Papst Franziskus besuchte zum Auftakt seiner dreitägigen Reise durch das Heilige Land mit Jordanien erstmals ein muslimisch geprägtes Land. Mit dem Papstbesuch verbanden Vertreter von Christen und Muslimen die Hoffnung auf einen Austausch der Religionen - und eine positive Wirkung auf die gesamte Region.

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Am 24. Mai 2014 besuchte Papst Franziskus Jordanien als erste Station seiner Reise durch den Nahen Osten. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Konflikte in den Nachbarregionen, dankte der Papst Jordanien für die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge aus Palästina, dem Irak und Syrien und rief zu einem Ende der Gewalt in Syrien auf. Sein eintägiger Besuch begann mit einer öffentlichen Messe im Stadion der Al Hussein Sports City in Amman, an der mehr als 25.000 Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen teilnahmen.

Vor 50 Jahren reiste zum ersten Mal ein Papst, Papst Paul VI., in die Region. Nun, im Jahr 2014, steht der Nahen Osten vor neuen Herausforderungen. Insbesondere der anhaltende Konflikt in Syrien hat erhebliche Auswirkungen auf die politische und sozioökonomische Lage in der gesamten Region. Jordanien ist als Nachbarland zu Syrien besonders von der Flüchtlingskrise betroffen, in erster Linie von der humanitären Krise und den damit einhergehenden sozioökonomischen Problemen, und der Sicherheitskrise. Rund eine Millionen syrische Flüchtlinge sind derzeit in Jordanien registriert. Das Flüchtlingsleid stand auch beim Jordanienbesuch von Papst Franziskus im Mittelpunkt.

Bereits im Vorfeld des Besuchs erklärte Pfarrer Rifaat Bader, der Sprecher der katholischen Kirche in Jordanien und Organisator des Papstbesuchs, dass „der Papst die Aufmerksamkeit auf die Notlage derjenigen lenken möchte, die aufgrund der Gewalt leiden und gezwungen waren, aus ihren Häusern zu fliehen.“ Mindestens 17.000 der 600.000 registrierten syrischen Flüchtlinge in Jordanien sind Christen. Der Besuch des Papstes sollte allerdings primär eine „humanitäre Begegnung“ sein, und keine „liturgische, da wir hier nicht nur Christen haben, sondern Muslime und Christen, die leiden“, so Rifaat Bader. Papst Franziskus „wird die wichtigsten Gruppen im christlichen Herzen, im kirchlichen Herzen, im jordanischen Herzen und im Herzen des Papstes aufnehmen- Waisen, Kinder mit Krebs, Behinderte und Flüchtlinge“.

Besuch im Zeichen des Miteinanders von Muslimen und Christen in Jordanien

In Jordanien stellen die Christen eine kleine Minderheit dar, von den über sechs Millionen Einwohner zählen 220,000- also ca. 2,8 bis 3 Prozent der Gesamtbevölkerung- zu der christlichen Glaubensgemeinschaft. Die Hälfte der Christen gehört der orthodoxen Kirche an, die andere Hälfte zumeist der katholischen Kirche. Das Land repräsentiert sich offiziell als „Modell der Interreligiosität und des Zusammenlebens“, in dem Christen und Muslime friedlich vereint sind. „Jordanien ist ein Mosaik verschiedener Menschen und Religionen, die in Harmonie zusammenleben und politische Stabilität genießen“, so Michel Hamarneh, Direktor des Royal Institute for Interfaith Studies (RIIFS). Der katholische Patriarchatsvikar in Jordanien, Bischof Marouan Lahham erklärte, dass Muslime und Christen gegenseitigen Respekt und eine solide und stabile Beziehung in Jordanien genießen. Neben den von vielen Seiten als positiv beschriebenen Beziehungen zwischen Muslimen und Christen in Jordanien, kritisieren andere, dass eine Religionsfreiheit in der Verfassung explizit festgelegt werden müsste, und nicht wie bisher nur eine Freiheit der Religionsausübung.

Als problematisch gelten beispielsweise Konversionen und die Heirat zwischen einer Muslimin und einem Christen. „In Jordanien haben wir ... keine wahre Religionsfreiheit. Es gibt nur wenige Konversionen .... Glaube ist hier eher ein soziales denn ein persönliches Phänomen. Wenn man also seinen Glauben ändert, verändert man auch die Familie, Gesellschaft und Bezugspersonen…“ Weiterhin wird das fehlende Lehren des christlich-arabischen Erbes in den öffentlichen Schulcurricula bemängelt, die im Gegensatz zu privaten Schulen, die Thematik der arabischen Christen auslassen würden. Auch Papst Franziskus äußerte in seiner Rede beim Empfang durch König Abdallah II. den Wunsch, dass die Religionsfreiheit in allen Teilen des Nahen Ostens verwirklicht wird, welches die „Freiheit, in religiösen Dingen dem eigenen Gewissen zu folgen, die Freiheit der Religionsausübung, die Freiheit die Religion zu wählen, die man für die wahre hält, und den eigenen Glauben öffentlich zu bekunden“, umfasse.

Der Besuch des Papsts Franziskus richtete sich neben der Förderung des friedlichen Zusammenlebens zwischen Muslimen und Christen, auch auf die Einheit der Christen in der Region. Der Papst-Besuch könne somit als Fortsetzung des Katholisch-Orthodoxen Dialogs verstanden werden, so Bischof Maroun Lahham.

Reaktionen auf den Besuch

Der königliche Palast gab bekannt, dass der Besuch Papsts Franziskus einen „bedeutenden Meilenstein für Bruderschaft und Vergebung zwischen Muslimen und Christen“ darstelle und die „Botschaft des Friedens“ verfestige. Papst Franziskus folgte der Einladung des Königs Abdallah II., dem er und seiner Frau, Königin Rania, im vergangenen Herbst eine private Audienz gegeben hatte. Papst Franziskus unterstrich die führende Rolle des Königs bei der Förderung des interreligiösen Dialogs. Er drückte König Abdallah II. seine Wertschätzung für dessen Förderung eines „angemesseneren Verständnisses der vom Islam verkündeten Tugenden und eines friedvollen Zusammenlebens unter den Anhängern der verschiedenen Religionen“ aus. In diesem Zusammenhang dankte der Papst für seine Unterstützung bedeutender Initiativen zum interreligiösen Dialog, die ein besseres Verständnis zwischen Juden, Christen und Muslimen führen würden, darunter insbesondere die „Interreligiöse Botschaft von Amman“.

Der Besuch des Papsts Franziskus fiel mit dem 10. Jahrestag der Veröffentlichung der „Botschaft von Amman“ zusammen, welche zu einer Abkehr von Gewalt und Intoleranz und zu einer Stärkung der Harmonie zwischen den Anhängern aller Religionen aufruft. Die Amman-Botschaft wurde vielerorts als positives Beispiel für ein friedliches Zusammenleben von Muslimen und Christen hervorgehoben. Für dieses wurden drei Prioritäten festgelegt: Anhänger unterschiedlicher Religionen sollen nicht aneinander vorbei leben, sondern als eine Gemeinschaft miteinander, die Schaffung eines ergebnisorientierten interreligiösen Dialogs und die Erinnerung, dass sich Religion und Gewalt ausschließen. In Amman waren im Vorfeld des Papstbesuchs Banner aufgehängt worden, auf denen zu lesen war: „Der Heilige Stuhl und das Hashemitische Königreich Jordanien: Gemeinsam, um eine Zivilisation des Friedens und der Versöhnung aufzubauen.“ König Abdallah II betonte beim Empfang des Papsts Franziskus, dass er als 41. Nachfahre des Propheten Mohammed danach trachte, den wahren Geist des Islam zu unterstreichen und erklärte, dass es seine haschemitische Pflicht sei, den Schutz der heiligen Stätten von Christen und Muslimen in Jordanien und in Jerusalem zu gewährleisten sowie den Charakter der Heiligen Stadt (Jerusalem) als Ort der Verehrung sicherzustellen.

Die herausragende Stellung Jordaniens bei der Vorantreibung des interreligiösen Dialogs wurde bereits im Vorfeld des Papstbesuchs durch christliche Vertreter, wie Bischof Maroun Lahham, un-terstrichen, die sich in der umfassenden Unterstützung der brüderlichen christlich-muslimischen Beziehungen darstellen würde. In diesem Kontext lud im vergangenen September 2013 das jordanische Königreich zu einem Gipfel von Oberhäuptern der christlichen Gemeinden ein, um auf die Probleme und Herausforderungen, die Christen im Nahen Osten betreffen, hinzuweisen und Lösungsansätze zu erarbeiten. An dem Gipfel nahmen 70 Priester, Bischöfe und Delegierte aller christlichen Konfessionen aus der gesamten Region teil. Zum Auftakt der Konferenz erklärte König Abdallah II., dass der Schutz der Christen in den religiösen Konflikten, die im Nahen Osten vorherrschen, „keine Frage der Höflichkeit“ sei, sondern „Pflicht“. Arabische Christen nähmen eine Schlüsselrolle ein beim Aufbau arabischer Gesellschaften und der Verteidigung der nationalen Rechte. Die arabisch-christliche Identität müsste daher in jeden Fall unterstützt werden.

Offizielle des Tourismusministeriums hatten erklärt, dass man mit dem Besuch des Papstes zeigen wolle, dass Jordanien ein Land des Friedens und der Stabilität sei, auch um den faktisch lahmenden Tourismus weiter aus zu bauen. In dem Zusammenhang soll Jordanien auch zunehmend als integraler Bestandteil des Heiligen Lands erklärt werden, da nach Jesus’ Taufe im Jordan die christliche Botschaft verbreitet wurde.

Botschaft des Friedens und Aufruf zum Ende der Gewalt in Syrien

Papst Franziskus rief in der öffentlichen Messe in Amman vor zehntausenden Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen dazu auf, den Frieden zu fördern. „.Den Frieden kann man nicht kaufen, er wird nicht feilgeboten: „Der Friede ist ein Geschenk, das man geduldig suchen und „von Hand“ aufbauen muss durch kleine und große Handlungen, die unser alltägliches Leben einbeziehen. Der Weg zum Frieden festige sich, wenn wir erkennen, dass wir alle das gleiche Blut haben und Teil des Menschengeschlechts sind; wenn wir nicht vergessen, dass wir einen einzigen Vater im Himmel haben und alle seine Kinder sind, geschaffen als sein Abbild, ihm ähnlich.“ Vor dem Hintergrund anhaltender Konflikte in den Nachbarländern Jordaniens, insbesondere in Syrien, dankte er beim Empfang durch König Abdallah II. Jordanien für die „großherzige Aufnahme“ zahlreicher Flüchtlinge aus Palästina, dem Irak und Syrien. „Diese Aufnahme verdient der Würdigung und der Unterstützung der Internationalen Gemeinschaft“.

Bei seiner Begegnung mit ca. 600 syrischen und irakischen Flüchtlingen, sowie Behinderten in einer Kirche in Bethanien am Jordan, den Taufplatz Jesu, beteuerte Papst Franziskus seinen Aufruf an die Internationale Gemeinschaft, Jordanien in der „Bewältigung des humanitären Notstands, der sich aus dem Zustrom einer so hohen Anzahl von Flüchtlingen auf seinem Territorium ergibt, nicht alleine zu lassen, sondern ihre Unterstützungs- und Hilfsaktion“ fortzusetzen und zu steigern. In seiner emotionalen Ansprache erneuerte er seinen Aufruf zum Frieden in Syrien. „Möge die Gewalt aufhören und das humanitäre Recht geachtet werden, indem der leidenden Bevölkerung die notwendige Hilfe garantiert wird! Alle sollen den Anspruch aufgeben, die Lösung der Probleme den Waffen zu überlassen, und stattdessen zum Verhandlungsweg zurückkehren. Die Übereinkunft kann nämlich einzig durch den Dialog und die Mäßigung erreicht werden, durch das Mitgefühl mit den Leidenden, durch die Suche nach einer politischen Lösung und durch das Verantwortungsgefühl für die Mitmenschen.“ Mit wütender Stimme rief er: „Wer gibt Krisenländern Waffen, um den Konflikt zu verlängern?“ Seit drei Jahren werde das Land durch einen „brudermörderischen Konflikt“ zerfleischt, dessen Wurzel Hass und „die Geldgier der Waffenhersteller und des Waffenhandels“ sei. Man müsse „für diese armseligen Leute beten, damit sie sich bekehren“.

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