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Länderberichte

Frankreich im Frühwahlkampfmodus

von Dr. Norbert Wagner

Duell Sarkozy - Juppé

In diesen Tagen jährt sich die Wahl von François Hollande zum Präsidenten Frankreichs zum dritten Mal. Im Mai 2017 stehen die nächsten Präsidentenwahlen an. Zwar sollte man eigentlich erwarten, dass die hohe und weiter steigende Arbeitslosigkeit (mehr als 3,5 Mio., ca. 11%, März 2015), die stagnierende Wirtschaft, das Haushaltsdefizit oder die geplante Abschaffung des angeblich „elitären“ Deutschunterrichts in den Schulen die innenpolitische Debatte beherrschen. Doch in Wahrheit bewegt nur ein Thema die Gemüter: die Präsidentenwahl 2017.

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Dies auch vor allem deswegen, weil die Franzosen von den ersten drei Jahren der Amtszeit von François Hollande maßlos enttäuscht sind auch von den verbleibenden zwei Jahren nichts mehr erwarten. Und hoffen, dass 2017 alles besser wird.

„Les Républicains“

Auch die nächsten Wochen werden gänzlich von der Perspektive 2017 geprägt sein. Am 30. Mai wird die UMP ihren „Neugründungskongress“ abhalten. Dabei sollen mit einem neuen Namen („Les Républicains“), mit neuen Statuten und einem neuen Programm die Weichen für den Sieg im Jahr 2017 gestellt werden.

Von dem neuen Namen, der übrigens bei den Mitgliedern und führenden Politikern keineswegs auf einhellige Begeisterung stößt, erhofft sich der Präsident der UMP Nicolas Sarkozy die Manifestation des Neustarts der Partei, die in den letzten Jahren vor allem mit internen Querelen die Schlagzeilen beherrscht hat. Auch die neuen Statuten der Partei stehen ganz im Zeichen der Präsidentenwahl 2017, denn diese sollen auch die für den 20. und 27. November 2016 vorgesehenen Vorwahlen (primaires) regeln. Bis dahin hofft Nicolas Sarkozy die Anzahl der Mitglieder von gegenwärtig rund 300.000 auf bis zu 800.000 zu steigern.

Das Reglement für die Vorwahlen, das Nicolas Sarkozy unter der Ägide eines François Fillon nahestehenden Politikers (Thierry Solère) erarbeiten lies, sieht mitgliederoffene Vorwahlen vor. Jeder Franzose, der in das staatliche Wählerverzeichnis eingetragen ist, einen Text unterschreibt, in welchem er sich zu den republikanischen Werten der bürgerlichen Rechten und des Zentrums bekennt, sowie zwei Euro bezahlt, kann an den Vorwahlen (in Wahlbüros) teilnehmen.

Kandidaturen müssen bis zum 9. September 2016 erklärt werden. Die Kandidaten müssen eine gewisse Anzahl von Unterschriften von Mitgliedern, Abgeordneten/Senatoren und Lokalpolitikern, die ihre Kandidatur unterstützen, beibringen. Der Wahlkampf für die Primaires beginnt am 21. September 2016.

Duell Sarkozy - Juppé

Schon jetzt kann man bis zu zehn Politiker benennen, die mehr oder minder offen ihre Absicht bekundet haben zu kandidieren. Soweit absehbar, wird die Entscheidung auf ein Duell zwischen Nicolas Sarkozy und Alain Juppé hinauslaufen.

Nach einer Umfrage von IFOP/Journal du Dimanche (April 2015) würden die Sympathisanten von Mitte-Rechts Nicolas Sarkozy (42%) als Kandidaten vorziehen, gefolgt von Alain Juppé (33%) und Bruno Le Maire (12%). François Fillon (5%), Nathalie Kosciusko-Morizet (4%), Xavier Bertrand (3%) und Hervé Morin (1%) folgen abgeschlagen auf den weiteren Plätzen.

Eindeutiger sieht das Ergebnis der Umfrage unter den UMP-Sympathisanten aus: Nicolas Sarkozy (58%), Alain Juppé (22%), Bruno Le Maire (9%).

Angesichts dieser und anderer ähnlicher Umfrageergebnisse wird nun heftig spekuliert über Absprachen und Allianzen zwischen Juppé, Fillon oder Juppé und Le Maire mit dem Ziel, Nicolas Sarkozy als Kandidaten der Mitte-Rechts-Parteien bei den Präsidentenwahlen 2017 zu verhindern.

Parteikongress des PS

Auch der PS bereitet sich mit einem Kongress (5. - 7. Juni 2015) auf die Wahlen 2017 vor. Dabei steht die Partei vor einer Zerreißprobe. Die Linie von Präsident François Hollande und Premierminister Manuel Valls wird von den „Frondeurs“, einer Gruppe von 30-50 linken PS-Abgeordneten, massiv abgelehnt. In den letzten Monaten konnte die Regierung Valls nur durch wiederholte Zugeständnisse oder durch Rückgriff auf Verfahrenstricks Mehrheiten für Gesetzesvorhaben in der Assemblée Nationale organisieren. Es ist nicht zu erwarten, dass die Frondeurs für ihre Linie bei dem Parteitag eine Mehrheit zustande bringen. Hollande und Valls müssen aber darauf bedacht sein, dass der PS an seinem linken Rand nicht noch stärker zerfasert als dies ohnehin schon der Fall ist. Je mehr linke Politiker innerhalb und außerhalb des PS sich zu einer Kandidatur in der ersten Runde der Präsidentenwahlen berufen fühlen, umso geringer sind die Chancen, daß der Hauptkandidat des PS in die zweite Runde gelangt. Dies hatte schon im Jahr 2002 Lionel Jospin den Einzug in die zweite Runde der Präsidentenwahlen gekostet.

Duell Hollande - Valls?

Eine weitere Konfliktlinie zeichnet sich zwischen Präsident François Hollande und Premierminister Manuel Valls ab. Zwar vermeidet Präsident Hollande, sich zu einer weiteren Kandidatur zu äußern. Aber alles deutet darauf hin, daß er gedenkt, auch bei der Wahl 2017 wieder anzutreten. „Hollande prépare déjà 2017“ (Hollande bereitet schon 2017 vor), so der Titel auf der ersten Seite des Figaro vom 27. April 2015. Aber auch Premierminister Valls dürfte seine Kandidatur bei den Wahlen 2017 planen. Dies umso mehr, als er unter den PS-Sympathisanten und auch in der Bevölkerung insgesamt weitaus bessere Sympathiewerte erzielt als Präsident Hollande, der aus seinem Umfragetief nicht herausfindet.

Manuel Valls wäre laut einer Umfrage von IFOP/Le Journal du Dimanche (April 2015) als Kandidat für die Präsidentenwahlen 2017 mit 29% klarer Favorit der Sympathisanten der Linken (PS, Front de Gauche, Grüne). An zweiter Stelle folgt Martine Aubry (19%). Und erst auf den dritten Platz François Hollande (18%). Ségolène Royal könnte immerhin mit 13% rechnen, Arnaud Montebourg mit 9%, Cécile Duflot (Grüne) mit 6% und Benoît Hamon ebenfalls mit 6%.

François Hollande wird Hoffnung daraus schöpfen, dass ihm auch zwei Jahre vor der Präsidentenwahl 2012, als er in den Umfragen mit 5% unter ferner liefen rangierte, kaum jemand einen Sieg bei den Vorwahlen geschweige denn bei den Präsidentenwahlen zutraute.

Dennoch wird er zu verhindern suchen, dass der PS Vorwahlen abhält. Den amtierenden Präsidenten in Vorwahlen zu zwingen, käme einer Desavouierung gleich, die seine Chancen zusätzlich reduzieren würde. Es ist außerdem schwer vorstellbar, dass ein amtierender Präsident 6-8 Monate vor den Präsidentenwahlen an Vorwahlen zur Kandidatur für das Amt, das er gerade innehat, antritt.

Auf dem Kongress im Juni werden die Be-fürworter einer Kandidatur von François Hollande vermutlich bemüht sein, dass diese Büchse der Pandora nicht geöffnet wird. Die Befürworter von Vorwahlen dagegen werden die guten Erfahrungen bei den Vorwahlen 2011 und die demokratische Tradition des PS anführen.

Auf Grundlage der aktuellen Umfragewerte hätte ein Kandidat Hollande bei der ersten Runde der Präsidentenwahlen weder gegen Nicolas Sarkozy noch gegen Alain Juppé eine Chance, in die zweite Runde der Präsidentenwahlen zu gelangen.

Hier deutet sich ein weiteres Dilemma für die Linke bei den Präsidentenwahlen an. Falls François Hollande bei der ersten Runde der Präsidentenwahlen antreten sollte, ist nahezu fest damit zu rechnen, das weitere Kandidaten der Linken antreten werden. Nicht nur Cécile Duflot und Jean-Luc Mélenchon, sondern auch Arnaud Montebourg und/oder Benoît Hamon. Dadurch würden die Aussichten weiter getrübt, einen linken Kandidaten in die zweite Runde zu bringen.

Will die Linke ihre (derzeit geringe) Chance bei den Präsidentenwahlen wahren, sind Vorwahlen innerhalb eines breiten Spektrums der Linken Voraussetzung. Dagegen scheint François Hollande fest zu Kandiidatur entschlossen. Hollande setzt darauf, daß auch Nicolas Sarkozy wieder kandidieren wird und dadurch seine eigenen Chancen wachsen. Er hofft auf eine Wiederholung des Duells Hollande/Sarkozy von 2012 einschließlich des damaligen Ergebnisses. Die Umfragen stützen allerdings diesen Optimismus Hollandes nicht.

Prognose: zweite Runde der Präsidentenwahlen 2017

Nahezu alle Umfragen gehen gegenwärtig davon aus, dass Marine Le Pen (FN) ohne Schwierigkeiten in die zweite Runde der Präsidentenwahlen 2017 gelangen wird. Auch die Politik hat dies bereits weitgehend und geradezu fatalistisch akzeptiert. Während im Jahr 2002, als Jean-Marie Le Pen es in die zweite Runde schaffte, noch ein Aufschrei durch das Land ging, wird das weitere Erstarken des FN quasi als unabänderlich hingenommen.

Gleichwohl kann man, sofern die Umfrageergebnisse zutreffen, zurzeit ausschließen, daß Marine Le Pen die Präsidentenwahlen gewinnen könnte. Am größten wären ihre Chancen noch gegen François Hollande. Bei früheren Umfragen lag sie sogar schon vor ihm.

Marine Le Pen hätte aber weder gegen Alain Juppé noch gegen Nicolas Sarkozy eine Siegeschance. Am deutlichsten wäre ihre Niederlage gegen Alain Juppé, weil Juppé bei einer Konstellation Juppé/Le Pen in der zweiten Runde mit größerer Unterstützung linker Wähler rechnen könnte als Nicolas Sarkozy.

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