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Politische Stimmung vor der Bundestagswahl 2025 und Erwartungen an die Parteien

von Caroline Werkmann, Dr. Hans-Jürgen Frieß

Alles muss, nichts darf sich ändern?

Wie sprechen die Wählerinnen und Wähler unterschiedlicher Parteien über die zentralen gesellschaftspolitischen Herausforderungen wie Migration, Wirtschaft und Klima? Hat sich das politische Meinungsklima verändert? Diese Studie liefert auf Basis von zwölf Face-to-Face Fokusgruppendiskussionen an insgesamt sechs Standorten wichtige Erkenntnisse über die politische Grundstimmung in Deutschland. Die Beobachtungen lassen zudem positive Rückschlüsse auf die Debattenkultur in Deutschland zu.

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Vom 29. November bis 5. Dezember 2024 führte das Meinungsforschungsinstitut Ipsos im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung eine qualitative Fokusgruppenstudie zur politischen Stimmungslage in Deutschland durch. Untersucht wurden die Einstellungen der Wählerschaft der AfD und des neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sowie aller anderen Bundestagsparteien zu zentralen gesellschaftspolitischen Herausforderungen wie Migration, Wirtschaft und Klima. Dazu fanden in sechs Großstädten – Dresden, Düsseldorf, Hannover, Berlin, Mannheim und Rostock – insgesamt zwölf Face-to-face-Fokusgruppen mit je acht Teilnehmenden statt.  

Die zentralen Erkenntnisse dieser Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die vorherrschende politische Grundstimmung ist von einer differenzierteren Wahrnehmung der Herausforderungen geprägt und weicht teilweise vom pessimistischen Tenor des Vorjahrs ab. Trotz zahlreicher Kritikpunkte und Sorgen rücken positive Aspekte und Entwicklungen stärker in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Dennoch offenbart sich über alle Wählergruppen hinweg ein gewachsenes Problembewusstsein, das sich insbesondere auf die zentralen Themenfelder Migration und Wirtschaft bezieht.
  • Besonders auffällig ist, dass die Migrationsdebatte von einer Rückkehr zu einer gewissen Tabuisierung des Themas gekennzeichnet ist, die möglicherweise als Reaktion auf vergangene Polarisierungen und eine breitere gesellschaftliche Unsicherheit im Umgang mit dem Thema zu verstehen ist. Gleichzeitig ist jedoch auch eine Versachlichung des Diskurses und eine stärker problemorientierte Auseinandersetzung mit migrationspolitischen Fragen zu beobachten, die zumindest in Teilen auf einen mäßigenden Einfluss der BSW-Wählerschaft in den AfD-Gruppendiskussionen hindeutet.
  • Wirtschaftliche Themen und damit verbundene Abstiegsängste haben im Vergleich zum Vorjahr deutlich an Bedeutung gewonnen und lösen Migration zunehmend als zentrales bzw. alles überlagerndes Thema ab. Klimaschutz hat über alle Wählergruppen hinweg drastisch an Priorität eingebüßt, obgleich er ein polarisierendes und emotional aufgeladenes Thema bleibt.
  • Das BSW fordert als neue Partei traditionelle Positionierungsschemata heraus. Während AfD und BSW von ihren jeweiligen Wählerinnen und Wählern ähnliche Attribute wie ausgeprägter Veränderungswille und eine besondere Bürgernähe zugeschrieben werden, kritisieren die Wählerinnen und Wähler anderer Parteien hingegen einen als populistisch wahrgenommenen Politikstil. Gleichzeitig werden beide Parteien als von den etablierten Parteien ausgegrenzt und stigmatisiert wahrgenommen.
  • Trotz grundsätzlicher Unterschiede ähneln sich die Wahlmotive von AfD- und BSW-Wählenden in Bezug auf den vielfach geäußerten Wunsch nach einem tiefgreifenden politischen Wandel und eine hohe Kompetenzzuschreibung beider Parteien in den Bereichen der Migrations- und Wirtschaftspolitik. Zwar zeigt sich bei BSW-Wählerinnen und -Wählern durchaus eine Offenheit gegenüber AfD-Positionen und eine gewisse Wechselbereitschaft, jedoch findet auch eine starke Abgrenzung gegenüber den rechtsextremen Teilen der AfD statt. Die AfD-Anhängerschaft wirkt weitgehend immun gegen Kritik an rechtsextremen Positionen, was auf eine weitere Verfestigung der Wählerbasis hindeutet.
  • Unter den anderen Bundestagsparteien profitieren vor allem die Union – und in Teilen auch die SPD – vom Wunsch nach Stabilität. Den Grünen wird trotz einer drastisch gesunkenen Bedeutung des Themas Klimaschutz in der politischen Debatte von ihren Anhängerinnen und Anhängern weiterhin eine hohe umwelt- und klimapolitische Kompetenz und Glaubwürdigkeit zugeschrieben.
  • Die durchgeführten Fokusgruppen offenbaren trotz zunehmender Polarisierung und Herausbildung von Echokammern in den sozialen Medien einen gesunden Kern der deutschen Debattenkultur. Es gibt ein starkes Bedürfnis nach einem überparteilichen Dialog. Die Bereitschaft zum Austausch und das Interesse an anderen Meinungen sind grundsätzlich vorhanden.  

Diese und weitere detaillierte Befunde lesen in der gesamten Studie „Alles muss, nichts darf sich ändern? – Eine qualitative Analyse der politischen Stimmung vor der Bundestagswahl 2025 und Erwartungen an die Parteien“ hier als PDF.

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Kontakt

Dr. Viola Neu

Dr. Viola Neu

Stellvertretende Leiterin Analyse und Beratung,
Leiterin Wahl- und Sozialforschung

viola.neu@kas.de +49 30 26996-3506

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Über diese Reihe

Die Publikationen des Monitors Wahl- und Sozialforschung sind Teil unserer Monitor-Publikationsreihe. Die Reihe Monitor behandelt übersichtlich jeweils ein Schwerpunktthema aus der Perspektive der KAS-Expertinnen und -Experten und ordnet es anhand weniger „Punkte zum Mitnehmen“ in den politischen und gesellschaftlichen Kontext ein.