Veit, Otto
Veit, Otto
geb. am 29.12.1898, gest. am 31.01.1984
Veit, Sohn eines Generals, gilt als einer der herausragendsten Geld- und Währungstheoretiker und -praktiker der Nachkriegsjahre in der Bundesrepublik Deutschland. Er hat einen bedeutenden Beitrag zum Aufbau einer stabilen Geld- und Währungsverfassung und damit zur politischen Umsetzung des Konzeptes der Sozialen Marktwirtschaft geleistet. Darüber hinaus hat sich Veit mit Philosophie und Soziologie beschäftigt und sich ein Ansehen als Universalgelehrter erworben. Sein Selbstverständnis als „Liberaler“ und seine enge Mitgliedschaft im Freiburger „Ordo-Kreis“ unterstreichen seine Zugehörigkeit zum Kreis der Väter der Sozialen Marktwirtschaft. Er galt als ausgezeichneter Schreiber und Redner, war humanistisch gebildet und bekannt als ausgeprägte, prinzipienfeste Persönlichkeit.
Seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen
beziehen sich in erster Linie
auf die Geld- und Währungspolitik
und sind nicht erst während seiner
Zeit an der Universität entstanden. Eines
seiner Hauptwerke, die „Reale
Theorie des Geldes“ (publiziert
1966), entsprang bereits einem Denkprozess
der letzten Kriegswochen
und entstand ohne enge Verknüpfung
mit der herrschenden Geldtheorie.
Veits Verständnis von Geld als einem
Gut, das sich nicht in seinem
Wesen, sondern nur im Grad seiner
Liquidität, also der Verfügungsmacht
über andere Güter von diesen unterscheidet,
zieht sich wie ein roter Faden
durch seine Publikationen zur
Geldtheorie und begründet seine eigenständige
liquiditätstheoretische
Position. In dem Sammelband „Währungspolitik
als Kunst des Unmöglichen“
und einem geldpolitischen
Standardwerk der 60er und 70er Jahre,
„Grundriss der Währungspolitik“,
verarbeitet Veit auch seine Erfahrungen
aus seiner Zeit als Präsident der
Landeszentralbank von Hessen.
Veit befasst sich in seinen Büchern
und Aufsätzen nicht nur mit Währungstheorie
und -politik, sondern
auch mit kultursoziologischen und
-philosophischen Themen. Im Zentrum
des Interesses steht dabei – ähnlich
wie bei Walter Eucken und
Alexander Rüstow – die Freiheit
des Menschen, deren Erhaltung er
bereits in den Zeiten nationalsozialistischer
Diktatur eingefordert hatte
und die als Grundlage seiner nationalökonomischen
Theorien dient. In
seinem soziologischen Hauptwerk
„Soziologie und Freiheit“, das 1957
als Überarbeitung des zehn Jahre zuvor
publizierten Werkes „Die Flucht
vor der Freiheit“ veröffentlicht wurde,
setzt sich Veit mit der Gefahr des
Freiheitsverlustes durch die „Hypertrophie
der materiellen Entwicklung“
auseinander. Immer wieder sucht Veit
auch nach Erklärungen für die
schrecklichen Geschehnisse während
des Nationalsozialismus. In seinem
1965 publizierten Buch „Christlich-jüdische
Koexistenz“ versucht er, eine
Basis für ein gleichberechtigtes Zusammenleben
in Deutschland zu
schaffen.
Beruflicher und wissenschaftlicher Werdegang
Nach dem Kriegsdienst sowie dem Studium der Volkswirtschaftslehre und der Philosophie in Frankfurt trat Veit 1929 eine Stelle als Schriftenleiter der „Industrie- und Handelszeitung“ (später „Nachrichten für den Außenhandel“) an, die er jedoch 1934 aus politischen Gründen wieder aufgeben musste. Er arbeitete daraufhin im Bankhaus Hardy & Co. in Berlin zunächst als volkswirtschaftlicher Berater, später bis Ende des Krieges als Geschäftsführer. In dieser Zeit entstanden seine ersten währungspolitischen Publikationen, so dass es nicht verwunderlich war, dass er 1946 zunächst als Generaldirektor zur Nassauischen Landesbank nach Wiesbaden und bereits ein Jahr später zum Präsidenten der Landesbank von Hessen nach Frankfurt berufen wurde. Dadurch war er ex officio Mitglied des Zentralbankrats der Bank deutscher Länder, der Vorgängerin der Deutschen Bundesbank, und wirkte während der ersten Monate ihres Bestehens als deren provisorischer Vorsitzender. Er saß bis 1952 an dieser Schaltstelle der Geld- und Währungspolitik in Deutschland. Im Februar 1952 übernahm er den neu eingerichteten Lehrstuhl für Wirtschaftliche Staatswissenschaften, insbesondere Währungs- und Bankpolitik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/ M. und wurde zugleich Direktor des dortigen Instituts für Kreditwesen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1969 lehrte. Er galt als Grandseigneur der deutschen Währungspolitik und blieb auch als Universitätsprofessor der Notenbank als Leiter des Prüfungsamtes verbunden.
Literaturhinweise:
- VEIT, O. (1947), Die Flucht vor der Freiheit: Versuch zur geschichtsphilosophischen Erhellung der Kulturkrise, Frankfurt/ M.;
- DERS. (1948), Die Volkswirtschaftliche Theorie der Liquidität, Frankfurt/ M.;
- DERS. (1957), Soziologie der Freiheit, Frankfurt/ M.;
- DERS. (1961), Grundriss der Währungspolitik, Frankfurt/ M.;
- DERS. (1965), Christlich-jüdische Koexistenz, Frankfurt/ M.;
- DERS. (1968), Währungspolitik als Kunst des Unmöglichen, Frankfurt/ M.;
- DERS. (1966), Reale Theorie des Geldes, Tübingen.