Asset-Herausgeber

Veranstaltungsberichte

"Vergangeheitsbewältigung in Kroatien"

Die Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete gemeinsam mit der Kroatischen Katholischen Universität und dem "Zentrum zum Kulturwiederaufbau" am 18. Oktober in Zagreb eine Konferenz über Vergangenheitsbewältigung in Kroatien. In Anwesenheit des KAS-Referenten, Florian Feyerabend, berichteten der ehemalige Dissident und Verfolgter des kommunistischen Regimes in Jugoslawien, Dr. Anto Kovačević und der ehemalige Agent des jugoslawischen Geheimdienstes (UDBA), Željko Kekić über ihre Erfahrungen mit dem damaligen totalitären Regime.

Asset-Herausgeber

Der Rektor der Kroatischen Katholischen Universität, Prof. Dr. Željko Tanjić begrüßte zu Beginn die Teilnehmer und Gäste der Konferenz und unterstrich, dass eine ganze Reihe von Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) mit dem Themen der Vergangenheitsbewältigung und Versöhnung verbunden gewesen sind. Ihm Zufolge könne eine Versöhnung nur auf der Wahrheit beruhen. Ohne die gebe es keine Zukunft für die kroatische Gesellschaft. Darüber hinaus bedankte er sich beim Leiter des KAS-Auslandsbüros in Zagreb, Herrn Dr. Michael Lange, und der Stiftung für die langjährige Partnerschaft und Zusammenarbeit, denn gerade diese Zusammenarbeit habe dazu beigetragen, wichtige Punkte der sozialen und politischen Lage in Kroatien hervorzuheben.

Der Leiter des KAS-Auslandsbüros in Zagreb, Dr. Michael Lange verwies in seiner Rede auf die ähnliche Vergangenheit Kroatiens und der ehemaligen DDR. Viele Menschen seien in der ehemaligen DDR politischen Erpressungen und Spionage ausgesetzt worden und viele litten noch heute unter den Folgen solcher Menschenrechtsverletzungen. Dr. Lange wies auch auf ein Beispiel der Versöhnung hin, während seiner Dienstzeit in Südafrika, als Bischof Tutu in den 90er Jahren die „Truth and Reconcilation Commission“, mit dem Ziel die Täter und die Opfer der Apartheid zu versöhnen, gegründet hatte. All diejenigen, die sich an die Kommission als Täter wandten und sich bei ihren Opfern entschuldigt hätten, wurden von der Strafe befreit.

In seinem Vortrag zum Thema: “Warum es wichtig ist, unsere Vergangenheit zu verstehen”, betonte der Direktor des Zentrums zum Kulturwiederaufbau und Dozent an der Kroatischen Katholischen Universität, Dr. Stjepo Bartulica, dass er 1992 als 22-jähriger nicht gut verstehen konnte, was bis zum Zusammenbruch des Kommunismus geschah. Es sei ihm sehr schwer gefallen, enge Beziehungen zu Kollegen aufzubauen, da er mit vielen sehr vorsichtig umgegangen sei. Viele Menschen hier seien instrumentalisiert worden, aber nicht aus eigener Schuld, denn das Trauma sei real und tief. Der Teilnehmer des Gesprächs, Dr. Anto Kovačević, könne in gewisser Weise als ein „glückliches“ Opfer des ehemaligen Regimes bezeichnet werden, denn er sei noch am Leben und viele andere Opfer des Regimes seien nicht so glücklich gewesen. Obwohl er einige Zeit im Gefängnis verbrachte, könne er heute als Zeuge seiner Zeit über das Leiden seiner Familie berichten. Die Geschichte von Herrn Dr. Anto Kovačević als Dissidenten und Verfolgten des kommunistischen Regimes in Jugoslawien und dem ehemaligen Agenten des jugoslawischen Geheim-dienstes (UDBA), Željko Kekić, sei sehr lehrreich und hilfreich für alle. Hierbei handele es sich nicht um eine Rechtfertigung oder Relativierung der Vergangenheit – im Gegenteil. Am Ende seines Vortrags hob Dr. Bartulica die Bedeutung der Veranstaltung hervor und stellte fest, wie wichtig es sei, dass auch Studenten aus den Erfahrungen der damaligen Akteure über die Vergangenheit lernen können.

Im Anschluss fand ein moderiertes Gespräch mit Dr. Ante Kovačević und Željko Kekić. Dr. Kovačević berichtete über sein Leben von seinem Aufenthalt im Gefängnis in der bosnischen Stadt Zenica bis zur seiner politischen Aktivität in Kroatien nach dem „Heimatkrieg“. Er erläuterte, dass eine Versöhnung notwendig sei, aber sie müsse auf der Wahrheit beruhen und einer Versöhnung, wie zwischen ihm und seinem Verfolger und zwar, wenn der Verfolger zum Opfer sagt: Mea culpa, Mea culpa, Mea maxima culpa. Seiner Meinung nach versöhne man hier nicht die Ideologien – „Kroatentum“ und „Jugoslawentum“, sondern die Menschen. Die Menschen müssten sich aussöhnen, weil dies menschlich, christlich und kroatisch sei. Dies stelle aber heute in Kroatien eine Herausforderung dar, da die Wahrheit niedergetreten und besiegelt werde. Im Gegensatz zu Kroatien verzeichnen Länder, die die Lustration durchgeführt haben, eine positive ethische, politische, wirtschaftliche Entwicklung. Länder wie Kroatien, die das nicht gemacht hätten, versönken jedoch in der Dunkelheit.

Der ehemalige Agent des jugoslawischen Geheimdienstes (UDBA), Željko Kekić, sprach anschließend in seinem Vortrag über sein Leben, von seiner Ausbildung in der Polizeiakademie bis zum Agenten und seine Arbeitserfahrung im Geheimdienst. Seiner Meinung nach seien die Arbeitsmethoden der Geheimdienste, egal ob es sich dabei um totalitäre oder demokratische Regime handele, äußerst schmutzig. In der UDBA habe man mit einem Netzwerk von Informanten, die man überall gehabt habe, gearbeitet und ohne sie hätte man nicht machen können, was in der Tat getan wurde. Die größte Herausforderung für den heutigen Staat stellten gerade diese Mitarbeiter, die freiwillig für den Dienst gearbeitet haben, dar. Manchmal sei das Netzwerk so tief gegangen, dass in derselben Familie, am selben Tisch, das Opfer und der Mitarbeiter saßen. Oft habe man den Sohn gegen den Vater geworben und den Ehemann gegen die Ehefrau. Derjenige, der nah am Objekt stand, würde Probleme bekommen, wenn man nicht kooperierte. Durch die Institutionen des Systems hätte man auf die Massen Ein-fluss genommen um z. B. die Lebensgefährten gegeneinander zu entzweien um sie leichter in den Geheimdienst zu rekrutieren. Aus den Daten der verfügbaren Archive sei festzustellen, dass mit der UDBA und anderen Geheimdiensten in Kroatien etwa 500.000 Menschen zusammengearbeitet haben. Dies bedeute, dass jede zweite Familie in Kroatien einen „Verräter“ hätte. Eine Erleuchtung über seine vorherige Tätigkeit erlebte Herr Kekić nach einer Messe, als sich eine große Anzahl von Menschen von der Zagreber Oberstadt zum Unterschreiben einer Initiative begab, um den Namen des Zagreber Hauptplatzes in „ban Jelačić-Platz“ widerrufen. Damals habe er verstanden, dass es sich nicht mehr um Einzelpersonen handele, sondern um ein Volk, das seinen eigenen Staat wollte und keine Angst mehr vor dem Regime hatte. Am Ende betonte er, dass er Gott ersehen musste, um dieses erzählen zu können, denn er wolle mit seinem Beispiel allen anderen eine Möglichkeit geben, ihre Geschichte zu erzählen.

Bevor er das Wort an den Referenten für Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung, Florian Feyerabend übergab, bedankte sich der Rektor Prof. Dr. Tanjić bei allen Teilnehmern für einen ehrlichen Dialog und beim Publikum für ihr Interesse. Herr Feyerabend betonte zum Schluss, dass er froh sei, solche Ereignisse in Deutschland nicht erlebt zu haben, aber er sei mit diesem Thema sehr vertraut. Aus diesem Grund begrüße er solche Veranstaltungen, die zur Erkenntnis beitragen und die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Versöhnung die Wege zur Entwicklung der Gesellschaft verhelfen.

Asset-Herausgeber

Kontakt

Dr. Michael A. Lange

Dr. Michael A

Kommissarischer Leiter des Rechtsstaatsprogramms Nahost/Nordafrika

Michael.Lange@kas.de +361 1 385-094 +361 1 395-094

comment-portlet

Asset-Herausgeber

Asset-Herausgeber

Über diese Reihe

Die Konrad-Adenauer-Stiftung, ihre Bildungsforen und Auslandsbüros bieten jährlich mehrere tausend Veranstaltungen zu wechselnden Themen an. Über ausgewählte Konferenzen, Events, Symposien etc. berichten wir aktuell und exklusiv für Sie unter www.kas.de. Hier finden Sie neben einer inhaltlichen Zusammenfassung auch Zusatzmaterialien wie Bilder, Redemanuskripte, Videos oder Audiomitschnitte.