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5. Erfurter Debatte zu Wirtschaft und Glaube: Finanzwirtschaftssystem im Fokus

Vortrag und Gespräch

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Das Geld muss dienen und nicht regieren!

 

Am 2. Mai 2019 folgten ca. 120 Interessierte der Einladung des Politischen Bildungsforums Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung, sowie des Lehrstuhls für Kirchenrecht der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt und des Bundes Katholischer Unternehmer e.V. zur fünften Auflage der Veranstaltungsreihe „Erfurter Debatte zu Wirtschaft und Glaube“ , die seit ihrem Beginn im Jahr 2015 „Wirtschaft und Glaube“ in ihrem Beziehungsverhältnis ausgelotet. Themen waren u.a. die Frage nach der Zukunft der sozialen Markwirtschaft im Blick auf Digitalisierung & Globalisierung (2018); die Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmer(2017) sowie das Verhältnis von Barmherzigkeit und erfolgreicher Unternehmensführung (2016).

Da die Ökonomie im Allgemeinen und die Finanzwirtschaft im Besonderen einen enormen Einfluss auf das Leben der Menschen haben, stehen sie heute mehr denn je im Fokus unseres Interesses. Im Blick auf unsere postmoderne Gesellschaft und die Begründungsnotwendigkeit des christlichen Glaubens ist es von großer Bedeutung, dass sich auch die Theologie als Wissenschaft dezidiert zu den gesellschaftlichen Megathemen äußert und sich qualifiziert in die Debatte einbringt. An diesem Abend stand das „Finanzwirtschaftssystem im Fokus“. Die grundlegende Frage war, ob unser gegenwärtiges Finanzwirtschaftssystem den „Anforderungen von Ethik und Recht“ genügt? Dabei stellte sich natürlich immer wieder die Frage, wie ein Finanzwirtschaftssystem, das den Prämissen von Ethik und Recht entsprechen will, aussehen kann und wie es sich in der Zukunft gestalten wird. Just an diesem Punkt setzt ein Papier der Kongregation für die Glaubenslehre und des Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen an. Im Mai 2018 veröffentlichten diese beiden vatikanischen Behörden unter der Überschrift „Oeconomicae et pecuniariae quaestiones“ Erwägungen zu einer ethischen Unterscheidung bezüglich einiger Aspekte des gegenwärtigen Finanzwirtschaftssystems.

Prof. Dr. Ulrich Hemel, Bundesvorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer und Direktor Weltethos-Institut Tübingen, analysierte das vatikanische Papier und attestierte ihm zwar gute und hervorragende Impulse, jedoch keine hervorragende Qualität. Vielmehr wirke der Text für „die Fachlichkeit derer, die sich in der Finanzwirtschaft auskennen, an einigen Stellen ein wenig unterkomplex, ja geradezu vorurteilsbeladen. Für die Fachlichkeit von Theologen und Kirchenverantwortlichen ist er hingegen schwer verdaubar.“ Insgesamt sei der Text u.a. von unreflektierten Annahmen zum Wirtschaftsleben, wertenden und herabsetzenden Aussagen und Pauschalurteilen zum Finanzsystem und generell systemkritischen Äußerungen geprägt, aber auch von einleuchtenden Forderungen auf christlicher Wertebasis.

In der anschließend von Prof. Dr. Myriam Wijlens, Professorin für Kirchenrecht an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Erfurt und Initiatorin der Erfurter Debatte zu Wirtschaft und Glaube moderierten Podiumsdiskussion schloss sich die Bundestagsabgeordnete und finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Antje Tillmann diesem Urteil an. Sie entdeckte eine starke Einseitigkeit in dem vatikanischen Papier und hielt zugleich fest, dass „Ethik und Moral nicht vom Gesetzgeber herzustellen“ seien, dies vielmehr einer gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Der Vorstandsvorsitzende der Thüringer Aufbaubank Matthias Wierlacher bewertete die Frage aus v.a. aus der Perspektive der Bankenpraxis und erinnerte zugleich an die kulturellen Bedingtheiten von Ethik und Moral. Die Diskussion changierte zwischen grundsätzlichen Überlegungen zum Finanzwirtschaftssystem und der Beantwortung dieser Frage im Raum der Kirche. So wies Tillmann darauf hin, dass Reichtum an sich nicht unmoralisch sei und Wierlacher konstatierte, dass es sich die Situation von Ethik und Recht in den letzten Jahren verbessert hätten.  Auch im Raum der Kirchen müsste sich jedoch einiges tun. So forderte Hemel im Blick auf kirchliche Finanzen einen Lernprozess hin zu einer Demokratisierung und Professionalisierung. Letztlich seien dem für den Abend grundlegenden vatikanischen Papier v.a. zwei Punkte abzugewinnen: 1) Profit ist nicht alles und 2) die grundlegende Verantwortung für Mensch, Gesellschaft und Umwelt. Denn das entscheidende Kriterium für alles menschliche Tun, so die Quaestiones, sei die „ganzheitliche Förderung jeder Person, jeder menschlichen Gemeinschaft und der ganzen Menschheit“. Eben in diesem „ganzheitlichen Wohl“ liegt der letzte Zweck allen menschlichen Tuns – auch das der Finanzwirtschaft: „Das Geld muss dienen und nicht regieren!“ An der regen Diskussion beteiligten sich im Anschluss viele Zuhörer, auch der Erfurter Bischof Dr. Ulrich Neymeyr, der in einem Redebeitrag einen Einblick in die Finanzstrukturen des Bistums Erfurt gab. Seinen Abschluss fand der Abend in einem Schlusswort von Klaus Georg Schmidbauer, dem 1. Vorsitzender der Diözesangruppe Erfurt des Bundes Katholischer Unternehmer e.V. und einem sich anschließenden Empfang.

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