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Veranstaltungsberichte

Deutsch-ungarisches Forum über die Bekämpfung von Fluchtursachen

von Maximilian Heinz

Internationale Konferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung, des ungarischen Ministerpräsidentenamts und der EVP-Fraktion

„Religionsfreiheit und Entwicklungszusammenarbeit zum Abbau von Fluchtursachen“ war das Thema einer internationalen Konferenz am 17. September 2018 in Budapest. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem Ungarischen Ministerpräsidentenamt und der EVP-Fraktion im EP.

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Die rund 100 Gäste diskutierten mit Vertretern wichtiger deutscher, ungarischer und europäischer Organisationen sowie mit Politikern beider Länder über Chancen und Perspektiven der Entwicklungszusammenarbeit und die Sicherung der freien Religionsausübung zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Ein besonderer Fokus lag hierbei auf der Situation christlicher Glaubensgemeinschaften in den Krisengebieten des Nahen und Mittleren Ostens.

In ihren Eröffnungsreden wiesen György Hölvényi, Mitglied des Entwicklungsausschusses des Europäischen Parlaments und Ko-Vorsitzender der EVP-Fraktion Arbeitsgruppe für interreligiösen Dialog, und Frank Spengler, Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, auf die aktuelle politische Relevanz der Flüchtlings- und Migrationspolitik für die Gesellschaften in Europa hin. Hölvényi betonte den Zusammenhang zwischen Flüchtlings- beziehungsweise Migrationspolitik und Religionsfreiheit zur Bekämpfung der Fluchtursachen. So hob er hervor, dass die Lösung der Probleme in den Krisengebieten nicht nur unter Einbezug der christlichen Kirchen sondern aller Religionsgemeinschaften möglich sei. Frank Spengler hielt fest, dass neben Kriegen, Armut und wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit vor allem „die Unterdrückung der freien Ausübung der Religion“ eine wichtige Ursache für Flucht und Migration darstelle. In diesem Kontext wies Spengler auf die prekäre Situation christlicher Glaubensgruppen im Nahen und Mittleren Osten hin: „Besonders aussichtslos scheint die Lage der Christen im Irak und in Teilen Syriens zu sein. Viele Christen in diesen Ländern wenden sich an Europa mit der Bitte um die Sicherung ihres Lebensrechts in ihrer Heimat.“

Miklós Soltész, Staatssekretär für Kirchen- und Nationalitätenangelegenheiten im ungarischen Ministerpräsidentenamt, übte im Rahmen seiner Eröffnungsrede Kritik am Sargentini-Bericht und dem darin enthaltenen Vorwurf der Einschränkung der Religionsfreiheit in Ungarn. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Anstrengungen Ungarns zur Wahrung der Religionsfreiheit von Christen und Juden inner- und außerhalb Ungarns. In diesem Sinne habe Ungarn in den vergangenen drei Jahren rund 4,7 Milliarden Forint (rund 14,5 Millionen Euro) in insgesamt sechs Ländern in Afrika und im Nahen Osten ausgegeben. Diese Gelder seien für den Wiederaufbau und die Erneuerung von Kirchen, Schulen, Kranken- und Wohnhäusern verwendet worden, erklärte Soltész.

Markus Grübel, Mitglied des Deutschen Bundestags und Beauftragter der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, kritisierte in seiner Rede die oft unterschätzte Bedeutung von Religionsfreiheit. Rund 75 Prozent aller Menschen weltweit, insbesondere Christen, seien Opfer eingeschränkter oder nicht vorhandener Religionsfreiheit, so Grübel. Als besonders besorgniserregend bezeichnete er die zunehmende Tendenz zur Einschränkung von Religionsfreiheit, die Grübel am Beispiel der Christen veranschaulichte: „2007 wurden Christen in 107 Ländern verfolgt. Im Jahr 2016 waren es schon 144 Länder; in nur 10 Jahren, einer Dekade, eine Zunahme von fast 40 Prozent.“ Vor dem Hintergrund der Religionsfreiheit betonte Grübel die Notwendigkeit eines „friedlichen Nebeneinanders und Miteinanders“ der Konfessionen zur Minderung von Fluchtursachen einerseits und die Möglichkeiten der gemeinsamen Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands und Ungarns andererseits. Als mögliche Anknüpfungspunkte nannte Grübel die umfangreiche ungarische Expertise in den Bereichen militärisches Sanitätswesen und Wasserversorgung.

In einem Vortrag zur Migration bezeichnete José-Luis Bazán, Sekretär der Arbeitsgruppe für Migration und Asyl der COMECE, die weltweiten Migrationsbewegungen als „Minderheitsphänomen“. So seien nach Angaben des Experten aus Brüssel lediglich 3,3 Prozent der Weltbevölkerung als Migranten einzustufen. Bazán unterstrich zudem, dass Migration ein „stark fragmentiertes Phänomen“ sei, das je nach Herkunftsländern der Migranten, Stadt oder Region unterschiedlich betrachtet werden müsse. Darüber hinaus erläuterte Bazán die Migrationsbewegungen nach Europa, die geographisch und zeitlich betrachtet, deutliche Veränderungstendenzen aufwiesen.

István Joó, stellv. Staatssekretär für Exportsteigerung des Ministeriums für Außenwirtschaft und Auswärtige Angelegenheiten, hob die maßgebende Rolle Ungarns in der bilateralen und multilateralen Entwicklungspolitik hervor. Ungarn verfüge über eine gut aufgestellte und solide finanzierte Entwicklungszusammenarbeit. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2004 hätten sich Gesamtausgaben dafür von 70 auf insgesamt 149 Millionen Dollar (2017) verdoppelt. Außerdem betonte Joó, dass jedes Land im Rahmen der Entwicklungskooperation solche Sektoren am besten unterstützen könne, in denen es über entsprechende Ressourcen und Kompetenzen verfüge. Für Ungarn seien dies die Bereiche nachhaltiger Wasserbau, Bildung und Humanressourcen, so Joó.

Ulrike Gantzer-Sommer, Senior-Ländermanagerin der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), verwies auf ein verändertes beziehungsweise erweitertes Aufgabenspektrum in der deutschen Entwicklungspolitik: „die größten Aufgaben der letzten Jahre sind die Herausforderungen im Bereich Flucht und Migration, Abbau von Fluchtursachen sowie Wiederaufbau.“ Gantzer-Sommer erwähnte in diesem Zusammenhang zahlreiche Projekte der GIZ. Ferner wies sie auf die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit mit religiösen Autoritäten vor Ort hin.

Auf die Situation der christlichen Glaubensgemeinschaften im Irak und Syrien kam Dr. Otmar Oehring, Koordinator Internationaler Religionsdialog der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu sprechen. Im Irak, konstatierte Oehring, habe sich der Anteil der christlichen Bevölkerung seit der US-amerikanischen Invasion im Jahr 2003 von ehemals 1.500.000 auf gegenwärtig circa 200.000 Christen reduziert. In Syrien habe sich die Zahl der ansässigen Christen von ehemals 1.000.000 – 1.500.000 im Jahr 2010 auf gegenwärtig circa 300.000 – 500.000 verringert. Mit Blick auf Irak bemängelte er eine unzureichende Repräsentation christlicher Glaubensgemeinschaften auf politischer beziehungsweise parlamentarischer Ebene sowie den fehlenden Schutz durch die irakischen Sicherheitskräfte. In Syrien zeichnet sich nach Meinung Oehrings eine ähnlich prekäre Lage ab. So könne die Sicherheit für Christen in Syrien gegenwärtig nicht gewährleistet werden. Zudem sei an einen systematischen Wiederaufbau, der eine erneute christliche Präsenz begünstigen könne, derzeit nicht zu denken.

Den Abschlussvortrag hielt der griechisch-katholische Metropolit in Ungarn Fülöp Kocsis. Er beschränkte sich in seinem Vortrag auf die Situation christlicher Glaubensgruppen in Syrien. Den Syrien-Konflikt selbst bezeichnete Kocsis als eine „Verlängerung des Kalten Kriegs“, in dem es nicht um Syrien selbst ginge. Kocsis, der christliche Gemeinschaften in Syrien besuchte, berichtete von der Zerstörung christlicher Zeugnisse als auch von Entführung und Folter sowie über die Ermordung zahlreicher Christen durch jihadistische Gruppierungen.

Abschließend fand ein Diskussionsforum mit Markus Grübel MdB, dem designierten Staatssekretär für die Hilfe von verfolgten Christen Tristan Azbej und György Hölvényi MdEP statt. Im Zentrum der Diskussion standen hierbei die Möglichkeiten einer deutsch-ungarischen Kooperation im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Hölvényi betonte erneut die großen Anstrengungen, die sein Land im Nahen und Mittleren Osten unternehme. Dabei sprach Hölvényi von einem „Pflichtgefühl“ gegenüber verfolgten Christen in diesen Regionen. Aus der Sicht Ungarns liege der Fokus auf der Förderung und dem Schutz des Christentums. Es ginge nicht um eine „Favorisierung“ christlicher Glaubensgruppen, sondern schlichtweg um den Erhalt des christlichen Glaubens im Orient, unterstrich Hölvényi. Im Gegensatz hierzu erklärte Grübel die Notwendigkeit zur Unterstützung sämtlicher Religionsgemeinschaften in den Krisengebieten. Nach Auffassung der Bundesregierung könne aber nicht nur Christen Hilfe geleistet werden. Dies sei in Deutschland „nicht vermittelbar“, so Grübel. Angesprochen auf die Möglichkeiten einer engeren deutsch-ungarischen Entwicklungszusammenarbeit erklärte Grübel, dass insbesondere die Bundesrepublik, aufgrund der Größe des Landes und der vorhandenen Ressourcen, breiter fördern und größeres Engagement leisten könne. Ungarn hingegen, so seine Empfehlung, sollte Entwicklungsarbeit in solchen Sektoren anbieten, in denen das Land über hohe Expertise verfüge.

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