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Veranstaltungsberichte

„Hände weg vom Grundgesetz“

von Julia Rieger

Dormagener Gespräch zum Thema "70 Jahre Grundgesetz - sind wir noch in "guter Verfassung"?"

In diesem Jahr feiern wir 70 Jahre Grundgesetz – aber wie modern ist unsere Verfassung noch? Beim Dormagener Gespräch gibt Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichtes a.D. einen Einblick in unsere Verfassung und spricht über seine Bedeutung für unsere Gesellschaft.

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Wandlung und Stabilität

In ihrem Grußwort spricht die Leiterin des Regionalbüros Rheinland der Konrad-Adenauer-Stiftung über die Verantwortung von uns allen gegenüber der Verfassung: „Eine stabile Demokratie braucht auch die Unterstützung durch Demokratinnen und Demokraten“. Sie zitiert auch Kirchhof, der in einem Interview die Bedeutung des Grundgesetzes auf den Punkt brachte: „Die Verfassung sollte Grundsätzliches regeln und dann schweigen. Der Rest ist Demokratie.“

„Demokratie ist ein Freiheitsangebot“

Als nächstes wendet sich Hermann Gröhe MdB als Schirmherr der Veranstaltung an die Gäste: „Das Grundgesetz enthält nicht nur Spielregeln, sondern mit den Grundrechten auch einen ganz klaren Kompass.“ Diesen Kompass müssten wir auf unsere Zeit anwenden. Er lädt die Zuschauer ein, sich einzubringen: „Eine offene Gesellschaft beginnt mit dem Mitmachen. Der Laden läuft nicht, wenn alle nur auf der Zuschauertribüne sitzen.“

Fünf Gründe für ein starkes Grundgesetz

Seinen Vortrag beginnt Dr. Kirchhof mit einem Plädoyer für die Modernität des Grundgesetzes. Dafür nennt er fünf Gründe – der erste bezieht sich auf die Klarheit der Gesetzestexte: “ Das Grundgesetz trifft klare Grundsatzentscheidungen und verwässert nicht. Außerdem sei die Regierung durch das Gesetz sehr stark. Der dritte Grund: die Festschreibung der wehrhaften Demokratie, vor allem durch die Ewigkeitsklausel. Auch die Stärke des Rechtsstaats, die den Bürger schützt, sei ein Grund für die Modernität des Grundgesetzes. Und als einen der Kernpunkte nennt Kirchhof die Festschreibung der Grundrechte: „Das ist die beste Erfindung, die man jemals hatte.“

Wir bauen auf das Grundgesetz

Es gab zwar schon zu Zeiten der Weimarer Gesetze, die die Grundrechte enthielten – aber diese waren als Zielsetzungen formuliert: „Das war nicht das scharfe Recht, was man einklagen konnte.“ Die Grundrechte bauten Schutzrechte auf und definierten kurz die Einschränkungsmöglichkeiten des Grundrechtes. Das macht sie so modern: „Damit bleibt das Grundgesetz offen für Interpretationen aus der Zukunft, die man noch nicht absehen kann.“ Er nennt als Beispiel Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes: Die freie Persönlichkeitsentfaltung. Vor 70 Jahren sei noch nicht daran zu denken gewesen, dass wir heute Teile unserer Persönlichkeit auch im Internet teilen. „Das Grundgesetz ist hier gewappnet für die Zukunft – durch die klaren Rechte und die textliche Zurückhaltung.“

„Ritterschlag durch das Grundgesetz“

Die Protestbewegung in der DDR war auch eine Bewegung, die für sich auch die Grundrechte und das Grundgesetz forderte. Und auch ein anderes Tor blieb schon vor 70 Jahren offen: Obwohl niemand an die EU wie wir sie kennen dachte, schrieb man die Möglichkeiten der Kompetenzübertragung in der Verfassung fest.

„Der gute Wille macht keine guten Gesetze“

Danach spricht Kirchhof über Reformen des Grundgesetzes wie die Idee, die Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben. Das sei nicht nötig, da in der Rechtsprechung zu diesem Thema das Kindeswohl schon immer berücksichtigt werde. Er warnt, dass es nicht immer hilft, eine goldene Regel im Grundgesetz festzuschreiben: „Was in der Verfassung steht, steht nicht mehr für die Demokratie zur Verfügung – es wird nicht mehr diskutiert.“

Perspektive: Baustellen für das Grundgesetz

Trotzdem nennt Kirchhof Gebiete, auf denen es neue Gesetze geben muss. Private Unternehmen, auf die die Gesellschaft inzwischen angewiesen ist, seien teilweise nicht an die Grundrechte gebunden – vor allem auch, wenn sie wie Facebook in anderen Ländern sitzen und nicht an das deutsche Rechtssystem gebunden sind. Auch im Bereich der Digitalisierung muss -  auch auf europäischer Ebene - weitergearbeitet werden: „Algorithmen sind zutiefst undemokratisch“.

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