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Marcus Schmidt

Veranstaltungsberichte

„Identitäten sind formbar“

von Beverley Essuman

4. „Karl-Carstens-Rede“ mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble

Am 19. November 2019 fand die 4. „Karl-Carstens-Rede“, welche von der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen 2016 ins Leben gerufen wurde, statt. Dieses Jahr sprach Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble „Über Identitäten“. Der Veranstaltungssaal des Dorint City-Hotels sowie ein zusätzlicher Nebenraum, wo eine Übertragung der Rede stattfand, waren mit 800 Gästen komplett gefüllt. Über 1000 Interessenten hätten gerne an der Veranstaltung teilgenommen. Die Moderation übernahm Christina von Ungern-Sternberg, ZDF.

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Ralf Altenhof, Leiter des Politischen Bildungsforums Bremen begrüßte Wolfgang Schäuble als den „idealen Karl-Carstens-Redner“. Auch Ehrengäste wie Frank Imhoff (Präsident der Bremischen Bürgerschaft), Carsten Meyer-Heder (Landesvorsitzender der CDU Bremen) und Thomas Röwekamp  (Fraktionsvorsitzender der CDU Bremen) wollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den „idealen Karl-Carstens-Redner“ zu hören. Wie auch Carstens war Wolfgang Schäuble Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und Kanzleramtschef. Seit 2017 ist Schäuble Bundestagspräsident – ein Amt, das seinerzeit auch Carstens bekleidete.

Die Karl-Carstens-Reden werden seit dem Jahr 2016 durchgeführt. Durch die einzelnen Reden möchte die Konrad-Adenauer-Stiftung dazu beitragen, das Wirken des Bremer Politikers in Erinnerung zu rufen, welcher in seiner Heimatstadt kaum gewürdigt werde, so Ralf Altenhof. Der fünfte Bundespräsident bekannte sich stets zu Bremen und sei immer zur Stelle gewesen, wenn es um seine Heimatstadt ging.

„Über Identitäten“ ist ein aktuelles Thema zu Zeiten Carstens gewesen, aber auch heute. Eine positive Identifikation mit der eigenen Herkunft sei wichtig, zitierte Schäuble Carstens. Gerade im Osten falle es schwer, sich mit Gesamtdeutschland zu identifizieren. Dabei führt Schäuble eine Studie an, nach der sich die Mehrheit der Ostdeutschen nicht als Deutsche, sondern eher als Ostdeutsche fühlt. Jedoch solle nicht nach 30 Jahren Mauerfall auf einen „selbstgemachten Opferstatus“ behaart, sondern Selbstbewusstsein demonstriert werden. Denn gerade die Ostdeutschen haben den Westdeutschen eine Erfahrung voraus: Eine Anpassung an  massive Veränderungen bewältigen zu können. Gerade dies sei eine Tugend, von der Westdeutsche lernen können. Wir brauchen etwas, „was uns eint.“

Dabei betont er, dass Gruppenidentitäten, um die eigene Zugehörigkeit in der Gruppe zu stärken, häufig mit einer Abgrenzung nach außen einhergehen. Jedoch dürfen sich keine kleinteiligen Gruppenidentitäten entwickeln. Nationale Identität ergebe sich nicht daraus, dass wir alle dieselben seien. Hauptaugenmerk solle darin liegen, eine gemeinsame Erzählung sowie Aufgabe zu finden, zitiert Schäuble den britischen Philosophen Kwame Anthony Appiah.

Essenziell dabei sei es jedoch, Kritik und Konflikte aushalten zu können, nur so können eine plurale Gesellschaft und deren Vielfalt bestehen. „Identitäten sind formbar“, sagte Schäuble. Er sorge sich darum, dass die Fähigkeit, kritisch mit anderen Meinungen umzugehen, verloren ginge. Bestimmte Gruppen können nicht die ultimative Wahrheit bezüglich bestimmter Themen für sich beanspruchen. Dann könnten nur Schwarze über Sklaverei und Ostdeutsche über die DDR sprechen.

Schäuble warnt, indem er Karl Popper zitiert, davor, den Intoleranten Raum zu geben, denn uneingeschränkte Toleranz führe zu deren Zerstörung. Nach seinem Vortrag trat Schäuble mit der Moderatorin sowie dem Publikum in den Diskurs. Auf die Frage, ob er Angst vor Extremisten habe, antwortete Schäuble gekonnt: „Nein. Ob die Demokratie stabil bleibt, liegt nicht an den anderen, sondern an uns“.

Vor allem für die junge Generation könne Europa als Identität dienen. Dafür müsse der Zusammenhalt weiter gefestigt werden, denn kein Land in der europäischen Union könne ohne Europa wirklich bestehen.

Wolfgang Schäuble ging sehr auf die Fragen des Publikums ein. Er zeigte, dass Politiker Humor besitzen können. Durch seine pfiffigen Antworten und gelassene, aber ernste Interaktion mit dem Publikum schaffte er es, dem Publikum nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben.

Im Anschluss richtete Ralf Altenhof ein Schlusswort an die Gäste und verkündete den Redner der 5. Karl-Carstens-Rede. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff wird diese im kommenden Jahr halten. Anschließend wurde zum festlichen Empfang eingeladen.

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Kontakt

Dr. Ralf Altenhof

Dr

Landesbeauftragter und Leiter Politisches Bildungsforum Bremen

ralf.altenhof@kas.de +49 421 163009-0 +49 421 163009-9
Gütesiegel Weiterbildung v_3

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Über diese Reihe

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