Ignacio Zuasnabar, Direktor von Equipos Consultores de Uruguay, berichtete über die kurz- und langfristigen Tendenzen in der öffentlichen Meinung des Landes im Vorfeld der nationalen Wahlen, die im Oktober und November stattfinden werden und für die sich eine ähnliche Situation wie bei den Präsidentschaftswahlen 1999 abzeichnet. Zuasnabar räumte zwar ein, dass es noch viele Unbekannte gebe, betonte aber, dass die nächste nationale Regierung höchstwahrscheinlich ohne eigene Mehrheit im Parlament regieren müsse und daher darauf angewiesen sein werde, Pakte mit anderen Parteien im Parlament zu schließen. Er betonte auch, dass der derzeitige Kontext für eine Abwechslung günstiger sei als bei den letzten beiden nationalen Wahlen.

Dafür gibt es mehrere Gründe. Das Wichtigste: Die Bewertung des "Stands der Dinge" ist heute überwiegend negativ. Vor allem die wirtschaftliche Lage wird im Gegensatz zu den letzten Wahlen derzeit als ungünstig empfunden.

María Sara Abella, die einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften von der Universidad de la República hat, sprach anschließend mit den jungen Politikern über Führungsqualitäten und öffentliche Politik. Die Kernfrage des Vortrags lautete: In welchem Kontext entwickeln sich Führungsqualitäten? Gegenwärtig wird die Demokratie zunehmend in Frage gestellt, vor allem von populistischen Kräften sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite. Die Aufgabe der nächsten Jahre besteht also darin, den Wert der Demokratie zu erhöhen. In diesem Zusammenhang ist die Aufgabe der Kommunikation von besonderer Bedeutung.  Die Technologie hat auch die Art und Weise der Kommunikation und Repräsentation radikal verändert, und dies ist eine der wichtigsten Herausforderungen, vor denen junge Menschen in der Politik heute stehen.

Agustín Iturralde, Master in politischer Ökonomie der späten Entwicklung und akademischer Direktor des Centro de Estudios para el Desarrollo, untersuchte schließlich die Möglichkeiten für Uruguay, ein entwickeltes Land zu werden. Er begann mit der Feststellung, dass trotz des Eindrucks einer permanenten und weit verbreiteten Krise die Welt heute in Wirklichkeit einen unvergleichlich höheren Lebensstandard genießt als zu fast jeder anderen Zeit in der Geschichte der Menschheit. Die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen ist zurückgegangen. Die Demokratie hat sich, trotz aller Probleme, weltweit verbreitet. Frauen haben mehr Rechte als je zuvor, und die Kindersterblichkeit ist deutlich gesunken. In diesem Zusammenhang verfügt Uruguay heute auch in absoluten Zahlen über ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als jemals zuvor. Es ist jedoch festzustellen, dass das Land im Vergleich zu Ländern wie den Vereinigten Staaten, Frankreich oder England, mit denen es Ende des 19. und bis weit ins 20. Jahrhundert hinein den gleichen Lebensstandard hatte oder zumindest nicht weit zurücklag, relativ gesehen zurückgefallen ist. Wenn sich die Kluft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vergrößert hat, so liegt dies nach Ansicht von Iturralde unter anderem an der Beschaffenheit der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Institutionen in Uruguay, die trotz der hohen Demokratisierungsrate in einigen Bereichen noch Mängel aufweisen. Zum Abschluss seines Vortrags betonte Iturralde jedoch das Potenzial Uruguays, das erste voll entwickelte Land in der Region zu werden.