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Veranstaltungsberichte

Lösungsansätze zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit

V. Dikli Forum "Soziale Marktwirtschaft"

Experten aus Politik, staatlichen Institutionen, Wissenschaft und internationalen Think Tanks diskutierten zwei Tage lang über die Sozial- und Steuersysteme in Lettland, Litauen, Estland, Norwegen, Schweden und Deutschland. Im Mittelpunkt standen aktuelle Reformideen und verschiedene Ansätze zur Armutsbekämpfung und Verringerung von Ungleichheit unter Berücksichtigung der Förderung wirtschaftlichen Wachstums.

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So konzentrierten sich die Teilnehmer im ersten Panel „Gerechtigkeit in der Sozialpolitik“ darauf, was der Staat leisten könne und welche Reformen von Sozialleistungen sinnvoll wären. Im zweiten Panel „Gerechtigkeit in der Steuerpolitik“ wurde der Frage nachgegangen, wie diese Reformen finanziert werden können und welche Steuererleichterungen für welche Bevölkerungsgruppe angemessen sind.

Die lettische Ministerin für Soziales, Ilze Viņķele, eröffnete das 5. Dikli Forum in Lettland zum Thema Bekämpfung von Armut und Ungleichheit. Sie betonte die besondere Relevanz des Themas und ging auf notwendige Reformen in Lettland ein. Die Anzahl der Sozialversicherten sei durch „die Entwicklung des Arbeitsmarkts, der Reform des Bildungssystems und die Weiterbildung der Arbeitnehmer“ zu vergrößern, gleichzeitig müsse das Vertrauen der Gesellschaft in das Sozialsystem gestärkt und so die Bereitschaft zur Beitragszahlung erhöht werden. „An der Schwelle zu den nächsten zwanzig Jahren unserer Demokratie können wir es uns nicht leisten, halbherzig zu handeln“.

Die Themen Ungleichheit und Armut sind in Lettland höchst aktuell und wurden in den vergangenen Monaten innenpolitisch intensiv debattiert. In seiner Präsentation ging der Parlamentarische Staatssekretär des lettischen Sozialministeriums, Arvils Ašeradens, auf geplante Reformen im Sozialsystem ein, so u.a. auf die Revision der Lohnuntergrenze, strukturelle Reformen im Bildungssystem und eine Umstrukturierung der Landesverwaltung. Reinis Strolis, Berater des lettischen Finanzministers, stellte konkrete steuerpolitische Maßnahmen, darunter die Erhöhung des Mindestlohnes, die Senkung des individuellen Einkommensteuertarifs sowie differenzierte Steuerfreibeträge. Ziel der Reformen sind die Verringerung der Armutsrisiken von Lohnabhängigen, die finanzielle Entlastung von Geringverdienern und die Schaffung von Anreizen zur Reintegration in den Arbeitsmarkt.

Während Länder wie Deutschland, Schweden und Norwegen Gründungsmitglieder der OECD sind und auf langjährige Erfahrungen mit der Sozialen Marktwirtschaft zurückblicken, trat Estland erst 2010 der Organisation bei; Lettland hofft auf einen baldigen Beitritt. Die Unterschiede zwischen den Wohlfahrtssystemen sowie das Wohlstandgefälle zwischen den im Forum vertretenen Staaten sind erheblich. Bemüht man sich in Lettland um einen Ausbau der Sozialleistungen, so forderte Karin Svanborg-Sjövall, Vertreterin des schwedischen Think Tank Timbro, für Schweden einen Rückbau des Sozialsystems und grundlegende Reformen. Laut Frau Svanborg-Sjövall, verfügt Schweden über das „am weitesten entwickelte Wohlfahrtssystem der Welt“ und eine Rückkehr zu den Gründungsprinzipien des Systems sei notwendig. Das heißt, soziale Leistungen nur für diejenigen, die sie wirklich benötigen.

Ein wiederkehrendes Thema in den Diskussionen war die Einführung von Mindestlöhnen. Streitpunkt war hierbei u.a. die Frage, ob es einen staatlich festgelegten Mindestlohn geben sollte, oder ob diese Regelungen dem freien Markt zu überlassen sei. Die OECD vertritt hierbei die Ansicht, dass Mindestlöhne, sollte man sie einführen, möglichst niedrig anzusetzen seien. Im Vergleich der einzelnen Staaten wurde allerdings deutlich, dass die Bedeutung der Gewerkschaften in den einzelnen Ländern eine große Rolle spielt. So kann es in manchen Fällen durchaus sinnvoll sein, von staatlicher Seite Mindestlöhne festzulegen, wenn keine gesellschaftlichen Akteure vorhanden sind, die entsprechende Einigungen erzielen können. Bezüglich der Steuerpolitik, wurden die Vor- und Nachteile einer flatrate im Vergleich zu einer progressiven Einkommenssteuer besprochen. Das Thema ist besonders in den baltischen Staaten aktuell.

Eingerahmt wurden die Diskussionen von zwei Grundsatzvorträgen von Isabell Koske-Weber von Seiten der OECD und Herrn Prof. Dr. Christian Arndt von der Universität Nürtingen-Geislingen Universität. Prof. Arndt ging in seinem Einführungsvortrag auf die Ursachen und bestimmenden Faktoren von Ungleichheit ein. In seinem Vortrag erläuterte er, wie Ungleichheit definiert und wie sie, anhand zahlreicher Indikatoren, gemessen werden kann. Entscheidend hierbei sind individuelle Leistungsvermögen und instrumentelle Freiheiten. Der Begriff „individuelle Leistungsvermögen“ bezieht sich auf finanzielle Mittel sowie persönliche Faktoren wie Gesundheit und Bildung. Unter instrumentellen Freiheiten versteht man die institutionellen Rahmenbedingungen eines politischen Systems, wie zum Beispiel, Sicherheit sowie wirtschaftliche und politische Freiheit. Entscheidende Faktoren seien, so Arndt, die veränderte demographische Lage in vielen europäischen Ländern, technologische Entwicklungen und zunehmende Unterschiede in der Arbeitsintensität.

In ihrer Beitrag, betonte Frau Koske-Weber die entschiedene Bedeutung des gleichberechtigten Zugangs zur Bildung als einen der wesentlichen Faktoren zur Verringerung von Ungleichheit und Verbesserung der Qualifikationen der Menschen. In Be-zug auf das deutsche Bildungssystem, kritisierte Frau Koske-Weber die frühe Aufteilung der Schüler nach der 4. bzw. 6. Klasse als kontraproduktiv, da dadurch Schüler mit langsamerer Entwicklung benachteiligt würden. Außerdem sei eine Annäherung der Arbeitsrechte von Festangestellten und zeitlich befristeten Angestellten wichtig, um letzteren die Chancen auf längerfristige Verträge zu erhöhen.

Das V. Dikli Forum war ein großer Erfolg. Die verschiedenen Beiträge und Länderbeispiele präsentierten mögliche Lösungsansätze zur Bekämpfung von Armut und Ungleichheit und führten zu einem verbesserten Verständnis der Problematik.

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