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Online-Diskussion: Engpass für die Medienfreiheit in Südosteuropa während der COVID-19-Pandemie

von Ivanina Georgieva
In Südosteuropa steht es um die Medienfreiheit bereits in normalen Zeiten nicht zum Besten, in der aktuellen Corona-Krise schrumpft sie weiter. Es stellt sich die Frage, welche Rolle die Zivilgesellschaft und prodemokratische Institutionen übernehmen sollten, um diese in solchen Momenten zu schützen.

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Im Kontext von Falschnachrichten und Desinformation, Wiederaufleben von autoritären Tendenzen und das Streben der Regierungen nach mehr Macht im Land sowie einer verunsicherten, jungen Zivilgesellschaft, erweist sich eine Notstandsgesetzgebung als Katalysator für die Einschränkung der demokratischen Rechte und Freiheiten.

Das KAS Medienprogramm Südosteuropa lud am 8. Mai in Kooperation mit dem Zentrum für Demokratieforschung (Sofia) zu einer Online-Diskussion ein. Daran beteiligten sich vier Experten aus Albanien, Bulgarien, Rumänien und Serbien sowie mehr als 50 Teilnehmer.

Hendrik Sittig, Leiter des Medienprogramms, begrüßte die Runde und stellte klar: „Gerade in solch einer Krisenzeit sind die Menschen auf seriöse und glaubwürdige Informationen angewiesen. Leider wird die aktuelle Lage weiter verschlechtert durch das vielfach fehlende Bewusstsein für Qualitätsjournalismus, interessengeleitete Medien sowie wenig Vertrauen in die journalistische Arbeit wie auch ein niedriges Niveau an Medienkompetenz.“

Die schrumpfende Medienfreiheit hat einen öffentlichen Aufruf nach mehr Transparenz, Zusammenarbeit und Solidarität innerhalb der EU ausgelöst. Die Faktoren, die dazu geführt haben, wurden durch die Diskussionsteilnehmer dargestellt und mit einer Reihe von aktuellen Beispielen untermalt. Die Notstandsgesetzgebung und die Restriktionen in Verbindung mit der auch schon vor Corona-Zeiten existierenden Medienmonopolisierung in den Ländern Südosteuropas seien  Hauptfaktoren für die eingeschränkte Medienfreiheit zu Krisenzeiten und die damit verbundene Unsicherheit bei Journalisten, die unabhängig und regierungskritisch berichten, kommentierten Dr. Zef Preci, Direktor des Albanischen Zentrums für Wirtschaftsforschung, und Irina Nedeva, Präsidentin des Verbands Europäischer Journalisten (AEJ) in Bulgarien. Diesen Gegebenheiten wird auch das wachsende Misstrauen der Öffentlichkeit gegenüber den Medien und deren Rolle als Watchdog, zugeschrieben. In Serbien, so Igor Navakovic, Forschungsdirektor des Zentrums für internationale Beziehungen und Sicherheitsangelegenheiten (ISAC), werde vielen Medien vorgeworfen, dass sie als Instrument der Regierung und deren Interessen fungieren.

Die Experten waren sich einig, dass die bereits existierenden Missstände in der Region eine gewichtige Rolle zu Krisenzeiten spielen. So treffe die COVID-19-Pandemie auf die ohnehin schwachen Gesundheitssysteme Südosteuropas und auf die instabile südosteuropäische Wirtschaft, was dazu führt, dass das Misstrauen gegenüber den Regierungen weiterwachse, erläuterte Elena Calistu, Direktorin der rumänischen Nichtregierungsorganisation Funky Citizens. Eingeführte wirtschaftliche Maßnahmen zur Unterstützung von Privathaushalten würden von den Bürgern infrage gestellt. „Privatpersonen sind dadurch gezwungen, persönliche Daten preiszugeben“, so Igor Navakovic. „Sie fürchten einen Missbrauch durch staatliche Institutionen.“

Ein stark diskutiertes Thema war auch der Umgang mit Falschnachrichten und die sich daraus formende Welle von Desinformation. Die Gesetze und Maßnahmen, die im Ausnahmezustand eingeführt wurden, mögen in der Theorie der Desinformation und Verbreitung von Panik entgegenwirken, diese könnten sich aber auch schnell zu einem politischen Repressionsinstrument entwickeln und Rechte und Freiheiten der Bürger legal einschränken. Irina Nedeva: „Die Hauptsorge jener, die an ethischen und professionellen Journalismus glauben, ist, dass auch ohne Coronakrise Strafgesetze dazu missbraucht werden, Journalisten zum Schweigen zu bringen." Beim Umgang mit Falschnachrichten sowie dem Versuch deren Eindämmung werde sichtbar, wie unvorbereitet die Behörden oft seien. Nachrichtenportale würden zum Teil willkürlich als Falschnachrichtenportale eingestuft und geschlossen, wobei wiederum solche Portale, die tatsächlich Falschnachrichten verbreiteten, von Behörden unbehelligt blieben. Gesetzliche Maßnahmen, die einerseits der Eindämmung von Falschnachrichten dienten, gleichzeitig jedoch die Meinungsfreiheit beschneiden, seien besonders in jungen Demokratien wie in Südosteuropa gefährlich.

Doch habe die Krisenzeit auch positive Spuren hinterlassen. So habe die Digitalisierung in vielen Bereichen große Fortschritte gemacht, die Leserschaft von qualitativen Medien habe sich vergrößert. Viele unabhängige Medien konnten ihre Integrität während der zahlreichen Pressekonferenzen im Ausnahmezustand beweisen und somit ihre Rolle als Vertreter der öffentlichen Stimmen unter Beweis stellen.

Die detaillierteren Ergebnisse der Online-Diskussion werden in Bälde in einer Publikation ausführlicher dargestellt.

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