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The Loss of Civility in Discourse

4. KAS/CUD Diskussionsrunde 2018

Am 14. November 2018 veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) gemeinsam mit dem Centre for Unity in Diversity (CUD) die vierte und letzte Diskussionsrunde der diesjährigen Veranstaltungsreihe im Protea Fire and Ice Hotel in Kapstadt. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Thematik "The Loss of Civility in Discourse" mit Professor Mills Soko, ehemaliger Direktor der UCT Graduate School of Business, als Gastredner.

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Zohra Dawood, Leiterin des CUD, eröffnete die Veranstaltung mit einleitenden Worten zu der derzeitig vorherrschenden Debattenkultur in Südafrika. Dawoods Ansicht nach hätten zivilisierte und kultivierte Diskurse in Südafrika stark nachgelassen, weswegen sie daran erinnerte, dass Anstand und Respekt keine obsoleten Begriffe seien, sondern weiterhin im Zentrum des Miteinanders der Menschen stünden.

Anschließend begrüßte Christina Teichmann, KAS Programmbeauftragte, das Publikum im Namen der Stiftung und erläuterte, warum die KAS als deutsche politische Stiftung derartige Veranstaltungen unterstützt, indem sie die Bedeutung des Begriffes „Civility“ reflektierte. Bei „Civility“, was man mit dem deutschen Wort „Anstand“ übersetzen kann, handele es sich, so Teichmann, nicht nur darum, gute Manieren zu zeigen oder freundlich und höflich zu sein, sondern auch, wie sich Bürger im öffentlichen Leben verhalten sollten, einschließlich der respektvolle Umgang miteinander und die Achtung voreinander. Nur durch eine zivilisierte Art des Miteinanders, so Teichmann, könne es gelingen, Brücken zwischen divergierenden Meinungen zu schlagen und einen Konsens zu finden, der zur Bewältigung komplexer Probleme nötig ist.  Da das Mandat der KAS in Südafrika darin besteht, Good Governance, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu fördern, spielt die aktive Staatsbürgerschaft als Teil einer gesunden Demokratie eine entscheidende Rolle.

Öffentlicher Diskurs in der Krise- ein weltweites Phänomen

Im Anschluss folgte Prof. Mills Soko, der zu Beginn klarstellte, dass die Qualität öffentlicher Diskurse in Südafrika seiner Ansicht nach drastisch abgenommen habe. Gleichzeitig wies Soko jedoch darauf hin, dass es sich bei dem Verlust einer zivilisierten und reflektierten Debattenkultur nicht um eine nationale sondern globale Herausforderung handele, die sich in weiten Teilen der Welt wiederfinden ließe, ob in den USA unter Trump oder beispielsweise in Ungarn. Anstelle eines respektvollen und kultivierten Meinungsaustauschs, so Soko weiter, seien öffentliche Äußerungen  häufig einseitig und von Eigeninteressen geprägt. Noch beunruhigender sei es, dass Hasstiraden, Drohungen und Beleidigungen der Person keine Seltenheit mehr in öffentlichen Diskursen darstellen und Werte wie Anstand und Respekt immer häufiger untergraben. Die vorherrschende Diskussionskultur im südafrikanischen Parlament, die in den letzten Jahren immer häufiger von der Missachtung allgemeingültiger Höflichkeitsformen und gegenseitigen Beleidigungen geprägt sei, sei hierfür ein erschütterndes Beispiel.

Unter Berücksichtigung dieser Entwicklung stelle sich die Frage, was den Verlust von Anstand und Respekt innerhalb des öffentlichen Diskurses verursacht hat. Laut Soko habe es immer schon unzivilisierte Diskurse gegeben, allerdings hätten technologische Innovationen, wie das Internet, der Fernseher und das Radio die Rahmenbedingungen von Debatten grundlegend geändert. Insbesondere das Internet spiele bei der Intensivierung unzivilisierter Kommunikationsverhaltens sowie der Verbreitung von "Fake News" und voreingenommener Medien eine entscheidende Rolle, da es ein Sprachrohr für jedermann biete. In diesem Zusammenhang erwähnte Soko den ungehemmten Diskurs auf Social Media-Plattformen und erklärte, dass diese mittlerweile zu Foren geworden seien, in denen unreflektierte Konfrontationen, Beleidigungen und Bedrohungen nichts ungewöhnliches mehr darstellen würden. Die Neigung abweichende Ansichten und Andersdenkende vorschnell zu verurteilen, anstatt Themen rational und sachlich zu betrachten, ließe sich, so Soko, dadurch erklären, dass Menschen eher bereit seien, Konfrontationen vor ihrem Computer und damit in gewisser Anonymität einzugehen als in einer persönlichen Diskussion.

Unzivilisierter Diskurs – der Preis für Demokratie?

Im Folgenden wandte sich Soko der Frage zu, warum ein zivilisierter Diskurs für das menschliche Miteinander essentiell sei und betonte, dass die Begrifflichkeit „Anstand“ einerseits ein grundlegendes Verständnis von akzeptablen und inakzeptablen Verhaltensweisen beinhalte und damit andererseits ebenfalls die Achtung von Gesetzen, Regeln, Werten und Normen impliziere. Diese Normen und Regeln, so Soko in seinen weiteren Ausführungen, seien von entscheidender Bedeutung, da deren dauerhafte Missachtung zu Anarchie führen würde.

Am Ende seiner Rede betonte Soko, dass die Gesellschaft erkennen müsse, dass die Art und Weise, in der derzeitige öffentliche Diskurse größtenteils geführt werden, ein ernsthaftes Problem darstellt. Gleichzeitig, so Soko abschließend, sei ein unzivilisierter Diskurs eventuell der Preis, den eine Gesellschaft, die in einer demokratischen Grundordnung mit entsprechenden Rechten, wie dem Recht auf freie Meinungsäußerung, lebt, zahlen müsste.

Wechselwirkung zwischen Anstand und freier Meinungsäußerung

Helen Zille, Ministerpräsidentin der Westkap-Provinz, ging im Anschluss nochmals detaillierter auf die Schnittstelle zwischen einem zivilisierten Diskurs und dem Recht auf Meinungsfreiheit ein. Für Ministerpräsidentin Zille ist eine freie Meinungsäußerung fundamental für eine offene Gesellschaft und eine lebendige Debattenkultur. Allerdings führe dieses Recht auf freie Meinungsäußerung häufig dazu, dass sich ein Kontrahent,  der einer geäußerten  Meinung nicht zustimmt,  persönlich angegriffen fühlt und den Diskurs entsprechend als „unzivilisiert“ empfindet. Daher stelle  die Wechselwirkung zwischen Anstand und Meinungsfreiheit ein unlösbares Dilemma innerhalb jeder Diskussionskultur dar. 

Abschließend äußerte sich Zille zu den tiefgreifenden Auswirkungen, die das Internet im Rahmen von Apps, Social Media und anderweitigen Kanälen auf die heutige Gesellschaft und insbesondere die jüngere Generationen habe. Einerseits biete das Internet  schier unzählige Chancen, Millionen von Menschen virtuell zu erreichen, andererseits seien damit ebenfalls unzählige Möglichkeiten des Missbrauchs verbunden. So würden derartige Plattformen nicht nur zuverlässige Informationen liefern und verbreiten, sondern auch eine Vielzahl gezielter Falschmeldungen. Hierbei, so Zille, zeige insbesondere die massive Einmischung in die US-Wahlen durch hunderte Fake-Profile auf verschiedenen Social Media-Plattformen, deren Ziel es war, Meinungen und Wahlpräferenzen zu ändern, eine nie dagewesene Dimension des modernen Diskurses. Laut Zille handelte es sich dabei eben nicht mehr nur um Individuen innerhalb eines unzivilisierten Diskurses, sondern um eine umfangreiche Diffamierung und den gezielten Versuch, die öffentliche Debatte bewusst zu manipulieren. Das Maß, in dem unzivilisierte Diskurse verschärft und Falschmeldungen durch die heutige Technologie millionenfach und in kürzester Zeit viral verbreitet werden, hat eine vorher nie dagewesene  Dimension des öffentlichen Diskurses hervorgebracht, die verstanden und ernst genommen werden muss.

Im Anschluss an die Rede von Prof. Soko und dem Beitrag von Premierministerin Zille fand eine lebhafte Diskussion statt, die von Frau Dawood moderiert wurde.

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