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Veranstaltungsberichte

Zeithistorische Filmreihe: „Das schweigende Klassenzimmer“

von Rebecca Bürger
Das nationale Gedenkkomitee (NEB) in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete am 25. Februar im städtischen Kulturzentrum Agóra in Veszprém sowie am 26. Februar 2019 im Savaria Kino in Szombathely eine Filmvorführung des historischen Filmdramas „Das schweigende Klassenzimmer“. Im Anschluss fand eine Diskussion mit dem Zeitzeugen und ehemaligen Klassensprecher Karsten Köhler statt. Teilgenommen haben jeweils etwa 250 Schüler aus Gymnasien in Veszprém und Szombathely.

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Es ist das Jahr 1956, indem sich das ungarische Volk gegen die kommunistische Herrschaft auflehnt. In Budapest kommt es zu Straßenkämpfen. Der ungarische Volksaufstand dauert vom 23. Oktober bis zum 4. November 1956. 13 Tage lang hofft das ungarische Volk auf Freiheit und Demokratie. Doch sowjetische Streitkräfte unterdrücken den Aufstand in der ungarischen Hauptstadt brutal.

 

Eine Schulklasse, die 1956 in der DDR aus Solidarität mit den Opfern des blutig niedergeschlagenen ungarischen Volksaufstandes eine Schweigeminute abhält, wird in der Folge kollektiv bestraft und vom Abitur ausgeschlossen. Dies sind die wahren Begebenheiten des deutschen Filmdramas „Das schweigende Klassenzimmer“ von Regisseur und Grimmepreisträger Lars Kraume, dem das gleichnamige Buch von Dietrich Garstka als Drehbuchvorlage diente.

 

Es ist eine Geschichte über Solidarität, Zusammenhalt und Freiheit, von der Karsten Köhler im Anschluss an die Filmvorführung berichtet. Als über den verbotenen „Feindsender“ RIAS dazu aufgerufen wird, mit einer Schweigeminute der Toten in Ungarn zu gedenken, verabreden sich die Schüler der 12. Klasse der brandenburgischen Oberschule in Storkow spontan von 10.00 bis 10.02 Uhr zu schweigen. „Im Internat waren wir vier Jungs pro Zimmer. Wenn wir den Sender RIAS hörten, musste immer einer von uns „Schmiere“ stehen“, erzählt Karsten Köhler den Schülern aus Veszprém und Szombathely. 

 

„Der politischen Dimension unseres Verhaltens sind wir uns erst später bewusst geworden.“ (Karsten Köhler)  

 

Nachdem es auf die Schweigeminute zunächst keine Reaktionen gegeben hatte, erschien einige Zeit später DDR-Volksbildungsminister Fritz Lange in der Klasse und stellte ihr ein Ultimatum: Binnen einer Woche sollte der Rädelsführer benannt werden – ansonsten würde die gesamte Klasse vom Abitur ausgeschlossen. Obwohl sie in den folgenden Tagen massiv unter Druck gesetzt und von SED-Funktionären gegeneinander ausgespielt wurden, hielt die Klasse zusammen. Am 21. Dezember 1956 wurde ihnen dann mitgeteilt: Sie würden in der gesamten DDR kein Abitur ablegen. Die Klasse wurde umgehend aufgelöst.

 

Im Film selbst weist Edgar, eine Figur, mit der die dramatische Konsequenz der Schweigeminute zur Geltung gebracht wird, die Klasse darauf hin, dass sie nun Staatsfeinde der DDR seien. „Das wussten wir bis dahin nicht. Wir kannten den Ausdruck bis dahin auch gar nicht“, berichtet Karsten Köhler. Lange Zeit blieb unbekannt, wer die Information der Schweigeminute an den DDR-Volksbildungsminister Fritz Lange weitergeleitet hatte. „Wir waren der Auffassung, dass unser Schulleiter Meldung gegeben hat“, berichtet Karsten Köhler weiter. Jahre später stellte sich heraus, dass der Hausmeister der Oberschule in Storkow Fritz Lange persönlich kannte. „Wir haben einem Mann Jahrzehntelang Unrecht getan“, so Karsten Köhler. Bei einer Buchlesung in Storkow 2007 „haben wir ihn jedoch öffentlich rehabilitiert“.

 

Karsten Köhler floh bereits Anfang 1957 nach Westdeutschland und absolvierte 1958 im hessischen Bensheim sein Abitur. Erst 1978 besuchte er seinen ehemaligen Heimatort wieder.

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