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Veranstaltungsberichte

SA Ubuntu Networking Breakfast mit Albie Sachs

Zusammenarbeit mit Madiba und Cyril

Am 22. Februar 2019 veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Zusammenarbeit mit der SA Ubuntu Foundation das Ubuntu Networking Breakfast mit Albie Sachs als Gastredner. Die Veranstaltung fand im Atlantic Imbizo Conference Centre in Kapstadt statt.

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Albie Sachs, Aktivist und ehemaliger Richter am südafrikanischen Verfassungsgericht, sprach auf der Veranstaltung über das Thema "Zusammenarbeit mit Madiba und Cyril."
Sachs begann seine berufliche Laufbahn im Alter von 21 Jahren als Anwalt an der Cape Bar, wo er Klienten verteidigte, die nach den Rassen- und Sicherheitsgesetzen des Apartheidregimes angeklagt waren. Nach seiner Verhaftung und fünfmonatiger Ein-zelhaft entschied sich Sachs für das Exil in England, wo er an der Sussex University promovierte. 
In 1988 verlor er durch einen Anschlag in Maputo, Mosambik, seinen rechten Arm und sein Augenlicht auf einem Auge. Er  verschrieb sich daraufhin  ganz den Vorbereitungen für eine neue demokratische Verfassung für Südafrika. 
Zurück in Südafrika wurde er Mitglied des Verfassungsausschusses und der nationalen Exekutive des African National Congress (ANC). Dabei war Sachs maßgeblich an der Ausarbeitung der südafrikanischen Verfassung beteiligt, die als eine der fortschrittlichsten Verfassungen der Welt gilt.  

 

Ein Aufruf zum Erleben von Geschichte
Kevin Chaplin, Geschäftsführer der SA Ubuntu Foundation, eröffnete die Veranstaltung, gefolgt von Christina Teichmann, KAS-Projektmanagerin, die das Publikum im Namen der Stiftung begrüßte.

Teichmann betonte in ihrer Rede den Wert, insbesondere für die jüngere Generation, Geschichte nicht nur durch Bücher, sondern auch durch "Zeitzeugen" zu erfahren. Sachs ist laut Teichmann einer jenen einflussreichen Zeitzeugen für den kritischen Zeitraum von 1990 bis 1996 in Südafrika, in dem das Apartheidregime durch ein demokratisches System ersetzt wurde.
Sachs spielte eine entscheidende Rolle bei der Ausarbeitung der südafrikanischen Verfassung und später als einer der ersten Richter am Verfassungsgericht, welcher diese Grundsätze erstmals anwandte. Trotz des essentiellen Beitrags, den bekannte Persönlichkeiten wie Nelson Mandela, FW de Klerk, Cyril Ramaphosa, Roelf Meyer und Albie Sachs zum demokratischen Transformationsprozess Südafrikas geleistet haben, wies Teichmann auf die entscheidende Rolle aller Bürger bei der Gestaltung der Zukunft eines Landes hin. Seit mehr als fünf Jahrzehnten fördert die KAS daher aktives bürgerschaftliches Engagement durch politische Bildung nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
Darüber hinaus thematisierte Teichmann, dass Geschichte von Erinnerung und persönlichen Einstellungen geprägt sei. Infolgedessen würden Entwicklungen in der Vergangenheit oft verzerrt und aus verschiedenen Blickwinkeln heraus erzählt. Gerade deshalb seien Gelegenheiten, den Schilderungen von "Zeitzeugen" wie Sachs zu folgen, der diese besondere Zeit selbst durchlebte, so schätzenswert.

In seiner Rede würdigte Albie Sachs  den großen Einfluss, die die Befreiungsbewegung auf seine persönliche Entwicklung und sein Leben hatte. Sachs thematisierte wesentliche Schritte im Demokratisierungsprozess Südafrikas und die Herausforderungen, vor denen die Mitglieder des ANC während des CODESA-Prozesses standen. 


Die Begründung für eine Grundrechtscharta
Sachs erklärte, dass die Idee hinter einer Grundrechtscharta im südafrikanischen Kontext darin bestand, Menschen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu einer speziellen Gruppe oder Position innerhalb der Gesellschaft als gleichwertig anzuerkennen und zu behandeln. Ein weiterer Zweck der Grundrechtecharta war es, die Freiheitsbewegung selbst vor einer autoritären Entwicklung zu bewahren, welche zu der Zeit bei anderen Freiheitsbewegungen zu beobachten war.

In Bezug auf die Ausarbeitung des Inhalts einer Grundrechtecharta, hob Albie Sachs  die Bedeutung von Intuition und Lebenserfahrung hervor. Eine wissenschaftliche Ausbildung oder reines Bücherwissen allein reiche dafür nicht aus. 
Obwohl alle am CODESA Prozess- Beteiligten einen wichtigen Beitrag leisteten, stach Cyril Ramaphosa nach Sachs‘ Empfinden insbesondere durch seine Stärke für das richtige „Timing“ hervor. Als „zweiter Mann“ nach Nelson Mandela war es seine Aufgabe das Geschehen zu beobachten und Madiba über Entwicklungen zu informieren. Zudem so Sachs weiter, hätte sich Ramaphosa gerne mit starken Persönlichkeiten umgeben und konnte konstruktiv mit diesen zusam-menarbeiten, Menschen für seine Sache begeistern und gegensätzliche Ansichten überwinden.

 

Eine Verfassung von und für Alle    
Zwei Punkte waren für Sachs bei der Ent-wicklung und Verabschiedung der neuen Verfassung von besonderer Bedeutung.
Erstens, die Notwendigkeit eines neuen südafrikanischen Systems, das auf Gleichheit und nicht auf Machtverteilung mit einer weißen Vormachtstellung oder auf einer Minderheitsregierung basiert. Seiner Ansicht nach kann der Verhandlungsprozess als der Kampf zweier konträrer Ideologien hinsichtlich des politischen Systems beschrieben werden: Machtverteilung zwischen ver-schiedenen Bevölkerungsgruppen oder eine nicht-rassistische Demokratie für alle.
Zweitens war sich Sachs damals sicher, dass die neue Verfassung nur dann legitim sein könne, wenn sie von einem Organ ausgearbeitet und durch einen ausreichenden Konsens der konstituierenden Versammlung, der Vertreter aller großen politischen Parteien angehörten, angenommen würde. Daher wurde für die Verabschiedung das Prinzip des ausreichenden Konsenses eingeführt. Die Entscheidung, ob in der konstituierenden Versammlung ein ausreichender Konsens erreicht wurde, oblag zwei Richtern. Durch dieses Vorgehen wurde der  Grundstein für das südafrikanische Verfassungsgericht gelegt.

 

Ein starker Gerechtigkeitssinn  
Sachs sprach auch über seine persönliche Motivation zur Partizipation an der Anti-Apartheid-Bewegung und bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Er erklärte, dass er in einem Elternhaus mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn aufgewachsen sei. Infolgedessen glaube er, dass er in gewisser Weise in seine spätere Rolle "hineingeboren" wurde und sich als Konsequenz der Be-freiungsbewegung anschloss. Mehr noch, er empfand es als ein Privileg Teil der Befreiungsbewegung zu sein. Insbesondere nach dem Attentatsversuch von 1988 hätte es, so erkärt Albie Sachs, für ihn kein besseres Heilmittel gegeben, als auf den Aufbau und die Schaffung eines neuen, nicht rassistischen und demokratischen Südafrikas hinzuarbeiten.

Mit Blick auf die Gegenwart, beschrieb Sachs das heutige Südafrika als ein verändertes demokratisches Land mit einer funktionierenden Verfassung, freien Wahlen, einer starken Justiz und einer aktiven Medienlandschaft und Zivilgesellschaft.

In Bezug auf das voraussichtliche Ergebnis der verschiedenen Untersuchungskommissionen, die kürzlich von Präsident Ramaphosa eingesetzt wurden, begrüßte Sachs den gewählten Weg. Er schätze Ramaphosas Ansatz, mit Korruption nach dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit durch eigens für diesen Zweck geschaffene Institutionen umzugehen, anstatt dafür seinen eigenen Machtspielraum einzusetzen. Sachs hält dieses Vorgehen für fundierter, auch wenn das Erzielen von Ergebnissen länger dauern könnte.

Auf Albie Sachs' Grundsatzrede folgte eine Q&A-Runde, die dem Publikum die Möglichkeit für Fragen bot. 

 

Sehen Sie hier eine Aufzeichnung des Dialogs. 

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Christina Teichmann

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