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Veranstaltungsberichte

Entwicklungszusammenarbeit in Theorie und Praxis

Seminar an der Universidad del Salvador

Das Seminar fand an fünf Sitzungen im September und Oktober unter der Leitung von Prof. Eloy Mealla statt. Die Ökonomik und Funktionsweise von Entwicklungszusammenarbeit stand im Mittelpunkt und wurde aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Neun Experten gaben ihre Einschätzungen ab und berichteten von ihrer Arbeit.

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Die Experten zeigten zahlreiche Missstände auf. Argentinien, einst ein reiches Land mit stabiler Mittelschicht, werde stetig ärmer. Inzwischen leben circa 30 Prozent der Argentinier unter der Armutsgrenze, der größte Teil von ihnen in den ländlichen Provinzen. Aber auch in den Städten leben zunehmend mehr Menschen in den Elendsvierteln, den sogenannten „Villas miserias“. In Buenos Aires seien davon immerhin sechs Prozent der Einwohner betroffen. Für alle oben genannten Zahlen gelte: Tendenz steigend.

Wie kann diese Armut durchbrochen werden? Wie kann man die Ressourcen des Landes einsetzen, um eine gerechtere Verteilung des Reichtums zu erreichen? Wie können die großen Teile der Bevölkerung, die entweder gar nicht oder im informellen Sektor arbeiten, in den Wertschöpfungsprozess des Landes integriert werden? Jeder der neun Experten hatte dazu seine persönlichen Antworten und Einschätzungen.

Die theoretische Grundlage des Kurses lieferte Prof. Eloy Mealla mit seinem Vortrag „Ökonomik der Entwicklung aus dem Blickwinkel des Südens“. Er relativierte dabei Thesen, die behaupten, dass wir heute im Gegensatz zu früher vor unlösbaren Aufgaben stehen: „Jede Generation hatte ihre Krisen“. Die aktuelle Krise führte er insbesondere auf ein „moralisches Problem und fehlende Reflexion“ zurück. Er fragte abschließend: „Welche Theorien und Erkenntnisse können Argentinien heute helfen?“

Fabio Quetglas von der Universidad de Buenos Aires sprach über „Territoriale und Urbane Entwicklung“ und stellte fest: „Wir befinden uns in einer Informationsrevolution, dessen vier Säulen das Fieberglas, der PC, das Internet und die Alphabetisierung sind.“ Dies stelle uns vor neue Herausforderungen, berge aber auch die Chance, die wachsende Ungleichheit zwischen Arm und Reich durch Alphabetisierung und den allgemeinen Internetzugang zu besiegen.

An das Thema der Ungleichheit knüpfte Belén Aenlle von der Universidad del Salvador an: „Wenn wir von Armut sprechen, dann meinen wir einen Zusammenhang erklärt durch die soziale Dynamik.“ Ungleichheiten werden vom Großteil der Bevölkerung wahrgenommen und kritisiert. Die Bereitschaft, eigenes Vermögen zu opfern, über Steuern oder Abgaben, um mehr Umverteilung zu erreichen, existiere aber nicht. Sie kritisierte: „Die Ungleichheit existiert nur, weil bestimmte soziale Mechanismen sie am Leben halten.“

Um auch die praktische Seite der Entwicklungszusammenarbeit kennen zu lernen, sprachen Juan Luis Díaz von der Stiftung FUNDAPAZ, die sich mit verarmter ländlicher Bevölkerung im Norden des Landes beschäftigt, und Ignacio Gregorini von der Organisation TECHO, die in den Elendsvierteln Argentiniens arbeiten, über ihre Arbeit. Gregorini offenbarte eine bittere Realität: „In Argentinien leben 530.000 Familien in Slums“. Auch Díaz hatte kaum erfreulichere Nachrichten: „Gerade die indigene Bevölkerung leidet sehr unter fehlender Anerkennung und chronischer Unterernährung.“ Sie machten aber auch Hoffnung und lieferten anschauliche Einblicke, wie Entwicklungsarbeit erfolgreich sein kann.

Einen wirtschaftlichen Ansatz zur erfolgreichen Armutsbekämpfung stellten Marita Gonzáles, Dozentin der Universidad de Buenos Aires und Gewerkschafterin, und Lena Frigerio sowie Cristóbal Navarro von der Organisation PROFAESS, die sich mit alternativen Finanzierungsmöglichkeiten für eine soziale Marktwirtschaft beschäftigt, vor. Sie veranschaulichten, wie die soziale Marktwirtschaft und die Stärkung von Arbeitnehmerrechten zu neuen Chancen führen können. Alejandro Casalis von der lateinamerikanischen Fakultät für Sozialwissenschaften (FLACSO) sprach abschließend über Lokale Entwicklung und Subsidiarität. Er betonte die Wirkungskraft des Subsidiaritätsprinzips und berichtete von weiteren Herausforderungen und Chancen.

Abschließend ergab sich für alle Teilnehmer ein stimmiges Bild. Es wurde klar, wo die Chancen und Grenzen von Entwicklungszusammenarbeit liegen. Gerade auch die aktuelle Situation in Argentinien im Vergleich zu den anderen Ländern Lateinamerikas wurde sehr gut vermittelt und hatte große Wirkung auf die Teilnehmer. Denn obwohl jedem bewusst ist, dass Armut in hohem Maße existiert, waren wenigen die konkreten Auswirkungen dieser klar. Man war sich einig, dass Entwicklungszusammenarbeit sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis funktionieren müsse.

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