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Wasser als Motor der Entwicklung: Internationales Forum - TAG 2

Verschmutzte Flüsse: Ausgangspunkt für interregionale und -nationale Kooperation

Am zweiten Tag des Internationalen Forums zum Thema "Wasser als Motor der Entwicklung" lag das Augenmerk auf verschmutzten Flüssen. Welche Rolle dabei der Bergbau spielt, wie eine gemeinsame Zielsetzung ärmere Regionen über das Wasser hinaus entwickeln kann und was konkrete Probleme und mögliche Lösungen im Fall des Flusses Riachuelo in Buenos Aires sind, erläuterten Experten in drei Diskussionsrunden in der Universidad de Palermo am 15. November 2012 in Buenos Aires.

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Keine Pflanze wächst, kein Halm sprießt und kein Acker kann ohne Wasser bestellt werden. Dass die Landwirtschaft ohne das kostbare Gut nicht auskommt, ist offensichtlich. Doch auch ein anderer, in Argentinien wichtiger Wirtschaftszweig ist darauf angewiesen. Der Bergbau braucht das Wasser dringend, um Rohstoffe abzubauen. Für Menschen, die nicht vom Bergbau leben, sondern als Nachbarn mit ihm, kann das Probleme bringen.

María Eugenia Di Paola arbeitet für die Stiftung Ambiente y Recursos Naturales und eröffnete mit ihrem Vortrag das Internationale Forum zum Thema Wasser in der Universidad de Palermo in Buenos Aires. Sie erzählte vom Kampf ihrer Stiftung für schärfere Gesetze zum Schutz des Wassers in den Bergbauregionen Südamerikas. Und selbst wenn Gesetze existierten, würden sie nicht immer beachtet.

Der Chilene René Salgado von der Comisión Económica para América Latina (CEPAL) machte deutlich, wie durstig der Bergbau sein kann. Um eine Tonne des kostbaren Leichtmetalls Lithium zu fördern, würden 100.000.000 Liter Wasser benötigt. Den um einen Fluss oder See liegenden Regionen seien gewisse Wassermengen zum Gebrauch zugestanden, allerdings würde diese Menge oft deutlich überschritten. Und dort, wo das Wasser knapp und deshalb ein kostbares Wirtschaftsgut sei, litten vor allem die Ärmeren. Für sie gehörten von der Industrie verschmutzte Flüsse zum Alltag.

Dritter Diskussionsteilnehmer war Jorge Alberto Orellano, Dozent an der Universidad Nacional de San Juan. Er wies den Vorwurf zurück, dass in seiner Heimat der Bergbau wegen des trockenen Klimas mit weniger als 100mm Regen pro Jahr fast das ganze Wasser des Flusses San Juan benötige. Es sei nicht der Fall und außerdem sei die Region wirtschaftlich auf die Exporte der Rohstoffe angewiesen.

Die in Umweltrecht spezialisierte Anwältin Marta Brunilda Rovere moderierte die Diskussion.

Der Umgang mit gemeinsamen Gewässern. Die Erfahrungen der EU und Lateinamerika

Grenzüberschreitende Gewässer bieten eine Menge Konfliktpotential. Doch können sie auch den Anstoß für internationale Kooperation geben. Am Beispiel des Río Piraí sprach Luis Ernesto Aguilera, der Direktor des Servicio de Cuencas der Regierung von Santa Cruz in Bolivien über die Erfahrungen Lateinamerikas mit Gewässern, die über die Staats- und Provinzgrenzen hinaus verlaufen. Der Río Piraí, ein indirekter Zufluss des Amazonas, fließt durch verschiedene Provinzen Boliviens und hat mit der Sedimentation, der Ablagerung von Teilchen auf dem Grund des Flussbettes, Bodenerosion und Überschwemmungen zu kämpfen. Innerhalb der vergangenen sieben Jahre sei der Wasserpegel um drei Meter gestiegen, so Aguilera. Ein weiterer Fluss Boliviens, dessen Wasser viele Kilometer später in den Amazonas mündet und der stark verschmutzt ist, ist der Río Grande. Bei der Lösung der Umweltprobleme seien es doch nicht nur die einzelnen Stadtverwaltungen, die die Verantwortung für den Wasserschutz trügen. Vielmehr müsse ein jeder Bewohner sich selbst in die Pflicht nehmen und seinen Beitrag leisten, und sei es nur, dass er nicht verschmutze.

Seinem Vortrag folgte ein Diskurs von Professor Dr. Eckart Stratenschulte, dem Leiter der Europäischen Akademie Berlin. Stratenschulte unterschied zwischen grenzüberschreitenden Gewässern innerhalb der Europäischen Union einerseits sowie grenzüberschreitenden Gewässern zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Nicht-Mitgliedsstaaten andererseits. Beim ersten Modell gebe die EU eine Richtlinie vor. Seit 2000 gibt es die Wasser-Rahmen-Richtlinie, die keinesfalls bloß eine Empfehlung ist, sondern verlangt, von den einzelnen Nationalstaaten in nationales Recht umgewandelt zu werden. Kommen die Nationalstaaten dieser Pflicht nicht nach, so werden sie über den gesamten Zeitraum der Missachtung mit Geldstrafen belegt, sodass es letztendlich teurer wird, die Richtlinie nicht umzusetzen.Anders gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedsstaaten und Nicht-Mitgliedsstaaten. Hier erfolgt der Anstoß zur Kooperation von unten. Die oberen Instanzen informieren lediglich und koordinieren, haben jedoch kein Recht, einzelne Akteure mit Strafen zu belegen. Interessant ist dieses Modell vor allem für ärmere Partnerländer. Das Wasser kann somit, wie schon das Thema des Internationalen Forums besagt, als Motor der Entwicklung dienen. Anschauliches europäisches Beispiel ist die Donau, der zweitlängste Fluss des Kontinents. Stratenschulte betonte, dass sich die internationale Zusammenarbeit vor allem dann einfacher gestaltet, wenn verschiedene Kooperationsbereiche miteinander verknüpft werden. Erst dann kann es ein Partner zulassen, Konzessionen auf dem einen Gebiet zu machen, während auf einem anderen sein Standpunkt umgesetzt wird. Bisher liefen solche Bemühungen schleppend. Stratenschulte betonte nun, dass die Anreize zur Zusammenarbeit verstärkt werden müssen, um über das Wasser hinaus einzelne Regionen zu entwickeln.

Der Fluss Riachuelo

Von der romantisch angehauchten Vorstellung, die Jorge Luis Borges’ in seinem literarischen Werk „Fundación Mítica de Buenos Aires“ am Río Riachuelo findet, wo die Metropole von heute einst mythenreich gegründet wurde, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Vielmehr ist der Río Riachuelo ein geschundener Fluss und gilt als einer der zehn am stärksten verschmutzten Flüsse weltweit. Der Vorsitzende der Auditoría General de la Nación, Leandro Despouy, warnte vor der steigenden Verschmutzung des relativ kleinen Flusses, der im Laufe der Jahre die Abwässer der Millionenstadt schlucken musste. Je höher der Grad der Verschmutzung, desto höher seien auch die zukünftigen Kosten für die Säuberung. Auch wies er darauf hin, dass es immer die armen Teile der Bevölkerung sind, die an den unmittelbaren Folgen der Wasserverschmutzung zu leiden haben. Als Grund für die wachsende Verschmutzung sieht Despouy jedoch nicht die zu geringen Aufwendungen des Staates zur Wasseraufbereitung. Vielmehr macht er die nicht vorhandene Kontrolle über den angemessenen Gebrauch der Mittel verantwortlich. 2004 klagte eine Bürgerinitiative die Nationalregierung, die Regierung der Stadt und Provinz Buenos Aires sowie 44 Wirtschaftsunternehmen wegen Zerstörungen und Gesundheitsschäden an, die sie wegen der Verschmutzung des Flusses Riachuelo davontrugen. Es gab allerdings Fälle von Korruption unter den Inspektoren und Richtern, die von Wirtschaftsunternehmen gekauft wurden und so deren Bestrafung verhinderten.

Auch Leandro García Silva von der Abteilung des Defensor del Pueblo de la Nación und Andrés Napoli von der Fundación Ambiente y Recursos Naturales riefen den Zuhörern in Erinnerung, dass die Stadt Buenos Aires, die am Fluss Riachuelo gegründet worden war, ihm die Säuberung schulde. In einem ersten Schritt sei sowohl die Bestimmung eines verantwortungsvollen Richters nötig als auch die Beteiligung der Zivilgesellschaft als eine wichtige Kontrollinstanz.

Lukas Lingenthal, Repäsentant des Regionalprogramms "Klimawandel, Umwelt und Energie" von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Brasilien, moderierte die dritte Vortragsrunde. Der eigens für das Forum aus Rio de Janeiro Angereiste brachte die Kernaussagen der Redner auf den Punkt und teilte darüber hinaus auch eigene Erfahrungen aus Brasilien zum Thema Umweltschutz.

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16. November 2012
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