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Veranstaltungsberichte

„Den Status Quo zu erhalten ist Mainstream"

Dr. Lars Hänsel zu Gast beim Außenpolitischen Gesprächskreis

Die gegenwärtige Stimmung in Israel umriss der Leiter des Jerusalemer Büros derart, dass anders als in Deutschland und Europa der israelisch-palästinensische Konflikt dort als politisch nicht vorrangig eingestuft werde.

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Dr. Lars Hänsel

Aufgrund der niedrigen Arbeitslosenzahlen und guten Wirtschaftsdaten sowie der subjektiven Empfindung einer positiven Sicherheitslage spiele der Konflikt in der aktuellen Wahrnehmung und Diskussion in Israel nur eine untergeordnete Rolle. Seiner Überzeugung nach glauben ein Großteil der Israelis und auch der Palästinenser, wenn auch aus den unterschiedlichsten Motiven, dass die Zeit gegenwärtig für sie laufe.

Viele Israelis klammern sich an die Illusion, dass der Status quo so erhalten werden kann und somit auch keine andere Politik betrieben werden muss. Überdies fürchten sie, dass die Gründung eines palästinensischen Staates, d.h. die Umsetzung der Zweistaatenlösung nicht zwangsläufig mit der Beendigung des Konflikts einhergehen muss. Auf palästinensischer Seite besteht die Illusion darin, dass sie auf die demographische Entwicklung setzt, die für sie spricht.

Sie fürchten zudem, dass eine Zweistaatenlösung noch nicht die endgültige Beendigung der Besatzung bedeutet, solange Souveränitätsrechte eines palästinensischen Staates eingeschränkt sind. Da es zudem auf beiden Seiten keine Visionen für langfristige Perspektiven gibt, ist der Friedensprozess momentan ins Stocken gekommen. Dies unterstreicht laut Hänsel auch die Tatsache, dass es momentan auch nur indirekte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien gibt. Die wesentlichen Hindernisse auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden wie beispielsweise die Festlegung der endgültigen Grenzen, die Klärung der Flüchtlings-, Jerusalem-, Siedlungs- und Wasserfrage können jedoch nur durch direkte Verhandlungen beseitigt werden.

Hänsel führte aus, dass Israel sich einer ständig wachsenden internationalen Isolation gegenübersieht, dass es Kritik vielfach als Delegitimierung wahrnimmt und immer mehr in eine Art Bunkermentalität verfällt, weil es sich unverstanden fühlt.

Trotz des großen Konfliktpotenzials schätzte er die Chancen für die Eröffnung von direkten Verhandlungen dennoch als realistisch ein, da sie auf massiven Druck der USA und dem Nahostquartett zustande kommen, letztlich aber im Interesse sowohl der Israelis als auch der Palästinenser liegen.

Dr. Lars Hänsel leitet seit 2006 das Büro in Jerusalem. Davor war er für den Bereich Westeuropa/USA zuständig. Hänsel war Gast des Außenpolitischen Gesprächskreises der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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