Das elfte Gebot: "Du sollst Dich erinnern" - Politisches Bildungsforum Berlin
Veranstaltungsberichte
Die anwesenden Schüler waren alle nach 1989 geboren und hatten so die Jahrzehnte, über die die Zeitzeugin berichtete, nicht selbst erlebt. Anhand ihrer eigenen Geschichte machte Klier den Jugendlichen daher deutlich, wie das Leben in dieser Diktatur aussah und in welcher Weise es sich vom Leben in der demokratischen Bundesrepublik Deutschland unterschied.
In ihrer Rede wandte sie sich gegen die Verklärung und Verharmlosung der DDR und machte einleitend deutlich, wie menschenverachtend das SED-Regime gewesen sei: "Das Wort Individuum wurde aus dem Sprachgebrauch der DDR entfernt." Sie schilderte, dass sie 1953 nach der Festnahme ihres Vaters für kurze Zeit in ein Kinderheim kam und ihr Bruder wegen schwerer Staatsverleumdung zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. Sein Vergehen hatte darin bestanden, mit Freunden Liedertexte der Beatles und der Rolling Stones auszutauschte. Dies machte ihr so zu schaffen, dass sie beschloss, die DDR zu verlassen.
Ihr Fluchtversuch als blinde Passagierin in einem schwedischen Schiff schlug jedoch fehl. Sie wurde verhaftet und verbüßte eine 16-monatige Haftzeit. Nachdem sie trotz eines Berufsverbots in Kirchen auftrat und an einem Buchprojekt über das Bildungssystem der DDR arbeitete, wurde sie von der Stasi observiert und schließlich 1988 das zweite Mal verhaftet. Aufgrund ihres hohen Bekanntheitsgrades und internationaler Proteste wurde sie im gleichen Jahr zwangsweise ausgebürgert und kam in die Bundesrepublik Deutschland.
Heute lebt sie als freischaffende Autorin und Dokumentarfilmerin in Berlin und beschäftigt sich sehr intensiv mit der Aufarbeitung der NS- und der SED-Diktatur. Sie sieht ihre Hauptaufgabe darin, vor allem Schülerinnen und Schüler über die SED-Diktatur aufzuklären. So reist sie jeden Monat für eine Woche durch Deutschland, um Projekte voranzutreiben und Vorträge zu halten.
Verdrängung und Mystifizierung seien unangebracht, wenn es um die DDR gehe, mahnte Klier. Stattdessen seien Erinnerung und Aufarbeitung notwendig. Diesem Gedanken folgend trägt ihre Homepage ein elftes Gebot: "Du sollst Dich erinnern!". Abschließend forderte sie die jungen Erwachsenen auf, sich innerhalb der Gesellschaft zu engagieren, um Freiheit, Demokratie und Menschenrechte weltweit durchzusetzen.
