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Vor dem Klimagipfel in Cancún: Der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) wirbt für eine Achse Brasília-Brüssel

von Jasper Eitze
Am 3. Dezember, kurz vor seiner Weiterreise zum UN-Klimagipfel in Cancún, nahm der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU), Koordinator der EVP-Fraktion im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, in Rio de Janeiro an der von der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Brasilianischen Zentrum für Internationale Beziehungen (CEBRI) organisierten Podiumsdiskussion „Brasilien und die EU in Cancún: Positionen und Erwartungen an die COP-16“ teil. Die brasilianische Seite vertrat der Bundesabgeordnete Fernando Gabeira ("Grüne Partei", PV).

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Sehen Sie hier das Video vom Eingangsstatement des EU-Abgeordneten Peter Liese

Liese, der zum ersten Mal das - wie er selbst betonte – „wichtigste Land Lateinamerikas“ besuchte, unterstrich zu Beginn seiner Ausführungen die Beachtung und den Respekt, den Europa Brasilien mit Blick auf dessen Klimaschutzengagement entgegen bringe. Als einziges großes Schwellenland habe sich Brasilien ehrgeizige CO2-Reduktionsziele gesetzt, nämlich einen Emissionsrückgang um 36 bis 39 Prozent bis 2020 gegenüber dem „Business as usual“-Szenario (BAU-Entwicklung). Damit liegt Brasilien sogar über den seitens des IPCC von den Entwicklungs- bzw. Schwellenländern geforderten 15 bis 30 Prozent. Dadurch nimmt das Land international eine Vorreiterrolle ein, was durch die erneute Spitzenplatzierung Brasiliens im Klimaschutzindex von Germanwatch bestätigt wird. Allerdings liegt Brasilien bei diesem Ranking auch „nur“ auf dem vierten Platz, da die Ränge ein bis drei für Staaten reserviert sind, deren Klimaschutzpolitik das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels ermöglichen würde. Derzeit erfüllt allerdings kein Land der Welt diese Anforderung.

Zwar sei er sich darüber bewusst, so Liese, dass hinter den brasilianischen Reduktionszielen ein Fragezeichen stehe. In jedem Fall stelle Brasiliens Selbstverpflichtung jedoch ein wichtiges Signal dar für das Vorankommen der Klimaschutzverhandlungen, gerade mit Blick auf die beiden größten CO2-Emittenten, China und die USA. Diese beiden Länder seien zusammen nicht nur für rund 40 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich, sondern hätten mit ihrer Blockadehaltung beim Klimagipfel in Kopenhagen vor einem Jahr auch entscheidend zum Scheitern der mit hohen Erwartungen versehenen Verhandlungen beigetragen. In diesem Zusammenhang, erklärte Liese weiter, habe ihn Brasilien – bei allem Lob – leider auch enttäuscht. Denn angesichts seiner Vorreiterrolle sehe er Brasilien bei den Klimaschutzverhandlungen klar auf der Seite Europas und nicht in einer Allianz mit China. Die engen Beziehungen zwischen Brasilien und China, so Liese, seien an sich begrüßenswert, doch seinen Einfluss sollte das südamerikanische Land auch im eigenen Interesse lieber dazu nutzen, China bei den Verhandlungen zu Zugeständnissen zu bewegen. Liese zitierte diesbezüglich eine Studie, nach der 99 Prozent der durch Folgen des Klimawandels zu erwartenden Todesopfer unter den Armen der Weltbevölkerung und damit auch in Teilen der brasilianischen Bevölkerung zu finden sein würden.

Fernando Gabeira stimmte in seinen Einschätzungen weitgehend mit Liese überein und unterstrich, dass Brasiliens Reduktionsziele, die das Land fast ausschließlich durch die Eingrenzung der Regenwaldabholzung erreichen will, noch entschiedener verfolgt werden müssten. So dürften beispielsweise nicht die negativen Auswirkungen der brasilianischen Viehzucht mit ihren Methangas-Emissionen unberücksichtigt bleiben. Sein Land habe sich zwar klare Reduktionsziele gesetzt, es sei jedoch noch nicht geklärt, wie die Emissionseinsparungen gemessen und die Ergebnisse transparent und überprüfbar dargestellt werden können. Mit Blick auf die EU bemerkte Gabeira, dass die Europäer ihren Blick nur auf den Amazonas gerichtet hätten und der nachhaltigen Entwicklung der urbanen Zentren in Brasilien zu wenig Aufmerksamkeit schenken würden. Darüber hinaus wünscht sich Gabeira bei der Kooperation zwischen Brasilien und der EU bzw. Deutschland eine engere Zusammenarbeit im Energiebereich, vor allem bei der Solartechnik. Beim Waldschutz, so hob er hervor, sei sein Land in jedem Falle auf internationale Hilfe durch einen entsprechenden Grünen Klimafonds angewiesen.

Unmittelbar vor seinem Abflug Richtung Mexiko, am 6. Dezember, tauschte sich Liese noch im Rahmen eines Arbeitsfrühstücks mit weiteren Vertretern aus Politik und Zivilgesellschaft über brasilianische und europäische Positionen beim Klimaschutz aus. Hierbei äußerten die brasilianischen Vertreter unter anderem den Wunsch, dass europäische Unternehmen bei der Verlagerung ihrer Produktion in außereuropäische Länder die gleichen Umweltschutzauflagen erfüllen sollten wie in ihren Heimatländern. Zudem seien viele Gelder, die in Europa u.a. in die Entwicklung grüner Technologien wie die Solarstromerzeugung gesteckt werden, in Brasilien für den Klimaschutz effizienter angelegt, beispielsweise beim Schutz der Wälder. Hier erwarte man ein noch stärkeres finanzielles Engagement der Europäer. Die Abholzung könne effektiv nur verhindert werden, wenn der Schutz der Wälder für die betroffenen Menschen unter ökonomischen Gesichtspunkten profitabler erscheint als ihre Rodung. Liese griff diese Punkte auf und wies abschließend darauf hin, dass in beim Klimagipfel in Cancún gerade im Bereich Walschutz (REDD) Fortschritte erzielt werden könnten.

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