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Vortrag

"Nach dem Thessaloniki-Gipfel - Südosteuropa und der Stabilitätspakt"

Vortrag und Diskussion mit hochrangigen Vertretern mit u.a. Vertretern der internationalen Presse, der EU-Institutionen sowie der in Brüssel angesiedelten diplomatischen Vertretungen.

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Details

Im Folgenden finden Sie den Text der Rede im Original:

Es gilt das gesprochene Wort:

Der kürzlich abgehaltenen Thessaloniki Gipfel für den Westlichen Balkan war ein Wendepunkt in der Verpflichtung und der aktiven Herangehensweise der EU vis à vis der Region Südosteuropa. Trotz anderer aktueller globaler Themen auf der internationalen Agenda hat die EU den Ländern des Westlichen Balkans eine sehr klare Persepktive für die Europäische Integration gegeben. Die EU Mitgliedschaft hat für diese fünf Staaten klare Konturen bekommen, und diese haben im Gegenzug Zusagen für weitere Reformen gemacht, mit dem Ziel, den Status von Kandidatenländern zu erreichen. Solche Reformen, auch wenn sie unbestritten notwendig sind, geschehen in Südosteuropa nicht von alleine, vor allem wenn man eine einheitliche europäische Regelung anstrebt. Entsprechend ist die EU-Beitrittsperspektive für die Regierungen und Völker dieser Länder gleichermaßen wichtig, um aus einer schwierigen Vergangenheit heraus in eine europäische Zukunft blicken zu können. Auch wenn der EU Beitritt das Endziel ist, müssen gewisse Konditionen erfüllt werden. Konditionen, die klar definiert sind, und die Schritt für Schritt erfüllt und eingehalten werden müssen. Die Kopenhagen Kriterien und der Acquis Communautaire bilden dafür die fundamentale Grundlage.

Die rastlosen Bemühungen durch den griechischen EU Vorsitz, Südosteuropa auf der Tagesordnung der EU ganz oben zu halten, hat sich definitiv ausgezahlt. Dadurch, dass die Italienische EU Präsidentschaft den Schwerpunkt Balkan beibehält, können wir wirklich von einem Jahr 2003 für Südosteuropa sprechen. Dies ist umso bedeutender, als andere Themen nicht nur die Schlagzeilen beherrrscht haben, sondern teilweise auch zu inneren Spannungen in der EU geführt haben. Der EU Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) hat durch Theassaloniki in seiner Glaubwürdigkeit weiter Gewicht gewonnen, indem man für Südosteuropa die Europäische Partnerschaft als politisches Dialogforum in Richtung Europa eingeführt hat. Der Stabilitätspakt, der vorbereitend zum Gipfel seine Komplementarität zum Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess dargelegt hat, wurde in seiner ergänzenden Rolle bestätigt: Er soll die Region darin unterstützen, die Bedingungen zu erfüllen, die im SAP betreffend regionaler Kooperation vorgegeben wurden. Diese regionale Zusammenarbeit, man kann es nicht genug betonen, ist nicht Selbstzweck, sondern unverzichtbares Element grenzüberschreitender Problemlösung. Und grenzüberschreitenende Probleme gibt es in Südosteuropa genug: Handel, Verbrechensbekämpfung, Infrastruktur und Energie seien als Beispiele in Erinnerung gerufen.

Es muss auch gesagt werden, dass regionale Kooperation heute als Mittel für die Behandlung offener Fragen in der Region besser denn je etabliert ist. Daran hat der Stabilitätspakt seinen Verdienst. Wir müssen allerdings aufmerksam bleiben, um neue Hindernissen bei dieser Zusammenarbeit auszuräumen. Ein Problem für regionale Kooperation stellt sicherlich die unterschiedliche Kategorisierung der verschiedenen Länder der Region Südosteuropas im EU-Kontext dar: Es gibt zwei Kandidatenländer, fünf SAP-Länder sowie das Näherrücken der EU-Grenze an die Region durch den Beitritt von Slowenien und Ungarn. In dieser Situation ist die horizontale Zusammenarbeit im Stabilitätspaktrahmen (im Gegensatz zur bi-lateralen zwischen den jeweiligen Ländern und Brüssel) besonders bedeutend. Der Pakt ist eines der wenigen Foren, innerhalb dessen die Unterschiede, die aus aus diesen Kategorisierungen resultieren, überbrückt werden und mögliche Interessenskonflikte ausgeräumt werden können. Kroatiens Bewerbung um die EU-Mitgliedschaft hat erneut deutlich gemacht, wie wichtig Bemühungen in diese Richtung bleiben.

Ich möchte nun auf zwei Kernbereiche des Stabilitätspaktes eingehen, welche auch von der EU als prioritäre Angelegenheiten behandelt werden: Investition und Handel, sowie Bekämpfung der organisierten Kriminalität:

Die Schaffung eines gemeinsamen Marktes (Freihandelszone), der ausländische Investitionen anzieht, ist essenziell für die Entwicklung der Region. Entsprechend ist die Schaffung eines Netzwerkes von Freihandelsabkommen ein wichtiger Schritt in dieser Richtung. Im Frebruar 2003 wurden die diesbezüglichen Verhandlungen für 21 solcher Abkommen auf technischer Ebene in der Rekordzeit von knapp zwei Jahren abgeschlossen. Weitere Anstrengungen (nichttarifäre Handelshemminisse, Grenzformalitäten, usw.) in dieser Richtung sind unerlässlich, um einerseits ausländische Investitionen zu fördern, und um andererseits die Region wettbewerbsfähiger zu machen und für eine weitere Integration in den Europäischen Markt vorzubereiten. Die erfolgreiche Einführung des Freihandels in Südosteuropa ergänzt die seit 2000 existierenden einseitigen Handelsmaßnahmen von Seiten der EU in idealer Weise.

Die Europäische Erfahrung hat die Notwendigkeit gezeigt, den freien Warenverkehr mit dem freien (oder zumindest erleichterten) Personenverkehr zu ergänzen. Dies macht enge Kooperation auf dem Gebiet von Visa-Vereinfachungen, Grenzkontrolle und Migration im Allgemeinen notwendig. Die Visumpflicht aufzugeben, bedeutet allerdings nicht, Grenzen abzubauen. Ganz im Gegenteil, dieser Prozess wird im Stabilitätspakt von Bemühungen begleitet, ein effektiveres Border Management zu betreiben. Die Ohrid Konferenz im Mai hat hier wichtige erste Schritte eingeleitet. Vergessen wir nicht, welch emotional belastete Bedeutung Grenzen in dieser Gegend noch immer haben!

Das wichtige Thema der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Korruption ist der letzte Punkt, den ich erwähnen möchte. Die Londoner Konferenz im November 2002 hat die Notwendigkeit für ein stärkeres Engagement auf diesem Gebiet hervorgehoben. Da organisierte Kriminalität ein internationales Phänomen ist, greifen nationale Lösungsversuche definitionsgemäß zu kurz. Regionale Kooperation ist hier eine Grundvoraussetzung für Erfolg. Anfang Juni hat in Sarajewo ein Treffen der Innenminister des Südosteuropäischen Kooperationsprozesses (SEECP) und des Stabilitätspaktes stattgefunden. Man einigte sich, in dem für die Kriminalitätsbekämpfung zentralen Bereich des Daten- und Zeugenschutzes auf die nächsten Schritte. In diesen Bereichen ist internationale Zusammenarbeit unabdingbar. Datenaustausch ist unerlässlich und dieser hat selbstverständlich auf dem Niveau international anerkannter Sicherheitsstandards zu erfolgen. Auch die Zusammenarbeit mit internationalen Polizeiinstrumenten, wie Interpol oder Europol, erfordern solche Standards zwingend. Die Länder der Region haben häufig weder die notwendige Gesetzgebung noch die entsprechende Praxis. Hier helfen wir beim Aufbau. Der Zeugenschutz, ebenfalls über Staatsgrenzen hinweg, ist eine wichtige Voraussetzung, dafür dass Prozesse auch tatsächliche geführt werden können. Recht ohne Rectsprechung ist nur eine halbe Sache; Zeugenschutz daher von zentraler Bedeutung.

Wo stehen wir heute? Während der Griechischen EU-Präsidentschaft, und insbesonders durch den Gipfel in Thessaloniki hat der Stabilitätspakt die benötigte politische Unterstützung bestätigt bekommen, um unsere Hauptaufgabe erfüllen zu können, nämlich die Verbindung zwischen Südosteuropa und der EU einerseits, sowie die Verbindung zwischen den Ländern der Region auf der anderen Seite zu stärken. Während der Italienischen Präsidentschaft, die sich weiterhin für die Region Südosteuropa engagieren will, wird das Schwergewicht des Stabilitätspaktes und der Länder der Region darauf liegen, diese politischen Absichten und Zusagen umzusetzen. Die Implementierung von SAP, die Europäischen Partnerschaften und damit verbundene Projekte sind von höchster Bedeutung. Die politische Aufmerksamkeit für den Balkan, die wir derzeit wieder auf höherem Niveau sehen, wird nicht ewig anhalten. Wir müssen das Momentum nutzen und aktiv vorwärts gehen.

Es ist auch an der Zeit, sich auf die Erwartungen der Region bezüglich einer EU Mitgliedschaft zu konzentrieren. – Gerade im Lichte der derzeitigen Erweiterungsrunde, die größte in der Geschichte Europas. Hier müssen wir in Betracht ziehen, dass die Erweiterung die Einstellung mancher EU-Mitgliedsländer gegenüber Südosteuropa für die kommenden Jahre beeinflussen wird. Auf der einen Seite denke ich, dass die Länder Südosteuropas realistisch sein müssen. Auf der anderen Seite ist es notwendig, dass die Region weiterhin offen und deutlich ihre Erwartungen an die EU formuliert. Und genau hier kann der Stabilitätspakt weiterhin seine Rolle als „Meldeläufer“, Makler und Vermittler spielen.

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Veranstaltungsort

Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung, Avenue de L´Yser 11, 1040 Brüssel

Referenten

  • Herrn Dr. Erhard Busek
    • Sonderkoordinator für den Stabilitätspakt Süd-Ost Europa
      Kontakt

      Dr. Peter R. Weilemann †

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