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Veranstaltungsberichte

Costa Rica in der Schweiz

von Graciela Incer Brenes

KAS unterstützt Tagung „Jornada Costarricense“ an der Universität St. Gallen

Studierende, Wissenschaftler, Unternehmer und Vertreter von wohltätigen Vereinen und Nichtregierungsorganisationen trafen sich am 24. April in St. Gallen, um sich über die unterschiedlichsten Aspekte des zentralamerikanischen Landes Costa Rica auszutauschen. Zur „Jornada Costarricense“ hatte das Centro Latinoamericano-Suizo der Universität unter Leitung von Professorin Yvette Sánchez eingeladen. Nach ihrem Grußwort und den Einführungen durch Universitätsrat Dr. Patrick Stach und Botschafterin Isabel Montero de la Cámara hielt Stefan Burgdörfer, KAS Costa Rica/Panama, den einführenden Vortrag.

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„Ein langer Weg zu Reformen: Governance, politische Kultur und parlamentarische Praxis in Costa Rica“ lautete das Thema, zu dem der Leiter des KAS-Auslandsbüros in Costa Ricas Hauptstadt San José vortrug. Darin beschrieb er das politische System des zentralamerikanischen Landes als demokratisch und stabil, jedoch auch als wenig flexibel und in einigen zentralen Punkten unfähig zur Reform. Zwar seien Wahlen und Wahlkämpfe beispielhaft frei, fair und transparent. Es gebe allerdings Elemente in der costaricanischen Verfassung, die der Stabilität dienen sollten, die das Land jedoch lähmten und unter anderem wichtige Infrastruktur- und Staatsreformprojekte verhinderten. Diese seien zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und zur Armutbekämpfung dringend nötig. Besonders hob Burgdörfer in diesem Zusammenhang hervor: Ein mit wenigen Kompetenzen ausgestatteter, direkt gewählter Präsident, der meist keine Mehrheit im Parlament hat, sowie das Wiederwahlverbot für Abgeordnete, das sich negativ auf die parlamentarische Arbeit und auf die Fraktionsdisziplin auswirke.

Die Fehler des Systems laste die Öffentlichkeit den Politikern meist persönlich angelastet, die jedoch nur bedingt für ausbleibende politische Resultate verantwortlich zu machen seien. Burgdörfer betonte, trotz dieser Probleme sei die Stabilität Costa Ricas in einer instabilen Region sehr positiv zu bewerten. Es sei jedoch angesichts der großen sozialen Unterschiede, der Arbeitslosigkeit und der Armut in einigen Regionen nicht angebracht, sich auf dem erreichten Entwicklungsstand auszuruhen. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung bedeute dies, Politiker, Fachleute und die Zivilgesellschaft über relevante politische Themen ins Gespräch zu bringen und eine stärker konsensorientierte politische Debatte zu fördern. An eine Änderung der Verfassung, die einige Reformblockaden lösen würde, sei angesichts der Mehrheitsverhältniss im stark fragmentierten Parlament und angesichts der beschriebenen politischen Kultur und parlamentarischen Praxis nicht zu denken.

Auch die weiteren Vorträge beschäftigten sich mit der gesellschaftlichen Entwicklung in Costa Rica. Über „Migration zwischen Nicaragua und Costa Rica: Ursachen und Folgen“ sprach Julia Schünzel von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Peter Grüttner, der an derselben Universität forscht, referierte zum Thema „Neue Medien, neues Publikum? Erkundung der gegenwärtigen Medienlandschaft Costa Ricas“. Über die Essgewohnheiten in Costa Rica und darüber, was diese „in Zeiten kultureller Globalisierung“ für die costaricanische Identität bedeuteten, referierte Monika Nikolic, die in Nicaragua für das Proyecto Mosaico arbeitet.

Ueli Frei, Direktor von FUNDES International, referierte über „Impact Investing von KMUs in Costa Rica“. Im Anschluss kamen zwei Schweizer zu Wort, die mit großem unternehmerischen Engagement in Costa Rica investieren: Charlotte Robert, Geschäftsführerin von Fleur de Café, hat das weltweit erste Parfum auf der Grundlage der Kaffeeblüte auf den Markt gebracht und produziert ausschließlich in Costa Rica. Johann Dähler, in der Schweiz als „Ananaskönig“ ein Berühmheit, berichtete davon, wie er in der Elfenbeinküste sein dort angesiedeltes Familienunternehmen verlor und wie er es in Costa Rica neu aufbaute.

Für die Teilnehmer der Jornada, unter ihnen zahlreiche Studenten wirtschaftsnaher Fächer, war die Veranstaltung eine Gelegenheit, den Blick zu weiten und sich über die Entwicklungen in einem Land zu informieren, das in der Schweiz und Europa nicht im Zentrum der Aufmerksam steht. Für Vertreter von Nichtregierunsorganisationen und gemeinnützigen Vereinen boten sich vielfältige Möglichkeiten der Vernetzung, ebenso wie für Universitätsangehörige, die den akademischen Austausch fördern – zum Beispiel referierte Dr. Susanne Müller-Using vom Costa-Rica-Zentrum der Universität Osnabrück. Die Tagung schloss mit einem traditionellen costaricanischen Essen, bei dem die Nationalspeise Gallo Pinto nicht fehlen durfte.

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