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Reform des Staatshaushaltes: Wesentlich für den Wohlstand der costa-ricanischen Gesellschaft

von Graciela Incer Brenes, Stefan Burgdörfer
"Diálogos sobre el Bienestar" am 27. Oktober: Experten diskutierten Mittel und Wege einer Reform der Haushaltspolitik in Costa Rica. Angesichts des zunehmenden Staatsdefizits scheint diese unausweichlich.

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Die neue Regierung Costa Ricas, seit Mai dieses Jahres im Amt, sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, den Staatshaushalt reformieren zu müssen. Angesichts des steigenden Defizits sind Reformen ebenso unentbehrlich wie unaufschiebbar. Im September des vergangenen Jahres hatte die inzwischen abgewählte costa-ricanische Regierung verkündet, den Haushalt für 2015 um 2,8 Prozent zu kürzen. Sie sprach von einem „Maßnahmenpaket zur Einhaltung des Haushalts“ und kündigte mehr Transparenz der Ausgaben an. Nicht nur sollten die Kosten reduziert, sondern auch die Einnahmen gesteigert werden. Der Ankündigung folgten öffentlicher Widerstand und eine Reihe von Vorschlägen von politischen Konkurrenten und aus der Wirtschaft, was stattdessen zur Verbesserung der Haushaltssituation zu tun sei. Bis heute ist kein neuer Haushalt verabschiedet, da sich für keinen Vorschlag eine parlamentarische Mehrheit findet.

Im Rahmen der Reihe „Diálogos sobre el Bienestar“ haben das länderübergreifende sozialwissenschaftliche Institut FLACSO und die Konrad-Adenauer-Stiftung am 27. Oktober dieses Thema aufgenommen und zu einem Gespräch über “Staat und Haushalt in Costa Rica: Bedingungen und Szenario einer Reform in Costa Rica“ eingeladen. Im Auditorium der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universidad de Costa Rica diskutierten Experten aus Politik, Medien und Forschung die Frage, wie durch eine Haushaltsreform der Wohlstand der costa-ricanischen Gesellschaft gesteigert werden kann.

Der Journalist Fernando Faith moderierte die Runde, bestehend aus Rosibel Ramos, Abgeordnete der christdemokratischen PUSC und Mitglied des Finanzausschusses, der stellvertretenden Vorsitzenden des Obersten Rechnungshofes Sylvia Solís, Professor Gerardo Hernández von der Fakultät für Politikwissenschaften der Universidad de Costa Rica und Rodolfo Piza, Generalsekretär der PUSC und Mitglied einer vom Präsidenten eingesetzten Kommission, die Vorschläge für eine effektivere Regierungsführung erarbeiten soll. Sie besprachen die aktuelle Situation staatlicher Einnahmen und Ausgaben und diskutierten Reformalternativen für eine effektive und nachhaltige Durchsetzung der Regierungsziele im costa-ricanischen politischen System.

Gründe für das Haushaltsdefizit waren schnell ausgemacht: Stagnierende Konjunktur durch fehlende Einkommenssteigerung in der Privatwirtschaft, zugleich verhältnismäßig hohe Löhne im staatlichen Sektor, überbordende staatliche Ausgaben, die schwache Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft und die Inneffizienz in der Verwaltung und in der Einnahme von Steuern wurden ebenso genannt wie die komplexe Bürokratie, die Steuervermeidung einer großen Zahl der arbeitenden Bevölkerung und das reformbedürftige Rentensystem. Die Verteidiger der Haushaltskürzungen führten an, die Vermeidung überflüssiger Ausgaben im staatlichen Sektor könnten dem Land Millionen ersparen.

Rodolfo Piza und Rosibel Ramos bezeichneten in der Diskussion die überflüssigen Kosten und die übermäßig hohen Gehälter im Staatsdienst als die wesentlichen Haushaltsprobleme. Kürzungen an diesen Stellen seien nicht als Sozialabbau zu verstehen, da sich die Ausgaben etwa im Bildungs- oder Gesundheitssystem dadurch nicht reduzierten. Allerdings werde durch eine Politik, die nur auf Kürzungen setze, weder das Problem der Korruption effektiv angegangen, noch verändere sich dadurch die Wahrnehmung der Bevölkerung, dass die Entscheidung über öffentliche Ausgaben in der Hand von wenigen, privilegierten Personen liege, die darüber zu ihren Gunsten verfügten. Gerardo Hernández entgegnete, die Verantwortlichen seien an anderer Stelle zu suchen. Schuld an der prekären Haushaltslage seien vor allem die Unternehmen, die in hoher Zahl ihre Steuerpflicht nicht erfüllten. Im Vergleich zum Gesamthaushalt seien die Ausgaben für den öffentlichen Sektor gering, zudem seien die Lohnunterschiede zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft dadurch zu erklären, dass die öffentlichen Bediensteten in der Regel qualifizierter seien. Anstelle der Ineffizienz in staatlichen Stellen mit Kürzungen zu begegnen, sei es der richtige Weg, die Entscheidungsträger in die Lage zu versetzen, ihre Mittel sinnvoll einzusetzen.

Die Diskussionsteilnehmer kamen zu dem Schluss, dass ein Teil der Haushaltsreform darin bestehen müsse, die Steuervermeidung zu unterbinden. Die Einnahmen sollten effizienter reinvestiert werden, die Bürger über die Maßnahmen zur Verbesserung des Systems besser informiert werden. Diese Änderungen müssten auch Reformen in der Arbeitsmarkt- und in der Rentenpolitik umfassen, um nachhaltig zu sein und dem Haushaltsdefizit effektiv entgegenzuwirken.

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