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Strache, Gauland, Babis, Le Pen: Ein Europa der Populisten?

Diskussionsveranstaltung in Saint-Germain-en-Laye

Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst des Populismus. In Deutschland ist mit der AfD eine rechtspopulistische Partei in den Bundestag gezogen, in Österreich sind die Freiheitlichen gar seit der Nationalratswahl zweitstärkste Partei und an der Regierung beteiligt, in Tschechien wurde im vergangenen Oktober der antieuropäische Geschäftsmann Andrej Babis zum Ministerpräsidenten gewählt. Doch woher kommt dieser Rückzug hinter nationale Grenzen, die Verteufelung des Fremden, der Hass auf politische Eliten? Und wie geht eine Demokratie damit um?

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Populismus ist nicht gleich Populismus, das Gespenst nimmt verschiedene Formen an. Das beobachtet jedenfalls Jacques Rupnik, Professor an der SciencesPo Paris, für Tschechien: Babis, der neue Regierungschef mit seiner ANO-Partei, repräsentiere den starken „Leader“, der auf Effizienz anstatt langwieriger Prozesse setzt und über die Köpfe der Bürokraten hinwegentscheidet. Anders die Partei „Freiheit und direkte Demokratie“, die als potentieller Koalitionspartner im Gespräch war: Wie der Name verrät fordert sie regelmäßige Volksentscheide, die eine Politik dauerhaft und direkt von der Basis aus ermöglichen. Was die beiden Parteien wiederum vereint, ist ihre Angstmache und Hetze gegen Flüchtlinge. Und das, obwohl Tschechien kaum Einwanderung verzeichnet: 2017 wurden gerade mal 172 Flüchtlinge in Tschechien aufgenommen.

Eine irrationale Angst also vor dem Fremden, die von Populisten aufgegriffen und potenziert wird. Über den Umgang mit den einschlägigen populistischen Themen kann allerdings diskutiert werden.

Österreich bietet ein aktuelles Beispiel dafür, wie eine rechtspopulistische Partei den politischen Diskurs verändert. Dietmar Halper, Direktor der politischen Akademie der ÖVP, erklärt zwar, dass eine Entwicklung hin zur stimmungsgeladenen Politik auch mit der digitalen Revolution zusammenhänge: So sei heute eine schnelle, vereinfachende und konfrontative Kommunikation notwendig, um überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen. Dennoch hätten die Themen der Freiheitlichen den Wahlkampf der ÖVP mitbestimmt, schließlich müssten auch unbequeme politische Fragen angesprochen und nicht den Populisten überlassen werden. Die Kurz-Strache-Koalition stellt für ihn einen Erfolg dar – die ÖVP habe ihre schwachen Umfrageergebnisse hinter sich gelassen und mit ihrem Vorsitzenden Sebastian Kurz in der Wahlkampagne „das richtige Produkt für den politischen Markt“ gefunden.

Eine Erfolgsstrategie auch für die deutsche Parteienlandschaft? Zwar erzielte die AfD bei den Bundestagswahlen keine vergleichbaren Ergebnisse und ist von einer Regierungsbeteiligung weit entfernt, die Frage der Zusammenarbeit stellt sich dennoch. Karsten Grabow, Experte der Konrad-Adenauer-Stiftung für Parteienforschung, befürchtet durch die populistischen Strategien einen „Verfall der politischen Kultur“, eben weil die Diskurse auf Emotionen, nicht auf Fakten basierten und nur den Wählerfang im Blick hätten. Gleichzeitig erwarte er aber auch, dass sich die anderen Parteien gerade bei der Regierungsbildung kooperativ zeigten und Verantwortung übernähmen.

Im europäischen Vergleich könne man in Deutschland weder von politischem Umbruch, noch von neuem Leadership sprechen. Die Parteienlandschaft sei von hoher Kontinuität geprägt, die beiden stärksten Parteien, CDU/CSU und SPD, gehörten seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland vor 69 Jahren dauerhaft dem Bundestag an, die Grünen immerhin seit 35 Jahren, die Linkspartei seit 28 Jahren. Diese Kontinuität hänge sicherlich auch mit der stabilen wirtschaftlichen Situation zusammen. Aber auch Österreich ist ein Wohlstandsland, trotzdem waren im Mai 2017 laut Umfragen 67 Prozent der Bevölkerung überzeugt, dass sich das Land in eine falsche Richtung entwickle. Und in Tschechien hatte sich unter der vorherigen Regierung vieles zum Besseren gewandt: Die Arbeitslosigkeit fiel unter den EU-Durchschnitt, das BIP stieg an – trotzdem gewannen nicht nur Babis, sondern auch der Präsident Milo Zeman mit Anti-Migrations- und Anti-EU-Diskursen die Wahlen.

Eine Bestandsaufnahme, die überzeugte Demokraten und Europäer zur Verzweiflung bringen kann. Der Blick von außen erzählt aber eine andere Geschichte. Immerhin hat die Europäische Union im weltweiten Vergleich eine starke, prosperierende Wirtschaft mit einem Wachstum, das 2017 sogar die USA überholte und zieht weiterhin viele Investoren an. Für Jean Dominique Giuliani, Präsident der Robert-Schumann-Stiftung, gibt es deshalb genug Gründe zur Hoffnung. Die antidemokratischen Bewegungen sieht er als ein internationales Phänomen, die Globalisierung und all die neuen Ängste und Unsicherheiten als eine der Ursachen. Da die europäische Gemeinschaft dennoch nicht selbstverständlich sei, müsse dafür aktiv eingestanden werden. „Man kann Europa nicht einfordern, man muss Europa beweisen“, sagt er zum Abschluss. Ein bisschen Hoffnung kann dabei bestimmt nicht schaden.

(Bericht: Nora Noll)

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