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Veranstaltungsberichte

"The Israeli-Palestinian Conflict and the Role of the Media"

von Annika Khano

Junge israelische Journalisten diskutieren über Verantwortung und Einfluss der Medien auf den Nahostkonflikt

Vom 03. bis 04. März 2011 veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung gemeinsam mit der Genfer Initiative einen Workshop mit dem Thema "The Israeli-Palestinian Conflict and the Role of the Media" in Jerusalem.

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Gerade in Konfliktsituationen wird die Frage über die Rolle der Medien und die Auswirkungen ihrer Berichterstattung auf eben diese Konflikte immer wieder zur Ausgangsbasis für Diskussionen in Politik, Gesellschaft und auch den Medien selbst. Unter anderem steht hier einerseits das Selbstverständnis der Medien, sich einer möglichst neutralen Berichterstattung zu verpflichten, zur Debatte und andererseits die Erwartungen an die Medien, eine Vermittlerrolle einzunehmen und so positiv auf die Lösung von Konflikten einzuwirken. Hinzu kommt schließlich noch die Tatsache, dass Medien in demokratischen Gesellschaften nicht nur einen Bildungsauftrag haben, sondern sich gleichzeitig auch an ökonomischen Gesichtspunkten orientieren müssen, um finanziell überleben zu können. Diese Gegensätze sind vor allem für junge Journalisten oftmals nur schwer zu vereinbaren.

Ziel des von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierten Workshops war es, junge israelische Journalisten aus Print-, Radio- und Fernsehmedien zusammenzubringen, um ihr Wissen über den israelisch-palästinensischen Konflikt zu vertiefen und die Rolle der Medien im Meinungsbildungsprozess besser zu verstehen. Die Einbindung von Journalisten in derartige Workshops ist vor allem deshalb von Bedeutung, da diese bereits über ein fundiertes Grundwissen verfügen und Diskussionen somit auf hohem Niveau stattfinden können. Zusätzlich haben gerade Journalisten einen besonderen Zugang zur israelischen Öffentlichkeit und nehmen mit ihrer Berichterstattung direkt Einfluss auf deren Meinung. Schließlich verfügen Journalisten durch ihre tägliche Arbeit über Kontakte zu wichtigen Entscheidungsträgern aus Politik und Gesellschaft.

Zu Beginn des Workshops bekamen die Teilnehmer zunächst eine Tour entlang des Sicherheitszauns um Jerusalem herum, begleitet von Brigadegeneral a.D. Ilan Paz, lange Leiter der israelischen Zivilverwaltung im Westjordanland. Durch die Führung konnten sich die Teilnehmer einen reellen Eindruck vom Sicherheitszaun und seinen Auswirkungen auf Jerusalem, sowie auf zukünftige Alternativen für die Lösung des Nahostkonflikts machen.

Im Anschluss fanden sich die Teilnehmer im Jerusalemer YMCA zunächst zu einem Vortrag und Gespräch mit Dr. Sufian Abu Zaida zusammen, ein führendes Mitglied der palästinensischen Fatah und ehemaliger Minister für Gefangenen- Angelegenheiten. Dr. Zufian Abu Zaida präsentierte den Teilnehmern zu Beginn eine Analyse der momentanen Situation aus palästinensischer Sicht und erklärte Position und Strategie der Palästinenserführung hinsichtlich der Wiederaufnahme des Friedensprozesses. Besonders wichtig sei es, die Verhandlungen so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Die momentane Generation unter der Führung von Abu Mazen sei für Israel eine große Chance zu einem Abkommen zu kommen. Eine flexiblere palästinensische Regierung werde es in Zukunft nicht mehr geben. Allerdings glaube die Palästinenserführung momentan nicht daran, dass Netanyahu ein erstzunehmender Partner für Gespräche sei, was Verhandlungen schwieriger mache.

Nach seinem Vortrag antwortete Dr. Sufian Abu Zaida direkt auf Fragen der Journalisten zu Themen, die diese besonders interessierten. Hierzu gehörten vor allem die Fragen, ob es in absehbarer Zeit zu einer Aussöhnung von Fatah und Hamas kommen werde und was die Revolutionsbewegungen in der arabischen Welt für Auswirkungen auf die Palästinenser hätten. Obwohl die Frage nach einer Aussöhnung in der palästinensischen Bevölkerung durchaus präsent sei, glaubt Dr. Sufian Abu Zaida nicht an eine schnelle Beilegung des innerpalästinensischen Konflikts zwischen Fatah und Hamas. Hier würde sich auch die Entwicklung in Ägypten auf die Politik der Hamas auswirken, die nach seiner Einschätzung zunächst abwarten würde, ob eine neugewählte Regierung in Ägypten ihre Interessen besser vertrete. Vorher sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Hamas auf die Fatah zugehen werde. Eine Revolution gegen die eigene Regierung als Folge der Bewegungen in der arabischen Welt sieht er nicht. Wenn überhaupt könne es eventuell zu einem Aufstand gegen die israelische Besatzung kommen, aber auch dies sei eher unwahrscheinlich. Sollte dies dennoch geschehen, sei es aber sehr wahrscheinlich, dass ein solcher Aufstand gewaltfrei sein werde.

Auf das Gespräch mit Dr. Sufian Abu Zaida folgte ein Vortrag von Nir Hefez, ehemaliger Presseberater von Premierminister Benjamin Netanyahu und Journalist und Editor der israelischen Zeitung Yedioth Ahronot. Nir Hefez berichtete vor allem über seine Erfahrungen als Presseberater und den gegenseitigen Einfluss von Medien und Politik. Es sei nicht zu unterschätzen, welch großen Einfluss die Medien nicht nur auf die öffentliche Meinung, sondern auch auf politische Entscheidungen haben. Enthüllungsjournalismus zum Beispiel sei zwar ein wichtiger Bestandteil der medialen Nachrichten, da er zu mehr Transparenz führe, könne aber auch großen Schaden anrichten, wenn beispielsweise Nachrichten zu früh an die Öffentlichkeit gelangten und so politische Entscheidungsprozesse herausgezögert würden. So zahlen Politiker oftmals schon bevor sie wirklich etwas erreichen und eine Entscheidung umsetzten können, durch die Medien einen sehr hohen Preis, was dazu führe, dass wichtige Entscheidung zum Teil gar nicht getroffen werden.

Gerade die israelischen Medien seien auch bei den westlichen Medien als sehr zuverlässig bekannt und gleichzeitig dafür, dass sie sich sehr für den Frieden einsetzten. Aus diesem Grund hätten sie auch im Ausland einen sehr großen Einfluss. So gelte vielfach im Ausland als richtig, was in den israelischen Medien berichtet werde und werde oft ohne weitere Prüfung in den ausländischen Medien übernommen. Dies erhöhe natürlich die Verantwortung der Medienvertreter in Israel.

Daher sei es sehr wichtig, dass Journalisten sich ihrer Verantwortung immer bewusst seien und die Konsequenzen ihrer Berichterstattung immer im Blick hätten. Dass diese Verantwortung nicht immer wahrgenommen werde, liege sicherlich auch an der starken Konkurrenz innerhalb der verschiedenen Medien. Hierbei sei es manchmal schwer, die Grenze zwischen journalistischer Freiheit und Anarchie zu ziehen. Daher sei es sinnvoll, wenn die Medien sich generell mehr Selbstkontrolle unterzögen.

Der zweite Tag begann mit einem Kurzvortrag von Robert Silverman, politischer Berater an der US Botschaft in Tel Aviv, über die US-amerikanische Position im Nahostkonflikt. Die USA seien ein starker Verbündeter Israels, was unabhängig von der jeweiligen Regierung der Fall sei. Eigentlich müsse dies der israelischen Öffentlichkeit bewusst sein. Auch spiele Israels Sicherheit in allen Diskussionen über ein Abkommen mit den Palästinensern eine zentrale Rolle. Besonderen Fokus legte Silverman auf die Ablehnung einseitiger Schritte auf beiden Seiten durch die US-Regierung, sei es der Weiterbau von Siedlungen oder das Bemühen der Palästinenser, durch die internationale Gemeinschaft Druck auf Israel auszuüben. Es sei im Interesse der USA, gemeinsam zu einem dauerhaften Abkommen zu gelangen. Hierfür seien aber jegliche unilateralen Schritte kontraproduktiv, gerade auch, weil Israel sich bereits international isoliert fühle. Er wundere sich, dass es auf israelischer Seite in der Öffentlichkeit kein Thema sei, dass eine Lösung des Konflikts schon deshalb im Interesse Israels sei, dass es durch die demographischen Entwicklungen in 7 Jahren bereits keine jüdische Mehrheit mehr in Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten geben werde. Gerade deshalb sei es jetzt so wichtig zu einer Einigung mit der Gründung eines eigenständigen palästinensischen Staates zu kommen.

Auf die Frage hin, was die Position der US-Regierung bezüglich der Entwicklungen im Nahen Osten sei, antwortete Silverman, dass die Demokratiebestrebungen in der Arabischen Welt nicht nur als Bedrohung angesehen werden sollten, sondern durchaus auch als Chance. Bisher seien Israel und die Türkei die einzigen Demokratien im Nahen Osten. Weitere demokratisch geprägte Länder im Nahen Osten könnten deren Verbindungen zu Israel verbessern. Gerade deshalb sei es jetzt wichtig, dass Israel sich vermehrt engagiere, um mit den arabischen Ländern, und vor allem deren Bevölkerung in Kontakt zu bleiben und ihnen zu zeigen, dass es deren demokratische Bestrebungen unterstütze. Die Möglichkeit, dass Benjamin Netanyahu eventuell plane, den Palästinensern ein Interim-Abkommen vorzuschlagen, sah Silverman eher skeptisch. Zwar sei dies eine Möglichkeit, Israel aus der Defensive zu holen, da es an der Zeit sei, dass Israel Eigeninitiative zeige, der Inhalt eines solchen Vorschlags sei aber eine andere Sache. Zudem sei er eher skeptisch, ob die Palästinenser sich auf ein Interim-Abkommen einlassen würden. Für die palästinensische Regierung sei es ohnehin schwierig, ein Abkommen mit Israel in der Bevölkerung durchzusetzen. Diesen Widerstand würde es auch für ein Interim-Abkommen geben. Daher sei ein solches Abkommen momentan für die Palästinenserführung eher kontraproduktiv. Position der US-Regierung sei es, in möglichst kurzer Zeit ein Abkommen über die Rahmenbedingungen zu schließen, um so die Ausgangsbasis für weitere Verhandlungen zu schaffen.

Im Anschluss an Robert Silverman berichtete Dr. Yossi Beilin, Co-Architekt der Genfer Initiative von der strategischen Wichtigkeit der Medien bei großen politischen Ereignissen. Als ein Beispiel für den Einfluss der Medien auf die Wichtigkeit von Ereignissen sprach Beilin vom Osloabkommen 1993, bei dem er selbst anwesend war. Obwohl das Abkommen inhaltlich eigentlich keine Sensation dargestellt habe, sei es dennoch in den verschiedensten Medien als historischer Moment dargestellt worden, vor allem auch durch die Anwesenheit des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton. Als weiteres Bespiel führte Beilin die Genfer Initiative an. Hier sei es Ariel Sharons Bemerkung gewesen, israelische Persönlichkeiten würden in einer Art und Weise handeln, die Israels Sicherheit gefährde, die dazu führte, dass die Initiative, die gerade in Jordanien tagte, große Aufmerksamkeit durch die Medien erhielt, wodurch die Teilnehmer unter Druck gerieten und die Genfer Akkorde schneller ausarbeiteten und fertig stellten.

Als letzter Vortrag präsentierte Adi Mintz, ehemaliger Vorsitzender des Yesha (Siedler) Rates und Mitglied des Vorstandes desselben, eine eigene Friedensinitiative mit dem Namen „Shalom BaAretz“ (Frieden im Land), die eine autonome palästinensische Führung der Palästinenser in den Städten des Westjordanlandes, sowie eine Annektierung von palästinensischem Land an Israel und die Ausweitung des Gazastreifens durch Teile des Sinai vorsehe. Mintz betonte außerdem das historische Recht des jüdischen Volkes, in allen Teilen des biblischen Landes Israel zu siedeln und führte hierzu historische Beweise über die Anwesenheit des Volkes Israels zur Zeiten der Bibel als Rechtfertigung an. Gemeinsam mit Adi Mintz befand sich Gadi Baltiansky, Direktor der Genfer Initiative und ehemaliger Medienberater von Ehud Barak, der hingegen argumentierte, dass die Siedler immer wieder versuchten, von ihrem eigentlichen Ziel abzulenken, nämlich, dass Israel sich nicht aus den besetzten Gebieten zurückziehen werde. Dies aber sei ein sehr gefährliches Unterfangen, da es seiner Meinung nach auf Dauer nur zwei Alternativen gebe: Entweder müssten Israelis und Palästinenser in Zukunft gemeinsam in einem Staat leben, oder das Land müsse in zwei Staaten aufgeteilt werden. Er mahnte, dass Israel nicht mehr viel Zeit habe, um die Zweistaaten-Lösung zu verfolgen, da neben demographischen Faktoren auch die Radikalisierung der Bevölkerung auf beiden Seiten eine derartige Lösung immer schwieriger mache.

Im Anschluss an das zweitägige Seminar wurden die Teilnehmer darum gebeten, Fragebögen auszufüllen. Die Evaluierung dieser zeigte, dass das Seminar von allen Teilnehmern als sehr erfolgreich und lehrreich bewertet wurde. Alle Teilnehmer betonten, dass sie auch in Zukunft an ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen wollten und dass sie ihr Wissen über den israelisch-palästinensischen Konflikt ausbauen konnten. Zudem fügten mehrere Teilnehmer hinzu, dass das Seminar ihnen ihre Verantwortung als Journalisten bewusst gemacht habe und sie diesbezüglich ihr Verhalten überdenken und anpassen wollten.

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