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Veranstaltungsberichte

Die Kraft der Freiheit

„Die Einheit in Freiheit hat unser Land reicher gemacht. … Es ist eine Erfolgsgeschichte die für die Kraft der Freiheit spricht.” Dies sagte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich auf einer Veranstaltung am 4. Juli 2010 im Konrad Adenauer Konferenzzentrum in Jerusalem. Organisiert wurde die Veranstaltung zum Thema: „Saxony: From Hotbed of East Germany’s Non-Violent Revolution to Crossroads of United Europe” gemeinsam von der Konrad-Adenauer-Stiftung und dem Israel Council on Foreign Relations.

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Mit der Veranstaltung wurde an die Friedliche Revolution und die deutsche Wiedervereinigung vor 20 Jahren erinnert. Rund 250 Gäste waren gekommen, darunter Persönlichkeiten der israelischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung sowie eine Delegation aus Sachsen mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Unter den Gästen waren auch deutschstämmige Juden, darunter ehemalige Leipziger, außerdem junge Politiker aus der Kadima-Partei und dem Likud, welche im Rahmen von Dialogprogrammen der KAS Deutschland und Sachsen besucht hatten.

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Ministerpräsident Stanislaw Tillich bei seiner Rede

Dr. Lars Hänsel eröffnete den Vortragsabend mit einer persönlichen Note: Noch vor etwas mehr als 20 Jahren wäre es für ihn als in der DDR Aufgewachsenen undenkbar gewesen, in Jerusalem zu arbeiten, dort eine Organisation zu vertreten, die sich weltweit für Freiheit und Demokratie einsetzt und auf einer Veranstaltung zur Erinnerung an die deutsche Wiedervereinigung den sächsischen Landesvater zu begrüßen.

Der deutsche Botschafter in Israel, Dr. Harald Kindermann, wies in seinem Grußwort noch einmal darauf hin, dass die DDR nicht Teil der deutsch-israelischen Beziehungen war. Seit der Wiedervereinigung sind jedoch die neuen Bundesländer wichtiger Teil der guten Beziehungen zu Israel. Der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland und Vorsitzender des Israel Council on Foreign Relations, Avi Primor, erinnerte daran, dass es international und auch in Israel Zurückhaltung gegenüber der deutschen Wiedervereinigung gegeben hatte. Die DDR wäre der feindlichste Staat gegenüber Israel im Ostblock gewesen. In Israel war man damals besorgt gewesen, dass die feindseligen Beziehungen der DDR zu Israel Auswirkungen auf das zukünftige Verhältnis des vereinten Deutschlands zu Israel haben könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen – im Gegenteil, so Primor: Als Botschafter habe er keine Feindseligkeiten gegenüber Israel festgestellt, nur sehr viel Neugierde, die in den neuen Bundesländern besonders groß gewesen sei. Offenbar habe es einen großen Unterschied zwischen der offiziellen DDR-Politik bzw. DDR-Propaganda und der Meinung der Menschen gegeben. „Die Beziehungen haben sich seit der Einheit hervorragend entwickelt”, so Primor.

In seinem Vortrag stellte Ministerpräsident Tillich, den die auflagenstärkste israelische Tageszeitung Jedioth Aharonot bereits bei seinem ersten Besuch in Israel in großen Lettern als „Der Freund” bezeichnete, die guten Beziehungen Sachsens zu Israel an den Anfang. Sachsen und Israel verbinden nicht nur gute Wirtschaftsbeziehungen, auch auf kulturellem und wissenschaftlichen Gebiet gäbe es enge Beziehungen. Nicht zuletzt unterstütze Sachsen die Gedenkstätte Yad Vashem, wo es ein gemeinsames Lehrerprojekt gäbe. Außerdem soll die Zusammenarbeit sächsischer und israelischer Städte ausgeweitet werden. Tillich nannte auch den aktiven Verein sächsischer Israelfreunde als Beispiel für das große Interesse von Bürgern in Sachsen an Israel. Der Verein sei der größte seiner Art und hätte bereits zu weiteren Gründungen in anderen Bundesländern geführt.

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Tillich zeichnete die Entwicklungen während der friedlichen Revolution bis hin zur deutschen Einheit nach und betonte, dass die Idee einer nationalen Einigung 1990 keine neue Idee war. Deutschlands Einheit in Freiheit sei ein Alter Traum gewesen, die Hoffnung auf „ein Volk” beschrieb 1766 bereits Friedrich Karl Moser. Noch 1990 wäre nicht sicher gewesen, dass dieser Prozess zur deutschen Einheit auch wirklich unumkehrbar war. Tillich erinnerte an die Rolle Helmut Kohls, der die historische Dimension des Augenblicks sofort begriffen hätte und vor allem die Staatschefs der alliierten Siegermächte überzeugt hatte. Auch als damaliger Abgeordneter der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer hätte er sich mit dafür eingesetzt, dass dieser Traum von Einheit und Freiheit am 3. Oktober Wirklichkeit werden konnte. „Der 3. Oktober 1990 wurde dann zu glücklichsten Tag der Deutschen im 20. Jahrhundert.”

Wie es auf dem Weg zur Einheit Herausforderungen gab, so galt dies auch danach: Es begann ein schwieriger Transformations- und Umgestaltungsprozess, in dessen Verlauf sich das Leben für die Menschen auch in Sachsen grundlegend geändert hatte. Aus den Chancen der Freiheit habe man in Ostdeutschland das Beste gemacht, so Tillich. Er erinnerte hier nicht nur an die Rettung mancher Altbausubstanz, wie etwa die Altstadt von Bautzen, sondern auch an die Ansiedlung wichtiger Wirtschaftsunternehmen und Bildungseinrichtungen, mit denen Sachsen an frühere Traditionen anknüpfen konnte. Wichtig war Tillich zu betonen, dass es nun auch wieder lebendige jüdische Gemeinden in Sachsen gibt und Sachsen sich vor allem mit dem Simon-Dubnov-Insitut und einem Forschungsinstitut an der Universität Leipzig für die Erforschung jüdischer Geschichte engagiert. In der Dresdner Synagoge wurden 2006 erstmals nach der Shoah wieder Rabbiner in Deutschland ordiniert. Tillich wies auf die Weigerung der DDR hin, sich der deutschen Verantwortung für die Vergangenheit zu stellen. Nun würde wieder gemeinsam erinnert an die Verbrechen der Vergangenheit. Gemeinsam setzte man sich jetzt für Freiheit in Verantwortung und gegen Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus ein.

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V.l.n.r.: Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Dr. Lars Hänsel, Botschafter Dr. Harald Kindermann und ehem. Botschafter Avi Primor

Tillich beschrieb auch die neue regionale Rolle Sachsens in Europa: Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch auf dem Gebiet der Bildung und in der Politik gäbe es enge Verbindungen vor allem nach Polen und Tschechien, so Tillich.

Neben den Erfolgen blieben jedoch eine Reihe von Herausforderungen. Tillich beschrieb u.a. die dramatische demographische Entwicklung, die nicht zuletzt der tiefen Verunsicherung der Menschen in der Zeit der Wende und unmittelbar nach der deutschen Einheit geschuldet sei. Jetzt käme es darauf an, Sachsen attraktiv zu machen – nicht zuletzt durch gute Bildungsangebote und innovationskräftige Unternehmen.

Trotz aller bisherigen Herausforderungen konnte Sachsen erfolgreich seine Chancen nutzen, so Tillich.

In der anschließenden Diskussion wurde offensichtlich, dass die Entwicklung in Sachsen auch in Israel mit großem Interesse beobachtet wird und die Bemühungen in Sachsen um Aufklärung und Bekämpfung von Antisemitismus auch hier mitverfolgt werden. Ministerpräsident Tillich konnte deutlich machen, dass die Unterstützung rechtsradikaler Parteien abgenommen hat und die von der sächsischen Landesregierung unterstützte offensive Bildungsarbeit Früchte trägt. Tillich betonte darüber hinaus die Bedeutung persönlicher Besuche in Israel für das Verständnis der aktuellen Situation Israels und verwies darauf, dass auch Sachsen diese Besuche mit verschiedenen Programmen unterstütze.

Die KAS konnte mit der Veranstaltung vor einem breiten israelischen Publikum an die friedliche Revolution und die erkämpfte Freiheit erinnern und den Beitrag Deutschlands, vor allem von Ostdeutschland, für die aktuellen deutsch-israelischen Beziehungen deutlich machen.

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