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Gemeinsame israelisch-palästinensische Meinungsumfrage

Trotz des Zwischenfalls bezüglich der „Gaza-Solidaritätsflotte” ist auf beiden Seiten eine steigende Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu verzeichnen. Allerdings sind zwei Drittel der befragten Israelis und Palästinenser skeptisch, was den derzeitigen Friedensprozesses betrifft.Die gemeinsame israelisch-palästinensische Umfrage von Juni 2010 legte die Schwerpunkte auf die indirekten Verhandlungen und die Clinton Parameter.

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Die wichtigsten Ergebnisse

Obwohl die Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf beiden Seiten steigt, halten Palästinenser und Israelis die Gründung eines eigenständigen palästinensischen Staates innerhalb der nächsten fünf Jahre für wenig wahrscheinlich. Etwa zwei Drittel aller Befragten bewerten die Chancen für die Gründung eines eigenständigen palästinensischen Staates an der Seite Israels für schlicht nicht existent oder sehr niedrig. Diese Umfrageergebnisse sind seit der Umfrage im September 2009 relativ konstant. Ca. 60% der Israeli glauben, dass es zurzeit wenig wahrscheinlich oder sogar unmöglich ist, zu einem endgültigen Abkommen mit den Palästinensern zu kommen.

Die Clinton-Parameter

In beiden Bevölkerungsgruppen lässt sich im Vergleich zur Umfrage vom September 2009 eine steigende Zustimmung zu den „Clinton-Parametern” des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton zur Lösung des Nahost-Konfliktes verzeichnen, wobei die Veränderung zum Vorjahr vor allem unter den palästinensischen Befragten mit 10.9% am deutlichsten gestiegen ist. Mit 48.5% aller Palästinenser stimmt nun zum ersten Mal fast die Hälfte den Vorschlägen Bill Clintons zu, während diese von 48.9% der Palästinenser weiterhin abgelehnt werden (Im September 2009 waren es noch 60.5% der Palästinenser). In der israelischen Bevölkerung unterstützen 51.9% aller Israelis (47.7% aller jüdischen Israelis) Prozent die Vorschläge während sie von 37.2% (41.4% aller jüdischen Israelis) abgelehnt werden. Die Zustimmungsrate auf israelischer Seite ist also seit September 2009 leicht gestiegen, als 46.6% aller Israelis (45.3% aller jüdischen Israelis) den Clinton Parametern generell zugestimmt hatten und noch 46.3% aller Israelis (46.2% aller jüdischen Israelis) diese abgelehnt hatten.

Obwohl die Zustimmungsraten zu den Clinton-Parametern als Ganzes bei beiden Gruppen nahezu identisch sind, gibt es bei einzelnen Themenbereichen doch erhebliche Divergenzen:

Bezüglich der Etablierung eines entmilitarisierten palästinensischen Staates liegen die Zustimmungsraten Welten voneinander entfernt. Während knapp 58 Prozent der Israelis diesem Punkt zustimmen, sind nur 28.4% Prozent der Palästinenser für einen Staat ohne eigene Armee. Zum Vergleich zu 2009 ist die Zustimmungsrate der Palästinenser aber immerhin von 23.5% um 5 Punkte gestiegen (zum Vergleich: die Zustimmung aller Israelis lag im September 2009 bei 56.4% aller Israelis und bei 62.4% aller jüdischen Israelis).

Die indirekten Verhandlungen

Angesichts der jüngsten Ereignisse ist ein gewisser Pessimismus auf beiden Seiten zu verzeichnen. So glaubt rund ein Drittel aller Befragten (Israelis und Palästinenser gleichermaßen), dass sich die gewaltsamen Konfrontationen fortsetzen werden und es nicht zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch komme. (Im September 2009 glaubten dies nur rund ein Viertel der Befragten.) Nur 9.9% aller Israelis (7.1% aller jüdischen Israelis) und 22.6% der Palästinenser glauben an ein komplettes Ende der gewaltsamen Auseinandersetzungen bei Wiederaufnahme der Verhandlungen.

Die Auswirkungen des vor kurzen ausgerufenen Boykotts von in Siedlungen hergestellten Produkten auf die indirekten Verhandlungen sind umstritten:

44.2% der Palästinenser befürchten, dass der Boykott den indirekten Verhandlungen schadet, wobei 27.6% die Meinung vertritt, dass dies den Verhandlungen eher zu Gute komme und 24.8% der Palästinenser glauben, dass dies keinen Einfluss auf die indirekten Verhandlungen habe.

Unter Israelis verhält sich die Einschätzung ein wenig anders – etwa die Hälfte (48.4% aller Israelis und 50.4% der jüdischen Israelis) glaubt keinen Einfluss des Boykotts auf die Verhandlungen erkennen zu können, während 36.8% aller Israelis und 38.1% der jüdischen Israelis einen negativen Trend attestieren nur acht Prozent aller Israelis (4.2% aller jüdischen Israelis) eine positive Auswirkung ausmachen können.

Einen Rückgang gibt es bei Zustimmung der Räumung der meisten Siedlungen als Teil eines Friedensabkommens mit den Palästinensern. Während noch im März 20010 eine deutliche Mehrheit von 60.1% aller Israelis diese Idee unterstützte, sind es zurzeit nur 51.1%.

Das palästinensische Schisma

Überraschend mag anmuten, dass ein Großteil der befragten Israelis (48.7% aller Israelis und 42.8% aller jüdischen Israelis) Gesprächen mit der Hamas unter der Bedingung zustimmen würde, dass diese für die Erreichung eines Abkommens mit den Palästinensern notwendig wären. Dennoch schätzen die Befragten die Zustimmung in der israelischen Öffentlichkeit zu dieser Frage wesentlich geringer ein: Nur 25.2% aller Israelis (23.4% der jüdischen Israelis) glauben, dass die israelische Öffentlichkeit unter den oben genannten Bedingungen Gesprächen mit der Hamas zustimme, während über 60% glauben, dass die Mehrheit der Israelis gegen derartige Gespräche sei.

Pessimismus herrscht bezüglich einer Aussöhnung zwischen den Palästinensergruppen Fatah und Hamas vor: 15.5% der Palästinenser und sogar nur 9.8% aller Israelis (7.3% der jüdischen Israelis) glauben, dass es in nächster Zeit zu einer Aussöhnung zwischen den Machthabern im Westjordanland und dem Gazastreifen kommt. Knapp die Hälfte der Israelis (48.4% aller Israelis und 50.6% aller jüdischen Israelis) rechnet damit, dass die Spaltung von Dauer sein wird. Selbst 26.1% der Palästinenser rechnen mit einer dauerhaften Spaltung, während 55.3% noch an eine Aussöhnung glauben, jedoch erst in ferner Zukunft.

Wieder einmal muss also ein deutliches Maß an Pessimismus auf beiden Seiten konzediert werden, auch wenn gleichzeitig zu beobachten ist, dass die Bereitschaft zur Kooperation gestiegen ist.

Durchführung der Umfrage

Für die Umfrage auf palästinensischer Seite wurden vom 10. bis 13. Juni 2010 1270 erwachsene Palästinenser aus dem Westjordanland, dem Gazastreifen und Ost-Jerusalem persönlich befragt. Die Befragungen fanden an 127 zufällig ausgewählten Orten statt. Die Fehlerquote liegt bei 3 Prozent. Die israelische Stichprobe umfasst 810 erwachsene Israelis, deren Einschätzungen in hebräischer, arabischer oder russischer Sprache zwischen dem 6. und 16. Juni 2010 am Telefon erfragt wurden. Die Fehlerquote beträgt 3,5 Prozent. Die Umfrage wurde kurze Zeit nach dem Zwischenfall mit der „Gaza-Flotilla” durchgeführt, gemeinsam mit den Büros der KAS in Jerusalem und Ramallah und ihren Partnern, dem Harry S. Truman Research Institute for the Advancement of Peace und dem Palestinian Center for Policy and Survey Research (PSR).

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